Ahrensburg. Bauausschuss soll heute Abend Geld für Gutachten bewilligen, um Widerstand der Stadt gegen Schutzwände und hohe Kosten vorzubereiten.
Die S 4 bringt Ahrensburg schon jetzt in Fahrt – was ein echtes Kunststück ist, denn die neue eng getaktete Verbindung zu Hamburg wird es frühestens 2025 geben. Aber selbst im Vorplanungsstadium schafft es die neue S-Bahnlinie, die Stadt zu bewegen – wenn auch zunächst nur emotional. Es sind vor allem zwei Ärgernisse, die für viel Aufregung vor Ort sorgen und Turbulenzen für das laufende Planfeststellungsverfahren der Deutschen Bahn versprechen, das in etwa einem halben Jahr abgeschlossen sein soll.
Einen Vorgeschmack auf heftige Debatten könnte die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses heute Abend geben. Auf der Tagesordnung stehen die beiden Reizthemen Lärmschutz in Ahrensburgs Innenstadt und die künftige Brückenquerung der Bahntrasse am Braunen Hirsch, die den überlasteten beschrankten Übergang ersetzen soll.
Manhagener Allee künftig „der Blinddarm der Stadt“?
Für große Aufregung hatten bereits im Dezember 2016 die Planungen der Bahn in Sachen Lärmschutz gesorgt. Um die hohen Anforderungen im Wohnbereich – tagsüber 59 Dezibel (normale Gesprächslautstärke oder ein leises Radio) – zu erfüllen, hat die Bahn Lärmschutzwände vorgeschlagen, die im Ahrensburger Zentrum bis zu sechs Meter hoch sein müssten. Um das vorstellbar zu machen, hatte die Verwaltung Fotomontagen gestaltet, die zeigen, wie sich so hohe Wände an markanten Punkten wie Manhagener und Hagener Allee oder direkt am Bahnhof auf das Stadtbild auswirken könnten. Der Schockeffekt war groß: Den Ahrensburgern wurde bewusst, dass vertraute Blickachsen verloren gehen und manche Einkaufsstraßen künftig zu wenig einladenden dunklen Gassen werden könnten.
Die Visualisierungen verfehlten ihre Wirkung nicht. „Sechs Meter hohe Schallschutzwände würden einige Orte in der Stadt verschandeln. Die Bürger haben ein Recht darauf, dass wir einen Kompromiss wie transparente Wände finden, um die Sichtachsen zu erhalten“, sagt Bürgervorsteher Roland Wilde. Klaus Lehmann, Inhaber von Fahrrad Kretzschmann an der Manhagener Allee, die besonders betroffenen wäre, befürchtet Schlimmes: „So hohe Wände wären grausig. Wenn hier der freie Blick versperrt wird, sind wir irgendwann der Blinddarm von Ahrensburg.“
Suche nach alternativen Schallschutzlösungen
Bau- und Umweltausschuss beauftragten am 15. Februar die Verwaltung, alternative Lärmschutzlösungen aufzuzeigen, die Auswirkungen hoher Schallschutzwände auf den Handel in der südlichen Innenstadt zu untersuchen und Rechtsberatung zum Planfeststellungsverfahren der Bahn einzuholen. Außerdem sollte eine Machbarkeitsstudie zur Überbauung der Gleise im Bereich der Innenstadt vorgelegt werden. All dies ist in der heutigen Beschlussvorlage enthalten. Die Verwaltung schlägt nun vor, drei Expertisen in Auftrag zu geben. 1. Ein Büro für Schalltechnik soll die Lärmbelastung an verschiedenen Punkten im Ahrensburger Streckenabschnitt messen und andere technische Lösungen für den Schallschutz empfehlen – Kosten 10.000 Euro. 2. Ein Gutachten inklusive Händlerbefragung und Modellrechnung über mögliche wirtschaftliche Auswirkungen auf den Handel. Dafür gibt es Angebote von vier Büros – Kosten 15.000 Euro. 3. Rechtsgutachten eines Spezialisten für Bahnrecht, das aufzeigen soll, welche Handlungsspielräume Ahrensburg hat – Kosten 30.000 Euro. Nicht empfohlen wird die von der Politik angeregte partielle Überbauung der Bahntrasse, weil technisch und finanziell voraussichtlich nicht machbar, so dass darauf verzichtet werden sollte, Geld für eine Machbarkeitsstudie auszugeben.
55.000 Euro für Gutachten, mit denen sich Ahrensburg wappnen will
Trotzdem wurden insgesamt 55.000 Euro an Planungskosten veranschlagt. Untersuchungen zu technischen Alternativen von hohen Lärmschutzwänden (10.000 Euro) und zu Auswirkungen auf den Einzelhandel (15.000 Euro) sowie Beauftragung eines Rechtsanwalts (30.000 Euro). Bürgermeister Sarach sieht diese Planungskosten als notwendige Investition: „Ich halte das für wichtig und richtig, damit wir gut auf das Planfeststellungsverfahren vorbereitet sind und Sicherheit bei allen rechtlichen Schritten und planerischen Fragen gewinnen.“
Weiteres Ärgernis ist die Erkenntnis vieler Ahrensburger, dass ihre Stadt ein Drittel der Kosten (von etwa 18,3 Millionen Euro) für die künftige Brückenquerung am Braunen Hirsch wird übernehmen müssen. Nach gegenwärtiger Schätzung wären das 6,1 Millionen Euro. Hinzu käme die Verpflichtung, alle Kosten für den Erhalt (und sogar einen eventuellen Neubau in ferner Zukunft) von Brücke und Straße allein tragen zu müssen. Diese für den Haushalt der Stadt folgenreiche Frage wird heute erstmals diskutiert. Der Handlungsspielraum Ahrensburgs erscheint gering. Sarach zählt Alternativen auf: „Wir können darüber sprechen, ob wir statt einer filigranen Brücke die kostengünstigere Querung über einen Erddamm bevorzugen oder einen anderen Standort für den Übergang wählen, was aber nicht günstiger für uns wäre.“ Bedeutungsvolle Pause: „Preiswerteste Lösung wäre die ersatzlose Schließung des Übergangs Brauner Hirsch.“ Was wiederum ein Horrorszenario für Autofahrer in Ahrensburgs Süden wäre.
Sitzung des Bau- und Planungsausschusses, heute Abend ab 19 Uhr, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9.