Hoisdorf. Nachdem ein zwei Jahre alter Junge aus Hamburg im Hoisdorfer Lichtensee starb, kritisiert der Bürgermeister den Veranstalter.
Wie konnte das passieren? Und wie lässt sich verhindern, dass es noch einmal passiert? In der Woche, zu deren Beginn ein Zweijähriger am Jugendheim Lichtensee in Hoisdorf ertrunken ist, beschäftigen diese Fragen die Menschen im Ort, bei Behörden und auch im Kirchenkreis Hamburg-Ost, dem Träger der Freizeiteinrichtung. Antworten finden sie bisher allerdings nicht.
Der vergangene Montag sollte für sieben Betreuer und 19 Kinder im Alter von ein bis sieben Jahren einer Hamburger Kita-Gruppe der Auftakt unbeschwerter Tage im Grünen werden. Doch nach wenigen Stunden endet die Fahrt in einem Albtraum, den wohl keiner der Beteiligten jemals vergessen wird. Den genauen Ablauf des Tages will die Polizei in den kommenden Wochen rekonstruieren, wenn die sieben Betreuer vernommen werden. Sie standen zunächst unter Schock, wurden deshalb nicht befragt.
Gelände werde regelmäßig durch Fachleute geprüft
Über mögliche Konsequenzen des tragischen Unglücks ist auch im Kirchenkreis bereits gesprochen worden. „Wir haben sofort alle künftigen Gäste informiert und ihnen angeboten, von der Reise zurückzutreten“, sagt Kirchenkreissprecher Remmer Koch. Davon habe aber niemand Gebrauch gemacht.
Zudem wurden Unterlagen gesichtet. „Das Gelände wird regelmäßig von unseren Fachabteilungen überprüft“, sagt Koch, „unser Sicherungspflicht sind wir nachgekommen.“ So sei der Zugang zum Badesee in diesem Jahr extra mit Sand aufgeschüttet worden, um ihn besonders flach zu gestalten. Und der rückwärtige Teil des Sees sei mit einem Gatter abgesperrt worden.
62 Feuerwehrleute waren am Einsatz beteiligt
Die Hamburger Kita-Gruppe war am Montagnachmittag in dem 60-Betten-Haus angekommen. Die Kinder spielten auf dem Fußballfeld, das direkt an den See grenzt. Plötzlich fiel auf, dass der Zweijährige weg war. Um 17.39 Uhr ging der Notruf bei der Polizei ein. Doch auch die Beamten fanden den Jungen nicht.
Daraufhin wurden 62 Feuerwehrleute aus Hoisdorf, Oetjendorf, Siek und Meilsdorf, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mit einem Boot und die Suchhundestaffel des Kreises alarmiert. Die Helfer entdeckten den leblosen Körper gegen 20.10 Uhr im flachen Wasser. Ein Notarzt unternahm Wiederbelebungsversuche – erfolglos.
„In der Haut der Betreuer möchte ich nicht stecken“
Bürgermeister Dieter Schippmann (Dorf-Gemeinschaft Hoisdorf) wundert sich darüber, dass eine Gruppe mit so kleinen Kindern das am Wasser gelegene Jugendheim Lichtensee für den Ausflug ausgewählt hat. „Da habe ich kein Verständnis für“, sagt Schippmann, „Jungen und Mädchen, die dort eine Freizeit machen, sollten schwimmen können.“ Er selbst würde kleine Kinder nicht dahinschicken, so der Bürgermeister.
Für Dieter Schippmann ist es nun Sache der Behörden, auf den Betreiber der Einrichtung zuzugehen und Vorschläge zu machen, wie man Gefahren minimieren könne. Über das tragische Unglück sagt er: „In der Haut der Betreuer möchte ich nicht stecken.“
Jugend- und Konfirmandengruppen kommen nach Hoisdorf
Erschüttert ist auch Stormarns Landrat Henning Görtz. Die Kreisverwaltung ist in den Fall allerdings nicht involviert. Die Heimaufsicht ist lediglich für Kindergärten und Altenheime zuständig. Und die Bauaufsicht prüfe und entscheide über Bauanträge, was beim Jugendheim Lichtensee Jahrzehnte zurückliege. „Für den öffentlichen Raum gibt es ja genaue Vorgaben, wie Gewässer gestaltet und wann sie eingezäunt sein müssen“, sagt Görtz.
Die evangelische Kirche hatte das idyllisch inmitten von Wald und Wasser gelegene Grundstück in Hoisdorf bereits 1952 gekauft. Zunächst nutzten Zeltgruppen das Areal, es gab lediglich einen kleinen Unterschlupf. „Weil die Nachfrage stetig stieg, wurde das Haus nach und nach ausgebaut“, sagt Kirchenkreissprecher Remmer Koch.
Die bisher letzte größere Erweiterung wurde 1991 fertiggestellt. Vor allem Jugend- und Konfirmandengruppen kommen nach Hoisdorf. Seit Jahren finden aber auch Schulklassen und Kindergartengruppen Erholung in unberührter Natur.
Im Vorjahr sei die Herberge gut ausgelastet gewesen. 85 Gruppen waren zu Gast, insgesamt wurden 7400 Übernachtungen gezählt. Die 60 Schlafplätze verteilen sich auf Zimmer mit zwei bis sechs Betten. Es gibt auch fünf Arbeitsräume, einen 113 Quadratmeter großen Tagungs- und einen Speisesaal. Die Übernachtung mit Vollpension kostet für Gruppen des Kirchenkreises 27 Euro je Person und für alle anderen 30 Euro.