Ahrensburg. Ihr Song „No Roots“ ist ein Riesenerfolg. Jetzt tritt die Newcomerin in der Schlossstadt auf und spricht im Abendblatt-Interview.
Ihr Auftritt wird sicher einer der Höhepunkte der Ahrensburger Musiknacht: Alice Merton, neuer Stern am Popmusik-Himmel, stürmt zurzeit die Charts mit ihrem Song „No Roots“. Im Interview mit dem Abendblatt spricht die britisch-kanadische Newcomerin über die Ideen zu ihren Songs, ihre Leidenschaft für die Musik und ihr Gastspiel in Ahrensburg.
Frau Merton, Sie haben in vier Ländern gelebt, sind elf Mal umgezogen und haben viele Menschen unterschiedlicher Nationalität kennengelernt. Welches Land, welche Stadt hat Sie am meisten beeindruckt oder geprägt?
Alice Merton : Ich kann nicht sagen, dass mich ein Land am meisten beeindruckt hat, da jedes unterschiedlich ist. Ich bin sehr gern in Deutschland. Aber auch in England gibt es wunderschöne Plätze.
Und die Menschen?
Kanada hat mich in meiner Jugend sehr geprägt. Heute bin ich gern in Berlin und England. Ich freue mich aber auch immer wieder, wenn ich in München sein kann. In Kanada, Berlin und München habe ich gute Freunde. Und in England wohnen meine Eltern – all diese Menschen sind meine Heimat und prägen mich.
In Ihrem Song „No Roots“, mit dem Sie gerade als Newcomerin durchstarten, thematisieren Sie, dass kein Land der Welt Ihre Heimat sei. Zurzeit leben Sie in Berlin. Wird diese Stadt etwas an Ihren Gefühlen verändern können?
Wir sind oft umgezogen wegen der Arbeit meines Vaters. Ich glaube, meine Familie ist einfach rastlos. Berlin ist eine unglaubliche Stadt. Ich habe noch nie eine Stadt wie diese erlebt. Jeden Tag passiert etwas Neues – die Stadt hat eine sehr kreative Atmosphäre. Aber es wird nicht so leicht passieren, dass ich sage, Berlin ist meine Heimat.
Wann ist der Wunsch entstanden, selbst Musik zu machen, Songs zu schreiben und zu singen?
In der elften Klasse habe ich einen Songwriting-Kursus belegt. Da sind die ersten Songs entstanden. Aber ich habe schon mit neun Jahren Gesangsunterricht genommen.
Sie haben Popmusikdesign in Mannhein studiert. Haben Sie früher – wie viele andere junge Mädchen auch – einmal davon geträumt, ein Star zu werden?
Ehrlich gesagt? Nein. Ich liebe es, Musik zu machen und sie mit anderen Leuten zu teilen. Aber der Begriff Star wirkt eher fremd auf mich.
Die meisten von uns hatten als Teenager einen Lieblingsinterpreten, einen Lieblingssong. Wie war das bei Ihnen?
Als Teenager fand ich The Killers richtig cool. Mein Lieblingssong war „When You Were Young“.
Wie und wann bekommen Sie die Ideen zu Ihren Liedern?
Sie kommen sehr plötzlich. Meistens, wenn ich es nicht erwarte. Oft passiert es nachts, wenn ich eigentlich schlafen möchte. Aber dann kann ich es nicht lassen, die Sachen aufzuschreiben, die in meinem Kopf vorgehen.
Schreiben Sie alles selbst?
Ja, alle Texte und Melodien. Mit meinem Produzenten entwickle ich dann die Musik rund um die Texte und Melodien. Manchmal mache ich aber auch Sessions, zu denen ich einen Songwriter einlade. Aber oft fühlt sich das dann nicht so persönlich an, als schriebe ich das selbst. Da muss ich schon sehr viel Vertrauen haben in diese Person.
Haben Sie jemals darüber nachgedacht, sich ein zweites Standbein zu schaffen, oder ist es Ihr erklärtes Ziel, Ihren Lebensunterhalt als Künstlerin zu bestreiten?
Als ich mich für die Musik entschieden habe, wusste ich, es gibt keinen Plan B. Wenn ich das wirklich machen will, muss ich alles auf eine Karte setzen und nicht denken, wenn das nicht funktioniert, mach’ ich etwas anderes. Sonst hätte ich den Druck und Ehrgeiz nicht gehabt.
Sie haben ein eigenes Label gegründet. Weil Sie sich nicht gern von Plattenfirmen reinreden lassen?
Ich wollte einfach die Freiheit haben, selber bestimmen zu können, wie meine Musik aussehen soll. Ich würde auch mit anderen Plattenfirmen arbeiten, aber damals waren sie alle sehr langsam mit ihren Entscheidungen. Und mein Manager und ich sind keine geduldigen Menschen. Dann kann man es auch selbst machen, auch wenn es mehr Arbeit ist.
Wie fühlt es sich an, plötzlich eine gefragte Musikerin zu sein, die eigenen Songs im Radio zu hören? Bei Google play und iTunes Charts belegen Sie Platz 1 mit „No Roots“.
Es fühlt sich unglaublich an, dass meine Musik bei den Menschen ankommt. Und es macht mir Mut, durchzuziehen und mein Ding zu machen.
Bitte beschreiben Sie Ihren Musikstil.
Passion Pop mit organischen Elementen mit einem Hauch von elektronischen und Soul-Einflüssen.
Ihre Stimme beeindruckt die Kritiker. Es gab sogar schon Vergleiche mit Fleetwood Mac-Frontfrau Stevie Nicks. Was sagen Sie dazu?
Dazu kann ich nicht wirklich viel sagen – eher staunen.
Am 20. Mai werden Sie Ahrensburg kennenlernen, bei der Musiknacht auftreten. Wie kam es dazu?
Die Veranstalterin ist sehr früh auf meine Musik aufmerksam geworden und hat sich schon vor dem großen Erfolg bei uns gemeldet. Daraus ergab sich schließlich, dass ich jetzt bei der Musiknacht auftreten werde.
Die Locations bei der Ahrensburger Musiknacht sind sehr ungewöhnlich: Künstler treten in Bettengeschäften auf, bei Weinhändlern, in Seniorenheimen oder, wie Sie, in einem Kreditinstitut. Kennen Sie ein vergleichbares Format und wie gefällt Ihnen dieses Konzept?
Ich kenne nichts Vergleichbares. Aber ich finde das unglaublich cool. Ich liebe es, Konzerte an außergewöhnlichen Orten zu spielen, weil das immer spannender und lustiger ist. So etwas sollte häufiger geschehen.
Alice Merton bei der Ahrensburger Musiknacht, Sa 20.5., 22.00, Hamburger Sparkasse, Rathausplatz 8, Karten zu 25,- im Vorverkauf unter www.musiknachtahrensburg.de