Ahrensburg. Rund 2000 Gäste kamen in die Stadt, um 27 Konzerte miterleben zu können. Veranstalterin hat glückliches Händchen bei Künstlerauswahl.
In den Geschäftsräumen von Betten Bubert, wo sonst Kunden in ruhiger Atmosphäre Matratzen auf ihre Bequemlichkeit testen, Kissen und Stoffe aussuchen, herrscht an diesem Abend drangvolle Enge. Mehr als 100 Besucher wippen auf Bettkanten sitzend zum Rhythmus der Musik der Band Black Patti. Diese besondere Szenerie ist seit nunmehr zehn Jahren Teil des Erfolgrezeptes der Ahrensburger Musiknacht. Bands und Solokünstler treten zum Beispiel in einer Holzhandlung auf, beim Herrenausstatter, beim Friseur oder in einem Hotel. Sind hautnah zu erleben, wie sonst kaum.
Während die Besucher begeistert zur Blues-Musik mitklatschen, rummst es plötzlich in einer Ecke, Lautes Gelächter. Ein Bett ist unter der Last der Zuschauer zusammengebrochen. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Schnell wird mit Matratzen für eine neue Sitzgelegenheit gesorgt. Solch kleine Unvollkommenheiten und die intime Atmosphäre machen den Charme der Veranstaltung aus. „Hier laufe ich Freunden und Bekannten über den Weg, ohne dass wir uns absprechen müssen“, sagt Melanie Bandemer. Sie mag besonders die Auswahl der Künstler. Blickt beim Bummel durch die Innenstadt in vertraute Gesichter und sagt: „Ich bin jedes Jahr wieder dabei.“
Kicker des ATSV spielen Türsteher und Kassierer
Während die einen noch ihre Beine im Matratzengeschäft hochlegen, schwingen sich Marion und Hanspeter Linda bereits auf dem Weg zur nächsten Location auf ihre Fahrräder. Sie freuen sich über die kurzen Wege in ihrer Heimatstadt. Marion Linda sagt: „Uns gefällt wieder einmal das hochkarätige Programm.“ Beide kommen gerade vom Eröffnungskonzert des ehemaligen Sportmoderators Reinhold Beckmann und seiner Band, haben auch den Superkerlen bei Holzland Wulf gelauscht. Für Hanspeter Linda sind The Stimulators und die Jam-Session mit allen Künstlern im Park Hotel jedes Jahr der absolute Höhepunkt des Abends.
Nur wenige Meter Luftlinie entfernt liegt das Casa Rossa an der Manhagener Allee. Hier warten große Menschentrauben auf Einlass. Fußballspieler des Ahrensburger Turn- und Sportvereins übernehmen hier und anderenorts wieder einmal die Rolle der Türsteher. Bis in die erste Reihe, direkt unter die Augen der schwedischen Sängerin Lisa Lystam haben es Olaf Buckreus und Stephan Hanschmann geschafft. Buckreus ist überzeugter Musiknacht-Besucher. Sein Freund zeigt sich ebenfalls begeistert und lobt besonders das Niveau der Veranstaltung. „Es steht einem Konzertabend in Hamburg in nichts nach“, sagt Hanschmann und applaudiert der Künstlerin. Er hofft, dass er gleich auch beim Konzert der Chartstürmern Alice Merton einen guten Platz ergattern kann.
Viele Jugendliche warten auf Sängerin Alice Merton
Darüber muss sich der zehn Jahre alte Aaron Scholze keine Gedanken mehr machen. Der Junge wartet seit zwei Stunden mit Vater Marko und Tante Ulrike vor der Bühne auf den Auftritt der 23 Jahre alten Sängerin in der Haspa-Filiale. „Mein Lieblingssong ist ,No Roots’. Auf den freue ich mich seit Tagen“, sagt der Hamburger. Knapp eine halbe Stunde später ist es soweit, die stimmgewaltige Musikerin betritt die kleine Bühne in der Hamburger Sparkasse, begleitet von tosendem Applaus. Besonders laut klatschen die jugendlichen Fans, von denen viele nur einen knappen Meter von ihrem Star entfernt auf dem Boden sitzen.
Wie der Beifall der jungen Besucher zeigt, sorgt die Musiknacht mittlerweile in jeder Altersgruppe für gute Laune. Darunter auch Luca (17) aus Ahrensburg: „Wir wollten auf keinen Fall verpassen, so eine bekannte Künstlerin wie Alice in Ahrensburg zu sehen“, sagt der Fan. Hinterher will er noch mit Klassenkameradin Karolin in das Fotostudio am Schloss fahren, um dem Singer-Songwriter Moritz Ley (18) einen Besuch abzustatten. Der junge Nachwuchskünstler tritt an diesem Abend erstmals mit zwei weiteren Musikern auf. Es sind seine Freunde Emil Büchner am Schlagzueg und Finn Stetzka am Bass.
Im Park Hotel tanzen die Ahrensburger die halbe Nacht
Während das Trio auftritt, nutzen andere Künstler vor der Jam-Session im Park Hotel die Zeit, um wie Reinhold Beckmann durch die Stadt zu schlendern. Oder wie die Mitglieder der Superkerle beim Auftritt von Patricia Vonne auf den gelungenen Abend anzustoßen. Vor der Tür des Hotels am Schloss herrscht reges Treiben, die Stimmung ist ausgelassen. Solche Bilder sind selten in Ahrensburg – auch zu später Stunde ist gefühlt die halbe Stadt zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, genießt das bunte Treiben und gute Musik.
Spätestens vor Mitternacht machen sich viele auf den Weg ins Park Hotel, wo die Stimulators dem Publikum einheizen. Ihr Auftritt und die Session sind krönender Abschluss einer Nacht voller Musik. Viele Besucher tanzen ausgelassen, singen mit, umarmen einander fröhlich. Die Sauna-Temperaturen tun der Stimmung keinen Abbruch. Mittlerweile ist es 2 Uhr früh am Sonntag, von Musiknacht-Organisatorin Felizitas Thunecke fällt die Anspannung ab. Sie ist zufrieden. Rund 2000 Tickets hat sie verkauft, mehr als in den Jahren zuvor. Zum Abendblatt sagt sie: „2018 gibt es eine Fortsetzung.“ Zeit genug also, um bei Bubert an der Hagener Allee ein neues Bett aufzustellen.