Ahrensburg. Ahrensburg will Betreuungssystem komplett umstellen. Die Grundschule Am Reesenbüttel könnte zum Schuljahr 2019/2020 Anfang machen.

Offene Ganztagsschule oder Hort? Das ist die Frage, die die Mitglieder des Ahrensburger Bildungsausschusses am heutigen Donnerstag beraten. Geplant ist, zunächst eine Ausschreibung auf den Weg zu bringen, auf deren Grundlage sich Träger bewerben können. Wenn deren Angebote vorliegen, soll endgültig entschieden werden, ob Ahrensburg den Systemwechsel von der Hortbetreuung zur Offenen Ganztagsschule (OGS) vollzieht. Den Anfang machen könnte dann die Grundschule Am Reesenbüttel zum Schuljahr 2019/20.

Christian Schubbert-von Hobe, Stadtverordneter der Grünen in Ahrensburg
Christian Schubbert-von Hobe, Stadtverordneter der Grünen in Ahrensburg © HA | Christian Thiesen

Der Ausschussvorsitzende Christian Schubbert-von Hobe (Grüne) spricht sich dafür aus. „Erst wenn wir die Angebote potenzieller Träger kennen, können wir uns dafür oder dagegen entscheiden“, sagt er. Allein der schiere Bedarf an Betreuungsplätzen spreche für einen Wechsel. „Wir wollen nicht, dass die Eltern am Anfang eines Jahres bangen müssen, ob sie im Sommer einen Platz für ihr Kind bekommen.“

Dabei seien an der aktuellen Situation drei Dinge problematisch, so Schubbert-von Hobe: Erstens stehe ein Hort-Platz nicht allen Kindern der Schule offen. Er sei zum Beispiel an den Status der Eltern als berufstätig oder alleinerziehend geknüpft. Außerdem seien sie so stark nachgefragt, dass der Stadt die Bauplätze für zusätzliche Räume ausgehen. Grundschüler, die in Nachbargemeinden lebten, könnten deswegen nicht mehr aufgenommen werden. Drittens herrsche ein Nebeneinander von Schulrecht am Vormittag und dem in Kitas geltenden Heimrecht am Nachmittag. „Das ist ein Provisorium, das bereits überstrapaziert ist“, sagt der Grünen-Politiker. Daher müsse ein Konzept her, das die Betreuung von mehr Kindern ermögliche.

Pädagogisches Konzept beschreibt Rahmen

Die Schulleiter aller vier Grundschulen, die Schulkonferenz bestehend aus Lehrern und Eltern der Grundschule Am Reesenbüttel, die Arbeiterwohlfahrt (Awo) als Hort-Träger, Politik und Verwaltung haben deswegen ein pädagogisches Konzept erarbeitet. Auf dessen Basis sollen Betreiber Angebote einreichen, sagt Sabine Knuth, Schulleiterin der Grundschule Am Reesenbüttel. „Wir wollen es als erste testen, weil bei uns der Bedarf am größten ist.“ Im Einzugsgebiet der Schule lebten viele hochqualifizierte Eltern, die früh wieder arbeiten gehen wollten. Außerdem habe die Schule mit dem bald fertiggestellten Erweiterungsbau bereits die Kapazitäten, so viele Kinder zu betreuen. Ein höherer Bedarf sei jedoch auch an den anderen Schulen absehbar. „Spätestens dann, wenn die Kinder aus dem Erlenhof schulfplichtig werden“, so Knuth. Würde weiter nach den Anforderungen des Heimrechts gearbeitet werden, könnten die Räume bald wieder knapp werden, sagt sie.

Dem Konzept nach sollen für die Betreuung von bis zu 22 Kindern zwei Personen zuständig sein, ein Erzieher und eine weitere Person ohne nähere Anforderung an deren Qualifikation, so Knuth. Diese sollen jedoch von Fachleuten unterstützt werden. „Zum neuen Angebot sollen Profile wie Sport und Musik gehören.“ Im Sportprofil könnten so Trainer aus örtlichen Vereinen an der Betreuung mitwirken. Die Qualität solle damit im Wesentlichen gleich bleiben und inhaltlich weiterführen. Außerdem mache das dann geltende Schulrecht kaum Vorschriften zur Gestaltung der Räume, erlaube daher eine flexiblere Handhabung, als das strikte Heimrecht, so Knuth.

