Glinde. Jan Schwartz ist Bürgermeisterkandidat der Grünen für die Wahl im September. Einen Schwerpunkt sieht er beim Thema Verkehr.

Das Familienstammbuch väterlicherseits reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Dort kann Jan Schwartz nachlesen, welche Funktionen seine Vorfahren hatten. Einige von ihnen waren Bürgermeister – in Parchim, Perleberg und Riga, der heutigen Hauptstadt Lettlands. In genau diese Riegie will er jetzt auch einscheren. Der 58-Jährige Ortsvorsitzende der Grünen ist Bürgermeisterkandidat seiner Partei in Glinde und tritt bei der Wahl am 24. September gegen Amtsinhaber Rainhard Zug und SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach an.

Bürgermeister wird für acht Jahre gewählt

Am 24. September können sich die Glinder bei der Bürgermeisterwahl zwischen dem Grünen-Ortsvorsitzenden Jan Schwartz, SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach und dem parteilosen Amtsinhaber Rainhard Zug, der von der CDU unterstützt wird, entscheiden.

Der Bürgermeister wird für acht Jahre gewählt. Für einen Sieg im ersten Wahlgang benötigt ein Bewerber die absolute Mehrheit, also mehr als 50 Prozent aller abgegebenen Stimmen.

Gelingt es den Kandidaten nicht, im ersten Wahlgang gewählt zu werden, gibt es am 8. Oktober eine Stichwahl.

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Der gebürtige Düsseldorfer hatte als erster der Bewerber begonnen, Plakate mit seinem Konterfei in der Stadt aufzustellen, die seine Ambitionen dokumentieren. Sie sind in Blau gehalten. Das Logo seiner Partei fehlt genauso wie ein grüner Farbtupfer. „Weil es sich ausschließlich um eine Personenwahl handelt“, sagt Schwartz. Auf zwei der drei Motive zieht er an einem Seil, wird dabei von anderen Menschen unterstützt. Darüber steht der Slogan „Glinde braucht Mitmacher“. Dahinter verbirgt sich auch eine Kritik an dem amtierenden Rathauschef.

Schwartz schweben Spaziergänge mit Einwohnern vor

„Herr Zug ist ein guter Verwaltungsfachmann, allerdings fehlt ihm das Instrument der Sprache zur Vermittlung“, sagt Jan Schwartz. Es gebe in Glinde sehr viel Unzufriedenheit mit der Verwaltung. Sein Ziel sei es, dass alle an einem Strang ziehen. Das Schlagwort in diesem Kontext heißt Bürgerbeteiligung. Wie die aussehen soll, verdeutlicht er bei einem weiteren zentralen Punkt seiner Kampagne. Schwartz: „Wenn wir ein Innenstadtkonzept erstellen, sollen die Bürger nicht nur über den Stand der Dinge informiert werden, sondern am Anfang des Prozesses aktiv sein.“

Ihm schweben Spaziergänge mit den Einwohnern vor, auf denen diese über ihre Vorstellungen reden. Auch sollen sie an Workshops mit Experten teilnehmen, bei denen ausführlich erklärt wird, was machbar ist. „Kommunikation ist wichtig, die Menschen müssen Verwaltungshandeln verstehen“, sagt der Grünen-Kandidat. Er plädiert für einen Rathaus-Newsletter, der in einfachen Worten erklärt, welche Projekte in der Stadt anstehen.

Sein Schwerpunkt wäre das Thema Verkehr

Ein Schwerpunkt seiner Amtsführung würde das Thema Verkehr sein. Insbesondere will er sich dafür einsetzen, dass das Fahrradfahren in der Stadtplanung einen höheren Stellenwert bekommt. Es geht um die Einrichtung von Schutzstreifen und einen Radschnellweg. Schwartz hat eine Verbindung südlich der Möllner Landstraße zwischen dem Glinder Markt und der U-Bahnhaltestelle Steinfurther Allee ins Gespräch gebracht. Er sagt: „Ich will Glinde zur Fahrradstadt machen.“ Der Grüne ist viel mit dem Rad unterwegs, wird im Fall eines Sieges auch so ins Rathaus zur Arbeit gelangen.

