Lübeck. Die 28-Jährige wurde von ihrem Ex-Freund in Bargteheide erschossen. Er steht nun wegen Mordes vor dem Lübecker Landgericht.

Regungslos und nach vorn gebeugt sitzt Sven S. auf der Anklagebank in Saal 315 des Lübecker Landgerichts. Der Bargteheider hat kurz rasierte Haare und einen Drei-Tage-Bart, trägt Jeans und eine Kapuzenjacke. Als Staatsanwalt Niels-Broder Greve die Anklageschrift gegen ihn verliest, schaut er zu Boden.

Der 35-Jährige steht seit Freitag wegen Mordes vor der I. Großen Strafkammer. Die Staatsanwaltschaft hat den Bodybuilder angeklagt, heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen seine Ex-Freundin Svea T. in seiner Wohnung an der Alten Landstraße in Bargteheide getötet zu haben. Ferner ist S. wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe angeklagt. Denn die Waffe, aus der Sven S. am 12. August 2016 drei Schüsse auf die damals 28 Jahre alte Svea T. abgab, hat er illegal besessen.

Nach dem Geständnis flüchtete Sven S.

Nach der Tat alarmierte S. selbst die Rettungskräfte. Er wählte den 112-Notruf und gestand die tödlichen Schüsse. Der Disponent in der Notrufzentrale forderte ihn auf, die Waffe in der Wohnung auf den Boden zu legen und auf die Polizei zu warten.

Doch Sven S. flüchtete. Erst am nächsten Tag wird er von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen. Zeugen hatten ihn auf einem Campingplatz in Ammersbek entdeckt und die Beamten alarmiert. Seit der Festnahme sitzt Sven S. in Untersuchungshaft.

In seiner Anklageverlesung am Freitag berichtet Staatsanwalt Greve davon, dass S. und sein Opfer Svea T. eine vierjährige Beziehung hatten. Im März vergangenen Jahres habe sie sich dann von ihm getrennt. „Der Angeklagte hat dies nicht akzeptiert und weiter den Kontakt gesucht“, sagt der Staatsanwalt. „Er hat seine Ex-Freundin bedroht, beleidigt und geschlagen.“ Svea T. erwirkte daraufhin ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz gegen den bereits vorbestraften S.

Weiterer Kontakt aus Angst vor Gewalttaten

Dennoch habe es laut Staatsanwaltschaft weiterhin Kontakte zwischen den beiden gegeben. Der Grund: Svea T. habe befürchtet, dass ein abrupter Kontaktabbruch zu Gewalttaten gegen sie oder ihre Familie führt.

So lockte Sven S. seine Ex-Freundin am 12. August 2016 in seine Wohnung. Er gab vor, im Urlaub in Italien zu sein und am nächsten Tag wiederzukommen. Deswegen bat er Svea T., Lebensmittel für ihn zu kaufen und diese in seine Wohnung zu bringen.

Richter Christian Singelmann eröffnet den Prozess gegen Sven S. Neben ihm die Beisitzenden Richterinnen Beate Sager (l.) und Martina Fock
Richter Christian Singelmann eröffnet den Prozess gegen Sven S. Neben ihm die Beisitzenden Richterinnen Beate Sager (l.) und Martina Fock © HA | Christian Thiesen

Laut Anklageschrift kam die 28-Jährige daraufhin am Tattag morgens mit einem Schlüssel in die Wohnung. Dort wartete Sven S. schon auf sie. Er schoss ihr mit einem Revolver in den linken Oberarm und zweimal in den Brustkorb. Danach wählte er den Notruf und flüchtete. Svea T. starb noch am Tatort. „Der Angeklagte handelte aus selbstsüchtigen Motiven, er wollte seiner Ex-Freundin kein Leben ohne ihn ermöglichen“, sagt Staatsanwalt Niels-Broder Greve.

Sven S. selbst schwieg am Freitag zu den Anklagevorwürfen. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Christian Singelmann, ob er sich äußern wolle, schaut der Gerüstbauer zu seinem Strafverteidiger Dirk Bachmann. Dieser antwortet: „Mein Mandant wird beim nächsten Termin ausführlich aussagen.“ Fraglich ist, ob S. dann ein Geständnis ablegt. Vor Polizei und Staatsanwaltschaft hat er dies bislang nicht getan. Der nächste Prozesstermin ist am Freitag, 3. März, um 13 Uhr.

Eltern bereiteten sich lange auf Prozess vor

„Dass der Angeklagte aussagen will, ist ein gutes Signal“, sagt der Nebenklägeranwalt Frank-Eckhard Brand dem Abendblatt. Er vertritt die Eltern der getöteten Svea T. Diese sind beim Prozessbeginn am Freitag anwesend, sitzen dem Angeklagten gegenüber. Ohne Emotionen zu zeigen, schauen sie den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter während der Verhandlung mit festem Blick beharrlich an.

„Die Eltern wollen mit dem Prozess die Tat für sich aufarbeiten“, sagt Anwalt Brand. „Sie wollen wissen, wie es dazu kommen konnte.“ Ihnen gegenüber habe Svea T. immer behauptet, nach der Trennung keinen Kontakt mehr zu ihrem Ex-Freund zu haben. Anwalt Brand sagt: „Sie haben sich lange auf den Prozess vorbereitet, das hat ihnen viel Kraft abverlangt.“