Stormarn. Zahl der Neuankömmlinge ging 2017 stark zurück, Herausforderung der Unterbringung bleibt. So ist die Lage in Stormarns Kommunen.
Auch 2017 war die Unterbringung die zentrale Herausforderung Stormarner Kommunen in Flüchtlingsfragen. Nur hat sich das Problem von den Erstunterkünften auf den privaten Wohnungsmarkt verlagert, wie aktuelle Zahlen zeigen, die Verwaltungen auf Abendblatt-Anfrage zur Verfügung gestellt haben.
Zwar ging die Zahl der Neuankömmlinge demnach besonders im vergangenen Jahr stark zurück: 2015, zum Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise, wurden Stormarn vom Landesamt in Neumünster 2336 Flüchtlinge zugeteilt, 2016 waren es 1069 und 2017 gerade einmal 262. Bei den Unterkünften, die die Kommunen für Flüchtlinge und Obdachlose bereitstellen, spürt man von diesem Rückgang indes wenig.
Kaum bezahlbaren Wohnraum im Kreis
2595 Flüchtlinge leben derzeit noch in kommunalen Unterkünften – zum Beispiel in angemieteten Wohnungen oder in größeren Heimen. Und das, obwohl viele von ihnen bereits einen Aufenthaltsstatus haben, der ihnen Freizügigkeit auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt gewährt. Aus der Übergangslösung ist also häufig ein Dauerzustand geworden. Wirklich optimal ist das in den meisten Fällen nicht.
Dass größere Familien und alleinstehende Männer auf dem privaten Wohnungsmarkt nicht fündig werden, mag an Vorurteilen von Vermietern liegen, wie es Flüchtlinge und Flüchtlingshelfer berichteten. Hinzu tritt ein strukturelles Problem: Im Kreis gibt es kaum bezahlbare Wohnungen. Angebote für Großfamilien sind entweder nicht vorhanden oder zu teuer. Auch bei Einzimmerwohnungen ist der Preis zu hoch.
Zentrale Unterkünfte birgen Probleme
Bei den zentralen kommunalen Unterkünften birgt neben der Größe der Zimmer auch die Zusammensetzung der Hausgemeinschaften Probleme. Anfang des Jahres hatte ein 21-jähriger Afghane in Bad Oldesloe seinen aus dem Irak stammenden 22 Jahre alten Zimmergenossen erstochen – immer wieder war es davor zwischen den beiden jungen Männern zum Streit gekommen.
Der mögliche Familiennachzug wird die Situation auf dem Wohnungsmarkt wahrscheinlich noch einmal verschlechtern. Kommen Frau und Kinder nach, braucht es eine größere Wohnung.
Derzeit halten die Kommunen 3670 Plätze vor
Unterkünfte für 3670 Menschen halten Stormarner Kommunen derzeit vor. Bei der aktuellen Belegung von 2595 Plätzen ergeben sich 1030 freie. Diese wären für den Nachzug verfügbar, zumindest theoretisch. Praktisch ist die Statistik in diesem Fall wenig aussagekräftig. Denn nicht alle Unterkünfte lassen sich maximal belegen.
Was das heißt, zeigt sich zum Beispiel in Ahrensburg: In der Flüchtlingsunterkunft am Kornkamp sind aktuell noch knapp 90 Plätze von 120 frei, bei den von der Stadt angemieteten Wohnungen hingegen komme es laut dem für Flüchtlingsfragen zuständigen Fachdienstleiter Michael Cyrkel dagegen zu einer „fast 100 prozentigen Auslastung“. In Großhansdorf wird die ehemalige Reha-Stätte im Eilbergweg in Großhansdorf, die 100 Plätze bietet, demnächst aufgelöst. Zentrale Unterkünfte sind nicht mehr gefragt, dezentrale Mietwohnungen umso mehr.
Familiennachzug lässt sich schwer prognostizieren
Viele Kommunen sehen einem möglichen Familiennachzug dennoch gelassen entgegen. Wo es nicht genug Kapazitäten gibt, wie etwa in Tangstedt oder in den Bereichen der Ämter Bargteheide-Land und Nordstormarn, sollen nach Bedarf weitere Wohnungen angemietet werden. Das bestätigten die Verwaltungen dem Abendblatt. Wo es nicht genug Mietobjekte gibt, sollen neue Einheiten gebaut werden. Zum Beispiel in Barsbüttel und Ahrensburg.
Zwar habe die Stadt, so Thomas Sobczak von der Oldesloer Verwaltung, im Falle des Familiennachzuges nicht zwingend eine Unterbringungsverpflichtung. „Die Wohnraumversorgung muss in der Regel über den freien Wohnungsmarkt erfolgen“, sagt er. Die Möglichkeiten dort seien aber sehr eingeschränkt. Auch in Ahrensburg und in den Städten und Gemeinden im Süden des Kreises ist der Mangel an sozialem Wohnungsbau seit Jahren Gesprächsthema. Zum Positiven verändert hat sich seither allerdings kaum etwas.
Vorbereiten lasse sich ein geregelter Familiennachzug sowieso kaum. „Prognosen sind von regelmäßigen Korrekturen gekennzeichnet“, sagt Sobczak. Ob der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiären Schutz 2018 wieder gewährt wird, ist unklar – und ein Streitthema bei den Gesprächen um eine Regierungsbildung zwischen Union und SPD.