Hammoor. Ende 2017 soll feststehen, welche Trasse geplant und gebaut werden soll. Initiative beklagt, Ideen von Anwohnern fänden kein Gehör.
Seit Jahren setzen sich Menschen in der Gemeinde Hammoor für den Bau einer Umgehungsstraße ein. Nun zeichnet sich ab, dass der Verlauf der Trasse in wenigen Wochen feststehen könnte. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) prüft bis zum Ende des Jahres vier noch mögliche Varianten. „Das Ergebnis werden wir vor Ort vorstellen und erläutern“, sagt Britta Lüth vom LBV.
Dann steht die Gemeinde wieder an dem Punkt, wo sie schon 2012 war. Damals wurde eine Vorzugstrasse festgelegt. Die Ortsumgehung sollte südlich des 1300-Einwohner-Ortes verlaufen. Doch mit dem Bau wurde nie begonnen. 2015 wurde das Planfeststellungsverfahren für die festgelegte Ortsumgehung letztlich eingestellt. Der Grund: „juristische Risiken“. Das Land hatte befürchtet, Klagen gegen die Trasse könnten vor Gericht erfolgreich sein. Somit ging der Kampf um die Umgehungsstraße weiter und dauert nunmehr 30 Jahre. Dabei hat die Gemeinde selbst bei der Entscheidung über den Verlauf kein Mitspracherecht.
Wegen des Rotmilans wurden zwei Varianten gestrichen
Die Bürger von Hammoor können nur über das hohe Verkehrsaufkommen insbesondere durch Lastwagen durch den Ort klagen. So wie Wolfgang Krecker, der die Initiative „Sichere Straßen Hammoor“ gründete, als seine Kinder klein waren und ihr Schulweg die viel befahrene Straße kreuzte. Das war vor 30 Jahren. Im Laufe der Jahre kamen zwei weitere Initiativen hinzu: „Ortsumgehung Jetzt!“ und „Südumgehung“. Auch Krecker setzt sich weiter für eine Umgehungsstraße ein, sagt: „Ich gehe Schwierigkeiten nicht aus dem Weg, sondern möchte Dinge abschließen.“ Er arbeite eng mit den jungen Familien zusammen, „die heute in der gleichen Situation sind, wie wir vor vielen Jahren.“
Auch die jungen Familien bekommen dabei zu spüren, dass die Planung nur langsam vorangehe. So sind im Vorwege des Planfeststellungsverfahrens, das eingeleitet wird, sobald die Vorzugstrasse feststeht, die Auswirkungen der Straße auf Mensch, Tier, Pflanze, Boden, Klima, Wasser, Landschaft und Kulturgüter geprüft worden. Zuvor wurden bereits die Trassen 1.1 und 1.5 gestrichen. Die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen der übrigen Varianten hat der LBV auf einer Informationsveranstaltung Anfang Oktober vorgestellt. Von sechs möglichen Alternativen bleiben nur noch vier übrig. Zwei Südvarianten – die 1.3 und 1.4 – fallen aus Artenschutzgründen weg. Ein Rotmilan hat dort seinen Fortpflanzungsraum.
Der Bürgermeister tritt bei der Wahl im Mai nicht mehr an
Wolfgang Krecker sieht die Bürgerbeteiligung kritisch. Es sei grundsätzlich wichtig, die Bürger anzuhören, weil nur sie sich mit den örtlichen Begebenheiten auskennen. Ob die Einwände jedoch umgesetzt würden, sei eine ganz andere Frage. „Ich habe das Gefühl, dass unsere Vorschläge nur protokolliert werden“, so der 65-Jährige. „In der Planung kann ich davon nichts wiederfinden.“ Er spricht damit die vier möglichen Varianten an, die laut Krecker alle nicht ideal sind. Zwei seien zu siedlungsnah, die nördliche Variante gefährde die Existenz dreier Landwirte, die südliche führe durch ein artenreiches Biotop. „Wir haben eine weitere vorgestellt, die unserer Meinung nach perfekt wäre“, sagt Krecker. „Sie würde durch einen weiteren Bogen etwas mehr kosten, aber dafür von jedem Haus weit entfernt sein. Alle jetzigen Vorschläge verschieben die Belastung der Hauptstraße auf andere Einwohner. Wenn größere Summen für Wildbrücken oder die Umsiedlung von Tieren ausgegeben werden, sollten 500.000 Euro mehr auch keine Rolle mehr spielen.“
Zudem zweifele der Ingenieur die Datenerhebung an, die rechnerisch und nicht per Messung erfolge. Er habe in seinem Garten noch um 23 Uhr 74 Dezibel gemessen, Lärm von den Autobahnen und der Hauptstraße. „Bei anderen Themen haben wir zudem kaum Möglichkeiten, uns einzubringen“, sagt der 65-Jährige. „Wenn Fachleute etwas zu Widerstandsräumen erzählen oder schwer nachvollziehbare Zahlen präsentieren, können Bürger dies kaum verstehen.“ Für Bürgermeister Helmut Drenkhahn laufe hingegen alles nach Zeitplan. Welche Variante den Vorzug erhalten könnte, wolle er aber nicht öffentlich abschätzen. Bereits 2015 stimmten die Gemeindevertreter für eine Vorzugstrasse – ohne diese zu diesem Zeitpunkt zu kennen. Ein Schritt, der seitens der Initiativen bemängelt wird, da die Gemeinde ihren Handlungsspielraum verschenkt hat. Ein notwendiger Schritt, sagt hingegen der Bürgermeister: „Diese Abstimmung war eine Bedingung des LBV. Sonst wäre die Planung nicht wieder aufgenommen worden.“ Man wolle damit einer möglicherweise endlosen Suche nach einer Lösung entgegentreten. Denn innerhalb der Gemeinde führe die teilweise hitzige Diskussion zu keinem Ergebnis. Eine bevorzugte Trasse habe Drenkhahn nicht, auch wenn die südlichen Varianten an seinem eigenen Haus vorbeilaufen könnte. „Manche Bürger wohnen fünf Meter von der Hauptstraße entfernt, bei mir sind es 110 Meter.“
Die weiteren Schritte wird er nicht mehr als Bürgermeister begleiten – zur Kommunalwahl im Mai tritt Helmut Drenkhahn nicht mehr an. Mit den Streitigkeiten rund um die Umgehungsstraße habe das aber nichts zu tun.