Derzeit nutzt er dafür einen Dienstwagen. Der Weg führt ihn zum Alsterufer. Dort ist der Finanz- und Wirtschaftsjournalist Büroleiter einer internationalen Nachrichtenagentur. Diesen Job macht er seit 18 Jahren, ist Fachmann für das Thema Volkswagen. Zu Terminen in der Hansestadt fährt er Rad – und trägt dabei einen Anzug.

„Stadtentwicklung hat mich schon immer interessiert“

Den würde er sich als Bürgermeister täglich überstreifen, sagt Schwartz, der so gar nicht dem stereotypischen Bild eines Grünen mit selbstgestricktem Wollpullover und Ökolatschen entspricht. Er ist ein sogenannter Realo, der zum Beispiel für das Bauprojekt am Gleisdreieck gestimmt hat, für dessen Verwirklichung Wald gerodet werden muss. Die Schaffung von Sozialwohnungen war ihm wichtiger als der Erhalt der Bäume. Und in seiner Freizeit fährt Schwartz Motorrad, eine Honda Varadero mit 99 PS.

Das Hobby teilt er mit seiner Frau Petra Grüner (56), einer Sonderschullehrerin, die auch für die Grünen in der Stadtvertretung sitzt. Sie haben einander an der Universität in Dortmund kennengelernt. Dorthin war Schwartz nach der Ausbildung zum Bankkaufmann gegangen, studierte Journalismus. Das Diplom machte er mit der Note 1,7 und hatte als Nebenfach Raumplanung. „Stadtentwicklung als Prozess hat mich schon immer interessiert.“

Treibende Kraft für das neue Jugendzentrum

Auch war Schwartz im Studentenparlament aktiv. „Damals ging es darum, Menschen zum Mitmachen zu animieren“, sagt er und verweist auf die Parallele zu Glinde. Bis er dort ansässig wurde, dauerte es noch lange. Nach dem Studium gründete Schwartz nahe Köln ein Hörfunk-Büro mit dem Schwerpunkt Gerichtsberichterstattung. Dann wechselte er zur Nachrichtenagentur nach München, fünf Jahre später folgte der Umzug nach Frankfurt und 1999 die Übernahme des Hamburger Büros.

Gewohnt hat das Paar zuerst in Aumühle, siedelte 2002 nach Glinde über. Seitdem leben die Ehrenamtler in einem Endreihenhaus mit 300-Quadratmeter -Grundstück in einer ruhigen Gegend. Das Gebäude ist weiß, die Tür knallrot und der Garten pflegeleicht angelegt. Tochter Clara Sophie wohnt inzwischen nicht mehr im Kreis Stormarn. Die 20-Jährige studiert in Osnabrück und spielt dort in der 2. Basketball-Bundesliga. Sie war noch ein Kind, als Jan Schwartz in einer Zeitung las, dass die Grünen Unterstützung benötigten und 2008 der Partei beitrat.

Er will immer im Gespräch bleiben und anfassbar sein

Als Erfolge bezeichnet er sein Mitwirken im Parteienbündnis sowie in der Bürgerinitiative Glinde gegen Rechts, die dazu beigetragen haben, dass der Thor-Steinar-Laden mit seiner bei Rechtsradikalen beliebten Kleidung aus der Stadt verschwunden ist. „Und den Umbau der Ex-Kneipe Jever Deel zum Jugendzentrum habe ich auch penetrant vorangetrieben.“ Dass er auch mal eine schlechte Figur abgegeben hat, daraus macht Schwartz keinen Hehl. Zuletzt hatten die Stadtvertreter der Bildung eines Jugendbeirates zugestimmt, die Jugendlichen allerdings mit der Änderung der Satzung für das neue Gremium verprellt. „Das war eine dicke Fünf“, sagt er und spricht von einem „Beratungsfehler des Sozialausschusses und der Verwaltung“. Schwartz hat sich bei den Jugendlichen entschuldigt, nun ist eine Lösung in Sicht.

Immer im Gespräch bleiben und anfassbar sein – das will Jan Schwartz als Bürgermeister. Finanzielle Aspekte spielen keine Rolle. Der Grünen-Kandidat: „Ich würde mich im Vergleich zu jetzt nicht verbessern.“ Er wird in den kommenden Wochen noch kräftig für sich trommeln, damit seine Nachfahren später einmal im Familienstammbuch unter seinem Namen die Funktion Bürgermeister lesen.