Glinde. Häuser aufgebrochen, Autos geknackt, Läden ausgeräumt. Glindes Bürgermeister schlägt Alarm. Polizei will Streifenfahrten intensivieren.

Als Horst Wieck am Dienstag gegen 23 Uhr ins Bett geht, ist er noch gut gelaunt. Das ändert sich am nächsten Morgen schlagartig beim Öffnen der Haustür. Sein auf der Auffahrt geparkter VW Tiguan ist aufgebrochen. Kriminelle hatten in der Nacht die Seitenscheibe eingeschlagen, Navigationssystem und Airbag gestohlen. Bereits zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit. Zudem wurde bei dem 66-Jährigen, der mit seiner Frau in einem Einfamilienhaus im Birkenweg in Glinde lebt, innerhalb von eineinhalb Jahren zweimal eingebrochen. Zu den Opfern zählen auch die Nachbarn Brigitte Pätzke (64) und Dariusch Pasdar (43). Es herrscht Verunsicherung – vielerorts in der 18.500-Einwohner-Stadt.

2016 war Glinde laut Kriminalstatistik die Stadt mit den wenigsten Einbrüchen in Stormarn, nämlich 40. Zum Vergleich: In Ahrensburg waren es 184, in Reinbek 78 und in Bargteheide immerhin 52. „Es ist seit Beginn dieses Jahres so, als wenn der Schalter umgelegt wurde. Eine Welle der Wohnungseinbrüche und anderer krimineller Handlungen schwappt über Glinde“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Der Verwaltungschef hat eine klare Meinung zu dem Thema: „Das Land muss reagieren und mehr Polizisten auf Streife bringen.“

Rentner hat sich Brotmesser ins Schlafzimmer gelegt

Damit spricht er den Anwohnern des Birkenwegs aus dem Herzen. Wieck lebt in der ruhigen Nebenstraße mit ihren Einfamilienhäusern seit 37 Jahren und bis 2015 ohne Sorgen. Dann kommen die Einbrecher zum ersten Mal in sein Haus. Die Wiecks waren am frühen Abend für eine Stunde beim Einkaufen. Im vergangenen Oktober hebeln Kriminelle das Badezimmerfenster auf, durchwühlen alle Räume. Ihre Beute: 300 Euro Bargeld und ein iPad. Als das Ehepaar an jenem Morgen vom Ostseeurlaub zurückkommt, ist die Polizei schon da und sichert Spuren.

Das Auto von Horst Wieck im Birkenweg in Glinde wurde in der Nacht zu Mittwoch aufgebrochen
Das Auto von Horst Wieck im Birkenweg in Glinde wurde in der Nacht zu Mittwoch aufgebrochen © HA | Horst Wieck

Der Rentner hat aufgerüstet, Fenster und Türen mit Schutzmechanismen versehen, unter anderem Rollläden angebracht. „Trotzdem fühlen wir uns unsicher und haben Glück gehabt, noch keinem Einbrecher begegnet zu sein“, sagt Wieck. Er habe sich inzwischen ein Brotmesser ins Schlafzimmer gelegt. „Wir überlegen, hier wegzuziehen.“

Personen, die im Birkenweg unterwegs und auffällig sind, spricht der Glinder jetzt an. „Ich frage immer, ob ich helfen kann“, sagt Wieck. Mehr Hilfe wünscht er sich auch von der Polizei und erzählt von einem Telefonat: „Als ich am Mittwochmorgen wegen des Autoaufbruchs die 110 gewählt habe, sagte mir der Beamte, die Polizei könne immer weniger machen, weil das Personal fehle.“ Der Mann habe resigniert gewirkt. „Er hat mich gebeten, die Tat bei der Glinder Wache zu melden.“

Die Pätzkes haben inzwischen eine Alarmanlage installiert

Bei Wiecks Nachbarin Brigitte Pätzke kommen die Einbrecher am 10. März, während die Rentnerin mit ihrem Mann auf der anderen Straßenseite zu einer Geburtstagsfeier geladen ist. „Dabei war unser Haus gut im Blick, weil dauernd Raucher vor der Tür gewesen sind“, sagt sie. Die Kriminellen betreten das Grundstück jedoch über ein dahinterliegendes, nehmen eine Leiter aus dem Carport, die nicht angekettet ist, und steigen über den ersten Stock ein. Die Tat wirkt immer noch nach. „Wenn es nachts draußen raschelt, schreckt mein Mann sofort hoch“, sagt Pätzke. Es habe in der jüngsten Vergangenheit diverse Einbrüche im Umfeld gegeben.

Bei Brigitte Pätzke im Birkenweg in Glinde wurde am 10. März eingebrochen.
Bei Brigitte Pätzke im Birkenweg in Glinde wurde am 10. März eingebrochen. © HA | Brigitte Pätzke

Die Pätzkes haben inzwischen genauso wie Nachbar Dariusch Pasdar eine Alarmanlage am Haus installiert. Dessen Audi A5 blieb nicht verschont und wurde geknackt. Schaden: rund 11.000 Euro. Pasdar sagt: „Eine S-Klasse wurde hier auch geklaut.“ Der 43-Jährige eröffnete 2010 einen Telekommunikationsladen im Glinder Zentrum. In den dortigen Geschäften hat es laut Pasdar in den vergangenen Monaten zahlreiche Einbrüche und Einbruchsversuche gegeben. „Die Polizei wird nicht Herr der Lage“, sagt Verwaltungschef Zug. Den einzelnen Beamten könne er aber keinen Vorwurf machen.

Wachenleiter verspricht mehr Streifenfahrten

Andreas Appel, Leiter der Glinder Polizeistation, verspricht zumindest den Anwohnern am Birkenweg mehr Präsenz. Er sagt: „Wir werden jetzt die Streifenfahrten intensivieren.“ Auf der Glinder Wache verrichten 21 Beamte ihren Dienst, vor Jahren war sie besser bestückt. Und seit August 2016 ist ein Kollege für Oststeinbek zuständig. Die dortige Station mit drei Polizisten wurde geschlossen. Am 23. Mai tagt der Polizeibeirat mit Kollegen aus Reinbek, Glinde und Wentorf in Reinbek. Rainhard Zug ist dabei. Er sagt: „Wir werden die Einbrüche thematisieren und versuchen, eine Lösung zu finden.“