bargteheide/Lübeck. Im Prozess vor dem Landgericht in Lübeck wird deutlich, wie viel Angst die erschossene Bargteheiderin vor den Angeklagten hatte.

„Das sind keine Probleme, die ihr habt. Es gibt Menschen, die müssen Angst um ihr Leben haben.“ Nur wenige Tage vor ihrem Tod kommentiert Svea T. laut eines Bekannten so seine Beziehungsstreitigkeiten. Es sind Worte, die deutlich machen, dass die 28-Jährige wusste, in welcher Gefahr sie sich befand.

Es ist der vierte Verhandlungstag wegen Mordes gegen Sven S. vor dem Landgericht in Lübeck. Er soll seine Ex-Partnerin im August vergangenen Jahres mit drei Kugeln erschossen haben. Eine Tat, die nicht nur in Bargteheide Bestürzung ausgelöst hat und dessen Hintergründe jetzt vor der I. Großen Strafkammer bekannt werden.

„Sie hat geweint und gesagt, dass sie Angst habe und wolle, dass das Ganze endlich vorbei ist“, erinnert sich eine gute Freundin am Mittwoch vor Gericht. Schon während der Beziehung mit Sven S. habe Svea T. über seine krankhafte Eifersucht geklagt. „Ostern 2016 hat sie dann einen Schlussstrich gezogen und sich endlich getrennt“, erinnert sich die junge Frau aus Eichede, die von einer fünfjährigen Auf-und-Ab-Beziehung der beiden spricht.

Sven S. drängte Svea T. mit Auto von der Straße ab

Doch nachdem die Bargteheiderin den Schlussstrich gezogen hatte, begann der wahre Terror. Der Angeklagte soll seine Ex-Partnerin und deren Familie bedroht haben. „Er lauerte ihr auf dem Parkplatz vom Erdbeerhof Glantz auf, wo sie gearbeitet hat“, sagt die Zeugin und: „Einmal drängte er sie mit seinem Auto von der Straße ab, sodass sie auf den Gehweg ausweichen musste. Sie hatte Angst und telefonierte während dieser Fahrt mit der Polizei.“

Besonders in Erinnerung geblieben ist der Freundin auch der Tag, an dem Svea T. am Ahrensburger Amtsgericht eine einstweilige Verfügung gegen S. erwirkt hat. „An diesem Tag hat jemand dem Pferd ihrer Mutter den Hals aufgeschlitzt, Svea war sich sicher, dass es Sven S. war.“

Auch habe sich das Opfer nicht mehr nach Bargteheide getraut, hat die Stadt umfahren, drehte sich ständig um, wenn sie sich mit Freunden traf. „Nach der Trennung hatte sie dort auch eine eigene Wohnung, in der sie aus Angst aber nie geschlafen hat. Sie schlief bei ihren Eltern.“ Für Svea T. war die ganze Situation so belastend, dass sie sich psychologische Hilfe suchen wollte. „Sie war auch bei der Kripo, die ihr geraten hat, ihm nicht das Gefühl zu geben, dass er nicht mehr an sie rankommt.“ Aus Angst hielt sie noch telefonischen Kontakt und schrieb sich Kurznachrichten mit Sven S. Sie erledigte sogar noch Einkäufe für ihren Ex-Partner.

Sie hat jedoch versucht, den persönlichen Kontakt zu vermeiden. So bat sie einen gemeinsamen Freund, eine Tasche aus der Wohnung von S. zu holen und gleichzeitig die Einkäufe zu übergeben. „Sie hat unten vor der Haustür gewartet“, so der gemeinsame Freund.

Auch am Tattag wollte Svea T. Einkäufe zu Sven S. bringen. Dieser gab vor, im Urlaub zu sein und bat sie darum, weil er am nächsten Tag heimkomme. Als die 28-Jährige die Wohnung betrat, fielen die tödlichen Schüsse.

Für die Staatsanwaltschaft demonstrierte Sven S. so seinen Besitzanspruch an Svea T. Auch vorherige Partnerinnen von S. berichten von dieser Eigenschaft. „Ich war 13 Jahre alt, er ein Jahr älter, als wir ein Paar wurden“, erinnert sich die heute 34 Jahre alte Zeugin. Elf Jahre hielt die Beziehung, aus der im Jahr 2003 auch eine Tochter hervorging. „Er wurde immer besitzergreifender, war eifersüchtig und hat mich ständig kontrolliert“, sagt die Frau mit den langen blonden Haaren.

Ex-Partnerinnen berichten von Gewalt und Bedrohungen

Auch wurde S. immer wieder handgreiflich. Einmal schlug er so kräftig zu, dass ihr Trommelfell völlig zerstört wurde und sie operiert werden musste. „Ich habe ihn 131-mal bei der Polizei angezeigt und jedes Mal die Anzeige wieder zurückgezogen. Ich habe ihn geliebt und ich war jung“, erinnert sich die Zeugin.

Zur Trennung kam es, weil Sven S. wegen Raubes für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis musste. Während einer Haftunterbrechung 2007 lernt er eine neue Frau kennen. Nur ein Jahr später kam der gemeinsame Sohn zur Welt. „Wir waren bis Anfang 2012 ein Paar. Ich habe mich wegen seiner Aggressivität und seinen Bedrohungen getrennt. Er war ein Mann mit zwei Gesichtern“, sagt die 36-Jährige aus Barsbüttel, die damals Zuflucht in einem Frauenhaus fand.

Auch ihr lauerte S. vor dem Kindergarten auf und bedrohte sie. „Ich erwirkte 2012 eine einstweilige Verfügung gegen ihn.“ Die Nachstellungen ließen nach, als Sven S. Svea T. kennenlernte.