Großhansdorf. Welche Adresse ist die richtige für mich? Wir stellen alle fünf Kliniken im Kreis Stormarn vor. Heute: Spezialisten aus Großhansdorf.
Operationssaal 9 ist ausgefallen. Jörg Böttche muss geplanten Eingriffe auf die anderen zehn Säle verteilen. Der Zeitdruck ist hoch. Schließlich kommen die Operateure als niedergelassene Ärzte heute in die Park-Klinik, um ihre Patienten an Knie, Hüfte, Schulter oder Wirbelsäule zu operieren. Der Operationsmanager bleibt gelassen, nur das ständige Klingeln seines Telefons verrät etwas über den Stress. 50 Mitarbeiter dirigiert er durch eine Schicht, bis zu 45 Operationen an einem Tag. Von Böttche werden reibungslose Abläufe erwartet, von den Operateuren vor allem eine ruhige Hand.
In Saal 4 untersucht Dr. Ansgar Ilg gerade einen Sehnenriss in der Schulter eines Mannes. Vorsichtig arbeitet er sich mit der Kamera im Schultergelenk voran. Für den routinierten Orthopäden „sieht jedes verschlissene Gelenk anders aus“. Während sein Spezialgebiet die Schulter ist, ist Dr. Genio Bongaerts Fachmann für Hüften. Seine minimal-invasive Technik, die mit einem kleinen Schnitt vorn an der Hüfte auskommt, sei einmalig in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. „Diese Methode, auch DAA für direct anterior approach genannt, habe ich in Belgien gelernt. Der Blutverlust ist deutlich geringer, kein Muskel wird durchtrennt und die Patienten können sofort aus dem Bett“, sagt der 61-Jährige, der dafür drei Mal pro Woche aus Hamburg nach Großhansdorf kommt. Ihm bleibt, wie seinen Kollegen, kaum Zeit für einen Kaffee zwischen den Eingriffen.
Hier gebe es keine Zwei-Klassen-Medizin
Von der Fließbandarbeit im Untergeschoss ist im Entrée der Park-Klinik nichts zu spüren. Das Ambiente ist modern und freundlich, das Personal überwiegend entspannt und zugewandt. Krankenhaus-Klischees werden hier nicht bedient. „Neun von zehn Patienten würden uns weiterempfehlen“, sagt Prof. Dr. Jörg Braun, Ärztlicher Direktor des Hauses. „Wir gehören zu den zehn beliebtesten Kliniken deutschlandweit.“ Das liege auch daran, dass man den Standard einer Privatklinik biete. „Dabei sind 90 Prozent Kassenpatienten. Hier gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin. Wir sind zwar in privater Trägerschaft, investieren aber das Erwirtschaftete zu 100 Prozent in die Krankenversorgung.“
Patienten bringen Dolmetscher und Wachpersonal mit
Doch manchmal gibt es gewisse Abgrenzungen. Nämlich dann, wenn Patienten aus China, Dubai, Russland oder Paraguay eines der vier Exklusivzimmer beziehen und dafür neben einem Dolmetscher auch eigenes Wachpersonal mitbringen. Patientensicherheit liegt auch dem Chef am Herzen, nur anders. So war Braun es, der Kupferklinken an den Türen des Intermediate Care-Bereichs (IMC) einführte. Hier werden zum Beispiel frisch operierte Wirbelsäulen-Patienten intensiv überwacht, eine Vorstufe zur Intensivstation. „Bakterien mögen Kupfer nicht, die Klinken sind von Natur aus mikrobiologisch sauber“, sagt Jörg Braun.
2016 gab es weder einen Todesfall, noch steckte sich ein Patient mit dem multiresistenten Klinik-Keim MRSA an. Nur einer von 200 Patienten sei Träger hochresistenter Erreger, wie das Patienten-Screening zeige. Für Ansteckungsgefahren hat Susanne Wernecke ein wachsames Auge. Als leitende Hygienefachkraft prüft sie ständig, unter welchen Umständen gearbeitet wird. „Ich sehe immer was“, sagt die gelernte Krankenschwester. Die größte Herausforderung sei das Personal: „Jeder hat ein anderes Verständnis von Hygiene und dem Einhalten von Regeln.“ Mangels Beatmungsgeräten und Dauerkathetern fällt allerdings ein Großteil der Infektionsmöglichkeiten weg. „Im bundesweiten Krankenhaus-Infektionssurveillancesystem, kurz KISS, bewegen wir uns mit Wundinfektionen im unteren Drittel.“
Wegen ein paar Mückenstichen in die Ambulanz?
In der Ambulanz ist es heute ruhig. Dafür war eine Patientin da, die vor einem Jahr mit Schulterschmerzen in die Ambulanz kam, im Fahrstuhl zusammenbrach und reanimiert werden musste: Herzinfarkt. „Heute hat sie sich mit Blumen und Sekt für ihren zweiten Geburtstag bedankt“, erzählt Schwester Regina Lütjhohann. Doch mancher kommt auch mit Bagatellbeschwerden. „Im Sommer kommen die Leute auch wegen Mückenstichen zu uns.“
Chefarzt Dr. Jan Hennings kümmert sich in der Unfallchirurgie mit seinem Team vor allem um Knochenbrüche und Kreuzbandrisse. Stets mit dem Ziel, „die Rekonstruktion so zu schaffen, dass der Patient danach nichts mehr davon merkt und wieder Leistungssport treiben kann.“ Bei 15 Mal Rufbereitschaft im Monat ist er darauf trainiert, auch nachts um drei Uhr zu funktionieren. Im Mai 2016 war seine Fähigkeit zur Fokussierung besonders gefragt, als er die Unterarmfraktur seines sechsjährigen Sohnes operieren musste. „Während der OP war es nur ein Arm von vielen, aber danach haben mich die Gefühle übermannt“, verrät der zweifache Vater.
