Ahrensburg. Nach dem Aus für die kreisweite Wohnungsbaugesellschaft könnte der Verein Heimat in der Schlossstadt eine große Rolle spielen.
Warum in die Ferne schweifen, wenn eine gute Lösung viel näher ist? Diese rhetorische Frage könnte man sich in Ahrensburg stellen, um eine überraschende Antwort auf das dringende Problem des akuten Mangels an preiswertem Wohnraum zu präsentieren. Und die könnte lauten: Ahrensburgs Zukunft in Sachen sozialer Wohnungsbau liegt in der Vergangenheit – nämlich bei dem 1949 gegründeten Verein Heimat.
Der Reihe nach: Die vor einem Vierteljahr von Landrat Henning Görtz angeregte kreisweite Wohnungsbaugesellschaft ist früh gescheitert, weil es schon bei der ersten Umfrage an ausreichend lokaler Unterstützung fehlte. Der Bau- und Planungsausschuss in Ahrensburg zum Beispiel stimmte Mitte Februar gegen die Initiative. Der Bedarf von preisgünstigem Wohnraum ist zwar so groß, dass die Stadt sich rasch etwas einfallen muss, das überregionale Konzept aber befanden die Politiker für lokal ungeeignet. Schon damals wurde darauf verwiesen, dass Ahrensburg bereits mit verschiedenen Partnern soziale Bauprojekte plane – unter anderem mit dem Verein Heimat.
Seit mehreren Jahren ein verlässlicher Partner der Stadt
Die akute und bei weitem nicht zu befriedigende Nachfrage nach preiswertem Wohnraum in Ahrensburg hat offenbar zu Gedankenspielen angeregt, das Potenzial des Vereins so zu nutzen, dass er zum Instrument für sozialen Wohnungsbau im Einklang mit der städtischen Planung werden könnte. „Der Verein Heimat ist seit mehreren Jahrzehnten ein verlässlicher Partner der Stadt“, sagt Bürgermeister Michael Sarach. Seit 1949 habe er kontinuierlich einen Bestand an Wohnungen aufgebaut für Menschen mit geringen Einkommen. „Die Idee, das noch stärker für Ahrensburg zu nutzen, wäre also nicht abwegig.“
Tatsächlich fällt auf, dass der Verein in den vergangenen Jahren unternehmerisch sehr rege war, indem er baute und umbaute, modernisierte, Immobilien erwarb und sich für eine neue Klientel öffnete – nach Jahrzehnten, die eher etwas von Dornröschenschlaf hatten. „Der Verein ist einst für Flüchtlinge gegründet worden, die nach dem Krieg in Ahrensburg gestrandet sind“, sagt Jürgen Wahl. Der Pensionär, früher Justiziar der Stadt Ahrensburg und Geschäftsführer des Müllheizkraftwerks in Stapelfeld, ist seit zwölf Jahren Vorsitzender des Vereins Heimat. „Die ursprüngliche Überlegung war es, in Ahrensburg Wohnraum für Rentner mit geringem Einkommen zu schaffen.“
Kauf von Pastorat und Gemeindehaus im Dezember 2015
Dem Druck durch den städtischen Bedarf geschuldet war eine Satzungsänderung im Jahr 2015, die bereits eine neue Richtung für den Verein vorgibt. „Anlass dafür war die Nachfrage nach Wohnraum für Flüchtlinge und Asylbewerber, doch es ist auch der Wunsch in unsere Satzung eingeflossen, künftig allgemeinen sozialen Wohnungsbau zu verwirklichen“, sagt Wahl. Der Verein hat im Dezember 2015 Pastorat und Gemeindehaus von St. Johannes gekauft. Das Pastorat, das wegen Schimmelbefalls drei Jahre lang nicht bewohnt war, wurde für 35.000 Euro saniert. Danach wurden beide Gebäude für 180.000 Euro so umgebaut, dass sie vom Freundeskreis Flüchtlinge für Unterkünfte, Sprachkurse und Büroarbeit genutzt werden können. „Wir haben das gemacht, weil wir uns vorstellen, gemeinsam mit der Stadt später eine Seniorenwohnanlage mit 30 bis 35 Wohneinheiten auf dem 2800 Quadratmeter Grundstück zu bauen, wo bei Bedarf auch Platz für eine neue Infrastruktur für St. Johannes geschaffen werden könnte“, sagt Wahl.
Hauptstandort des Vereins ist nach wie vor die Straße Fannyhöh, wo der Verein einst mit dem Kauf eines Grundstücks startete und sich über die Jahre ausbreitete. Das folgte mittelfristig dem Muster, bestehende Häuser abzureißen und durch Gebäude mit zeitgenössischen technischen Standards zu ersetzen und die vorhandenen Grundstücksgrößen besser zu nutzen, also nachzuverdichten. Insbesondere seit 2011 war der Verein dort so aktiv, dass sein Wohnungsbestand in der Straße Fannyhöh in drei Neubauphasen mehr als verdoppelt wurde: von 27 auf 60. Außerdem ist der Verein Eigentümer von 30 Wohnungen am Neuen Teich.
Bürgermeister ist Mitglied im erweiterten Vorstand
Neuestes Projekt ist ein viergeschossiger Neubau an der Kastanienallee. Dort sollen 127 Wohneinheiten gebaut werden, 25 davon vom Verein Heimat, 102 von der Otto Wulff GbR als privatem Investor. Der Verein Heimat würde dort etwa vier Millionen Euro (inklusive Grundstückskauf) investieren. Mit den 25 neuen Wohneinheiten, die vermutlich 2019 fertig werden, würde der Wohnungsbestand (inklusive St. Johannes) des Vereins auf etwa 130 wachsen.
Die Partnerschaft mit der Stadt beim sozialen Wohnungsbau ist schon jetzt in der Zusammensetzung der Vereinsleitung offensichtlich. Bürgermeister Sarach ist qua Amt Mitglied im erweiterten Vorstand, der Stadtverordnete Jürgen Eckert (SPD und Vorsitzender des Awo-Kreisverbands Stormarn) vertritt die Ahrensburger Politik. Mit Fabian Dorow, dem Leiter des Ahrensburger Ordnungsamts, sitzt zudem ein führender Verwaltungsmitarbeiter als ehrenamtlicher Geschäftsführer im engeren operativen Vorstand.
Verein könnte in eine GmbH überführt werden
Klar ist, dass die gegenwärtige Struktur ungenügend ist, wenn der Verein ein größerer Player auf dem Markt für preiswerten Wohnraum werden soll. „Die ehrenamtliche Vereinsführung ist an ihre Grenzen geraten“, sagt Fabian Dorow. Hinzu kommt, dass ein Generationswechsel an der Spitze ansteht. Der 79 Jahre alte Jürgen Wahl möchte in absehbarer Zeit den Vorsitz abgeben, geeigneter Kandidat wäre der in Ahrensburg lebende ehemalige Reinbeker Bürgermeister Axel Bärendorf.
„Der Verein Heimat hat eine interessante Größe und viel Potenzial. Um ihn jedoch weiter zu entwickeln, bräuchte es eine neue Rechtsform, damit die ehrenamtliche in eine professionelle hauptamtliche Arbeit überführt werden könnte“, sagt Michael Sarach. Denkbar wäre zum Beispiel eine gemeinnützige GmbH. Sarach: „Egal, ob die Stadt als Gesellschafter oder politischer Berater involviert wäre – es ist eine interessante Idee. Und wir haben einen hohen Bedarf im sozialen Wohnungsbau.“ Zunächst müsse jedoch sondiert werden, was die Politik darüber denke. Erste Gespräche dazu sollen schon bald geführt werden.