Glinde. Anwohner und Eltern wehren sich dagegen, dass an der Kaposvar-Spange und am Holstenkamp die Tempo-30-Zone aufgehoben werden soll.

Sie fühlen sich vom Kreis übergangen: Anwohner, Eltern und Schulleiter wehren sich weiter dagegen, dass an der Kaposvar-Spange und am Holstenkamp in Glinde die Tempo-30-Zone aufgehoben werden soll. Wie berichtet, hat die Verkehrsaufsicht des Kreises nun Ernst gemacht und fordert, dass die Stadt Glinde unverzüglich die Anordnung umsetzt: Ab Freitag, 15. Juli, soll auf rund 500 Metern der etwa zwei Kilometer langen Strecke das Tempo von 30 auf 50 Kilometer pro Stunde angehoben werden. Zu diesem Zweck hat die Stadt bereits Bordsteine absenken lassen und Fahrbahnmarkierungen erneuert. Auch Straßenschilder, die auf die neuen Verkehrsregeln hinweisen, wurden aufgestellt und mit blauen Müllsäcken verhüllt.

Unbekannte rissen die Plastiksäcke vor Kurzem von den Schildern ab. Nun herrsche Verkehrschaos, so die offizielle Begründung des Kreises für die sofortige Umstellung. „Autofahrer können gar nicht mehr erfassen, wie schnell sie fahren dürfen und ob sie Vorfahrt haben oder nicht“, sagt Hans-Jürgen Zimmermann, von der Verkehrsaufsicht in Bad Oldesloe. Aktuell gilt am Holstenkamp noch an fast allen Straßenmündungen die Rechts-vor-links-Regel. Ab Freitag sollen Autofahrer am Holstenkamp und an der Kaposvar-Spange durchgängig Vorfahrt haben. Vor den an beiden Straßen gelegenen Kitas, Schulen sowie dem Hort Löwenzahn soll zwischen 7 bis 17 Uhr weiterhin Tempo 30 eingehalten werden.

Kreis tolerierte Tempo-30-Zone bisher

Dies gilt für die Grund- und die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld, die Wilhelm-Busch-Schule, die Kita-Zwergenwache und den Hort Löwenzahn. Auch hier sollen Straßenschilder Autofahrer auf die Tempo-30-Bereiche aufmerksam machen. Bis die Maßnahme umgesetzt ist, bleibt das Schild mit orangefarbenen Streifen abgeklebt. Doch das sei ziemlich irreführend, findet auch Glindes Bürgermeister Rainhard Zug. „Dadurch denken viele Autofahrer momentan, dass sie vor Kitas und Schulen schneller als 30 Kilometer pro Stunde fahren dürfen“, sagt Zug. „Es ist nachvollziehbar, richtig und im Interesse aller, dass der Verkehr an der Kaposvar-Spange und am Holstenkamp eindeutig geregelt ist.“ Bislang habe der Kreis die am Holstenkamp 1997 eingeführte Tempo-30-Zone toleriert, obwohl die Stadt die gesetzlichen Anforderungen dafür nie erfüllte. Dem setzten jedoch die Kreisverkehrsaufsicht sowie die Polizeidirektion Süd nach der Verkehrsschau im Mai 2014 ein Ende: Weil zu viele Autos unterwegs seien, wurden sowohl Holstenkamp als auch Kaposvar-Spange als Durchgangsstraßen eingestuft. „Die Anordnung wurde im Mai 2015 einvernehmlich mit der Stadt Glinde beschlossen“, sagt Zimmermann.

Umstellung sei nicht durchdacht

Klaus Willenbücher, Schulleiter der am Holstenkamp gelegenen Grundschule Wiesenfeld ist schockiert. Er sagt: „Ich finde das sehr enttäuschend, es besteht keine Not, von jetzt auf gleich das Tempolimit anzuheben.“ Auch Mutter Desiree Hoth hält die Umsetzung für einen Schnellschuss. „Dass schon ab Freitag die Tempo-30-Zone aufgehoben werden soll, ist ein Unding“, sagt Hoth. „Uns wurde etwas ganz anderes versprochen und jetzt ist es zu kurzfristig, um darauf zu reagieren.“ Hoths Kinder Leona und Elijah besuchen beide den Kindergarten Wilde Wiese. Nach der neuen Regelung liegt die Betreuungseinrichtung noch außerhalb des Tempo-30-Bereichs. Denn der Kindergarten Wilde Wiese grenzt nur rückläufig an den Holstenkamp, der Haupteingang befindet sich an der Straße Schönhorst.

Noch bei der jüngsten Bauausschusssitzung hatte Zug den anwesenden Bürgern mitgeteilt, dass die Wilde Wiese auf jeden Fall in den Tempo-30-Bereich miteinbezogen werden müsse. Rund 120 Glinder waren zur Sitzung gekommen. Eltern der Wilden Wiese hatten Zug eine Liste mit rund 150 Unterschriften übergeben. Bisher wurde das Tempo-30-Schild noch nicht versetzt. „Die Einbindung der Wilden Wiese in den Tempo-30-Bereich und entschleunigende Mittel wie ein Zebrastreifen an der Kaposvar-Spange und Bremsschwellen wurden beim Kreis beantragt“, sagt Zug. „Über sie wird jedoch erst in einem zweiten Schritt entschieden werden können, wenn die jetzige Anordnung erfolgt ist.“

Kein Konzept für Entschleunigungen

Doch das hält Grünen-Ortsvorsitzender Jan Schwartz für einen Fehler. „Erst müsste die Situation des Kindergartens geklärt und ein Konzept über Entschleunigungen erstellt werden“, sagt Schwartz. Auch die SPD ist gegen die sofortige Umsetzung. „Die Anordnung des Kreises widerspricht dem Beschluss des Bauausschusses am 23. Juni, sie bis zur weiteren Klärung außer Vollzug zu setzen“, sagt SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach.

In der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses stellte die SPD einen Antrag gegen die Umsetzung: Verwaltungschef Zug solle unverzüglich Widerspruch gegen die Anordnung einlegen. Doch die Hoffnung darauf nimmt Hans-Jürgen Zimmermann. Er sagt: „Die Frist für einen Widerspruch ist bereits im Juni 2015 abgelaufen.“