Ahrensburg. Bau der S 4 erfordert bis zu sechs Meter hohe Lärmschutzwände. Politik und Stadt fürchten um das Stadtbild. Wie geht es weiter?
Eine kilometerlange Mauer mit drei bis sechs Metern Höhe durchschneidet die Stadt Ahrensburg: Diese Vision lässt Politiker aller Parteien schaudern. Wie die Lärmschutzwände für die neue Bahnlinie S 4 aussehen könnten, zeigen Fotomontagen aus dem Rathaus, die jetzt im Umweltausschuss präsentiert wurden.
„Nach den bisherigen Gesprächen mit der Bahn gehen wir davon aus, dass in der dicht besiedelten Innenstadt eher die sechs Meter hohen Wände errichtet werden“, sagt Rathausmitarbeiter Heinz Baade. Anders ließen sich die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte offenbar kaum einhalten. Für Wohngebiete gelten tagsüber 59 Dezibel dB(A) – etwa ein Fernseher auf Zimmerlautstärke – und nachts 49 dB(A).
Hohe Wände an beiden Seiten der Bahngleise würden das Stadtbild drastisch verändern. „Schrecklich, so etwas wollen wir nicht haben“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hartmut Möller. „Das sieht aus wie in einem Gefängnis oder einer Kaserne“, meint Detlev Levenhagen (CDU). „Schockierend, das würde die Stadt zerreißen“, sagt Peter Egan (Wählergemeinschaft WAB). Jörg Hansen (Grüne) sieht’s ähnlich: „Das wäre wirklich heftig.“
Baubeginn könnte 2020 sein, Freigabe der Strecke 2027
Die Kommunalpolitiker sind sich weitgehend einig, dass Ahrensburg mit der Deutschen Bahn (DB) über andere und bessere Lösungen verhandeln müsse. Das steht auch für Bürgermeister Michael Sarach außer Frage. „Ich appelliere daran, die Stadt nicht nachhaltig zu zerstören“, sagt er. Das Projekt werde das Ortsbild über Generationen hinaus prägen. „Deshalb ist die entscheidende Frage, ob wir bereit sind, uns möglicherweise auch finanziell einzubringen.“
Die Planer der Deutschen Bahn müssten wie überall die Gesetze einhalten. Von den 915 Millionen Euro, die die S-Bahn vom Hamburger Hauptbahnhof über Ahrensburg und Bargteheide bis Bad Oldesloe kosten soll, entfallen bis zu 150 Millionen auf den Lärmschutz. Das erste Planfeststellungsverfahren ist in Arbeit. Baubeginn könnte 2020 und die komplette Strecke durch Stormarn 2027 fertig sein.
Angesichts der Tragweite der Entscheidung spricht sich Bürgermeister Sarach dafür aus, die Gleise tieferzulegen. „Das ist die einzig vertretbare Lösung, um die Stadt nicht von vorn bis hinten zu zerschneiden“, sagt er. Planerisch sei es sicher eine große Herausforderung, einen solchen Trog bei laufendem Bahnbetrieb zu bauen.
Bisher haben sowohl die Deutsche Bahn als auch der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH) immer wieder betont, dass es keine Alternative zur klassischen Lärmschutzwand gebe. Anders seien die Vorgaben der Bundesimmissionsschutzverordnung nicht einzuhalten. Ergänzende technische Möglichkeiten wie Schienenstegdämpfer oder Radschmieranlagen würden berücksichtigt, hätten aber nur eine vergleichsweise geringe Wirkung.
Anfang Februar soll die Bahn detailliertere Pläne vorstellen
Der Grünen-Stadtverordnete Jörg Hansen hat trotzdem Hoffnung, die ungewollte Stadtmauer verhindern zu können. „Die Erfahrung zeigt, dass die Bahn zunächst nicht zu innovativen Lösungen neigt“, sagt er. Dass man etwas bewirken könne, habe der Bahnübergang Brauner Hirsch gezeigt: Dort war erst ein langer Erddamm als Ersatz für die Schranken vorgesehen. Nach Protesten überspannt künftig eine luftige Brücke das Naturschutzgebiet.
Peter Egan (WAB) schlägt vor, sich in anderen Städten über mögliche Lösungen zu informieren. „Wir sollten alle Register ziehen, damit uns diese Achse nicht verbaut wird“, sagt er. CDU-Vertreter Detlev Levenhagen würde auch die direkten Anlieger fragen: „Sie sollten selbst entscheiden, was sie möchten.“ Auf jeden Fall müsse man vorausschauend agieren: „Richtig laut wird es, wenn mit dem Fehmarnbelttunnel die Zahl der Güterzüge deutlich steigt.“
SPD-Fraktionschef Hartmut Möller erwartet, dass die Experten weitere Vorschläge unterbreiten. Das könnte möglicherweise Anfang Februar geschehen. Dann sollen die Planer der DB den aktuellen Stand bei einer Sitzung von Umwelt- sowie Bau- und Planungsausschuss erläutern.
Das Rathaus hatte übrigens schon 2008 gefordert, zwischen Brückenstraße und dem Gartenholz-Viertel Schallschutzwände auszuschließen. Diese würden die barocken Sichtachsen und das Stadtbild zerstören.