Awo will sich nicht mehr für die OGS bewerben

„Wir wollen uns nicht um eine Trägerschaft bewerben“, sagt hingegen Anette Schmitt, Geschäftsführerin der Awo Soziale Dienste, die bisher den Hort betreibt. Obwohl sie am Konzept mitgearbeitet hat und bereits eine OGS in Reinbek unterhält, sei eine feste gesetzliche Grundlage erforderlich. Eine bloße Selbstverpflichtung wie im Konzept reiche nicht aus. Nur so sei eine Fortsetzung der hochwertigen Betreuung zu gewährleisten. „Im Hort müssen Gruppen mit 15 Kindern von einem Erzieher und einem Sozialpädagogischen Assistenten betreut werden.“ Per Ausnahmegenehmigung könnte die Gruppengröße auch erhöht werden. Außerdem gelten Rahmenbedingungen für die Größe und Ausstattung der Räume. „Sie müssen entwicklungs- und bewegungsfördernd sein.“ Klassenräume seien dafür nur bedingt geeignet, darin gehr es um Konzentration statt Spielen, so Schmitt. „Wenn die Partner Schule und Hort gut miteinander arbeiteten, ist ein Systemwechsel nicht nötig“, sagt sie. Mit dem neuen Gebäude, das unter Mitwirkung des Hortes gestaltet wurde, sei eine gute Grundlage dafür gelegt.

Zudem sieht Schmitt gravierende Konsequenzen für die jetzigen Hort-Mitarbeiter: „Das neue Konzept sieht die Beschäftigung mit lediglich 25 Stunden pro Woche und Arbeitskraft vor, dafür finden sich wegen des zu geringen Verdienstes keine Mitarbeiter.“ Die 30 Hort-Mitarbeiter müssten dann auf andere Standorte verteilt oder ihnen gekündigt werden, so Schmitt.

Knuth: „Gesamtkonzept muss vom Träger kommen.“

Schulleiterin Knuth zeiget sich ob dieser Äußerung überrascht: „Das Konzept ist nicht in Stein gemeißelt.“ Außerdem seien die Stunden lediglich für den pädagogischen Anteil der Arbeit eingeplant, Mehrarbeit und eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter im neuen Konzept denkbar. „Das Gesamtkonzept muss jedoch vom Träger kommen“, so Knuth. Da die Eltern in der Schulkonferenz aktiv am Konzept mitgearbeitet hätten, stünden diese mehrheitlich dahinter.

Der Schulelternbeirat der Grundschule Am Reesenbüttelließ ließ eine wiederholte Anfrage des Abendblattes über zwei Tage unbeantwortet.

Die Einführung kostet die Stadt erst einmal Geld

Anette Schmitt von der Awo sagt: „Wir haben das Konzept mit unseren Zahlen aus Reinbek berechnet und kommen durch die geringeren Zuschüsse von Kreis und Land auf Mehrkosten in Höhe von 150.000 Euro pro Jahr.“ Für eine OGS mit bis zu 400 Schülern zahle das Land maximal 35.000 Euro im Jahr, außerdem fiele die vom Kreis bezahlte Sozialstaffel weg. Durch sie reduziere sich der Beitrag für bedürftige Familien und solche mit mehreren Kindern oder wurde sogar vollständig übernommen.

Zahlreiche Besucher erschienen zur Debatte über die Einführung der Offenen Ganztagsschule auf der vergangenen Sitzung des Bildungsausschusses
Zahlreiche Besucher erschienen zur Debatte über die Einführung der Offenen Ganztagsschule auf der vergangenen Sitzung des Bildungsausschusses © HA | Marc R. Hofmann

Grünen-Politiker Schubbert-von Hobe versprach: „Um die OGS nicht teurer für die Eltern zu machen, übernehmen wir das.“ Er betonte jedoch auch, damit nur für die gewählten Stadtverordneten sprechen zu können. Im kommenden Mai stehen Kommunalwahlen an. Die neue Landesregierung aus CDU, Grünen und FDP habe im Koalitionsvertrag jedoch vereinbart, bis Ende 2022 ein verlässliches Ganztagesangebot an allen Schulen einzuführen. Er hofft deswegen, dass die dafür nötige Finanzierung baldmöglichst eingeführt werde. Zur Not werde Ahrensburg erst einmal in Vorleistung gehen.

Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss,
Do 19.30, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9