Ärzte kommen aus Stade, Quickborn oder Uelzen
Christa Burow war öfter wegen ihres linken Knies in der Ambulanz, bevor sie sich zur Operation durchrang. „Ich konnte nachts vor Schmerzen nicht mehr schlafen“, sagt die Jersbekerin, die sich unter Halbnarkose eine Schlittenprothese ins Knie einsetzen ließ. „Die OP war toll, wir haben viel gelacht.“ Burow hat im Krankenhausbett schon mit der Physiotherapie begonnen. Das gehört zum integriert vernetzten Behandlungsprogramm. Zwischen ein und maximal drei Wochen bleibt ein Patient hier, je nach Art des Eingriffs.
In der benachbarten Augenklinik sind stationäre Patienten nach Netzhaut-Operationen nur für zwei Nächte da. „Glaukom-Patienten kommen übers Wochenende, damit wir alle vier Stunden den Augendruck messen können“, sagt Assistenzarzt Fabian Mönnink, „das wäre im Praxisbetrieb nicht möglich.“ 50 niedergelassene Augenärzte der Qualitätsgemeinschaft Augenheilkunde Nord (QAN) arbeiten hier, die zum Teil aus Stade, Quickborn oder Uelzen kommen. „Montags zur Netzhautsprechstunde reisen die Patienten per Sammeltaxi von dort an“, sagt Mönnink, der hier auch Flüchtlinge behandelt. „Einige von uns können Arabisch, Türkisch, Farsi, Französisch oder Rumänisch. Dann dolmetschen Kollegen.“ Toleranz und Wertschätzung zeichne den Geist von Manhagen aus, sagt Prof. Dr. Braun zum Abschied. Die Philosophie des Trägers orientiere sich an Thomas Mann: Es geht immer auch anders.
16 Uhr. In den OP-Sälen kehrt Ruhe ein. Böttche bereitet mit OP-Leitung und Prothesenmanagement den nächsten Tag vor. Da muss es anders gehen: Böttche heiratet nämlich – eine Kollegin.
Von der Modellklinik zum Erfolgsmodell in 26 Jahren
Die Park-Klinik Manhagen startete 1991 als wissenschaftlich begleitete Modellklinik aller Kassen und des Landes Schleswig-Holstein mit neuen Vergütungsformen im Gesundheitswesen – und bereitete damit den Weg für eine Bundesgesetzänderung zur Krankenhausfinanzierung.
Der Träger, die Gesellschaft für Systemberatung im Gesundheitswesen (GSbG) mit ihrem Gründer Prof. Dr. Hans-Heinrich Rüschmann, will die Patientenversorgung verbessern. Der Preis für einen Patienten orientiert sich in der Fachklinik für Orthopädie und Augenheilkunde von der ersten Stunde an nicht an der Liegezeit, sondern nur an den individuellen Therapieleistungen.
Vorreiter wird die Klinik 2001 auch mit der „integrierten, sektorenübergreifenden Versorgung“. Patienten werden – egal, ob gesetzlich oder privat versichert – über das gesamte Fachgebiet stationär, ambulant und zur Rehabilitation versorgt.
Vor 26 Jahren begann die Geschichte der Klinik in der historischen Villa Wulfriede mit 28 Betten, zwei OP-Sälen sowie 36 Ärzten und Mitarbeitern begann. Heute gibt es 212 Betten, rund 400 Mitarbeiter und jährlich rund 24.000 stationären Patienten aus mehr als 50 Ländern sowie rund 20.000 ambulante Patienten.
Seit 2007 ist die Klinik Anlaufpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung für ambulante Notfälle, in der niedergelassene Ärzte in Kooperation tätig sind. 2011 eröffnet die Unfall-Ambulanz, wo die Expertise der Orthopäden und Chirurgen bei Patienten aus Schleswig-Holstein und Hamburg gefragt ist. Sie ist montags bis freitags von 8 bis 22 Uhr, am Wochenende von 10 bis 20 Uhr geöffnet.
Im Jahr 2013 entsteht das Medizinische Versorgungs-Zentrum Manhagen für ambulante Patienten der Region Ahrensburg und Stormarn. Ein Jahr später zieht das Universitäre Kinderwunschzentrum ins Kutscherhaus – ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Lübecker Universitäts-Klinikum Schleswig-Holstein.
Die Belegklinik kooperiert mit mehr als 1.500 niedergelassenen Ärzten sowie mit mehr als 160 Krankengymnastik-Praxen und ambulanten Reha-Zentren in Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordniedersachsen. Die Park-Klinik belegt nicht nur bei Patientenumfragen Spitzenplätze, sondern 2016 auch beim bundesweiten Qualitätsvergleich für Krankenhäuser im Magazin Focus-Gesundheit.
Lesen Sie am kommenden Sonnabend: Asklepios-Klinik Bad Oldesloe