Glinde. Autos sollen in der Nähe von Schulen und Kitas schneller fahren dürfen. Anwohner des Holstenkamps und der Kaposvar-Spange protestieren.
Sie sind in großer Sorge um ihre Kinder: Eltern aus Glinde fürchten, dass Autofahrer vor den Schulen und Kindertageseinrichtungen am Holstenkamp und der Kaposvar-Spange künftig zu schnell fahren und ihre Töchter und Söhne in Gefahr bringen. Denn auf 500 Metern der etwa zwei Kilometer langen Strecke soll das Tempolimit von bisher 30 Kilometern pro Stunde auf 50 angehoben werden. Die Begründung laut Stormarner Verkehrsaufsicht und Stadt: Das Verkehrsaufkommen auf der Straße sei zu hoch, um bei der alten Regelung zu bleiben.
Und nicht nur das Tempolimit soll verändert werden: Die Rechts-vor-Links-Regelung soll aufgehoben, die Strecke in eine vorfahrtsberechtigte Straße umgewandelt werden. Zu diesem Zweck hat die Stadt bereits Bordsteine absenken lassen, Fahrbahnmarkierungen erneuert und Straßenschilder aufgestellt, die auf die veränderten Regeln hinweisen sollen. Noch sind diese Schilder mit blauen Folien verhüllt.
Laut Glindes Bürgermeister Reinhard Zug erhöhe sich nicht das Unfallrisiko
Glindes Bürgermeister Reinhard Zug begründet die Veränderungen so: „Durch den Bau der Kaposvar-Spange ist eine innerstädtische Abkürzung zum Neubaugebiet auf dem Gelände des ehemaligen Bundeswehrdepots entstanden. Dadurch hat sich auch der Charakter des Holstenkamps von einem Schleichweg zu einer Durchgangsstraße verändert.“ Schon Ende 2014 hatten Vertreter des Kreises, der Stadt und der Polizei festgestellt, das Verkehrsaufkommen am Holstenkamp sei nach gesetzlichen Richtlinien zu hoch für eine 30er-Zone. Ein erhöhtes Unfallrisiko sieht der Verwaltungschef durch die Neuerungen jedoch nicht. Er sagt: „Die Verkehrsbehörde hat detailliert über Veränderungen nachgedacht, die zudem nur einen kleinen Teil der Strecke betreffen. Es ist oberstes Ziel, dass die Sicherheit von Kindern und Anwohnern weiterhin bestehen bleibt.“
Eltern befürchten, dass Kinder von Rasern überrascht werden
Eltern aus Glinde sehen das ganz anders. „Wenn Valentina auf dem Schulweg ist, werde ich immer Angst haben“, sagt zum Beispiel Vanessa Berg. Ihre sieben Jahre alte Tochter besucht die Grundschule Wiesenfeld am Holstenkamp. Ihre jüngere Tochter Emily (2) wird im Kindergarten Wilde Wiese betreut. Der Haupteingang des evangelischen Kindergartens befindet sich zwar an der Straße Schönhorst, doch grenzt das Gelände rückläufig an den Holstenkamp. Auch die Wilhelm-Busch- Schule, die Gemeinschaftsschule Wiesenfeld sowie der Hort Löwenzahn befinden sich am Holstenkamp. An der Kaposvar-Spange liegt zudem die Kita Zwergenwache. Vor Kitas, Hort und Schulen der beiden Straßen soll zwischen 8 bis 17 Uhr weiterhin Tempo 30 eingehalten werden. Etwa 100 Meter vor den Einrichtungen sollen Schilder auf die 30er-Bereiche hinweisen.
„Von dieser Regelung sind wir momentan noch ausgenommen“, sagt Sabine Becker, Leiterin der Wilden Wiese. „Es wäre wünschenswert, dass auch im Bereich unseres Kindergartens ein Schild aufgestellt wird.“ Eltern haben inzwischen eine Unterschriftenliste ausgehängt. „Die Autos fahren ja jetzt schon teilweise mit 50 Kilometern pro Stunde durch den Holstenkamp. Was wird erst bei Tempo 50 passieren?“, fragt Mutter Madeleine Schulz. Anwohnerin Camila Campaio habe sich schon mehrmals wegen Rasern bei der Polizei beschwert. „Seit das neue Wohngebiet gebaut wurde, ist der Verkehr furchtbar“, sagt Campaio. „Als Autofahrer wird man oft überholt, wenn man sich an das Tempolimit hält.“ Seit 25 Jahren wohnt die Glinderin am Holstenkamp. Campaio: „Damals haben wir um die Einrichtung einer 30er Zone gekämpft.“ SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach schließt sich der Kritik der Anlieger an, sagt: „Das alte Tempolimit sollten an beiden Straßen bleiben.“
In der kommenden Sitzung des Bauausschusses will die SPD das Vorhaben stoppen
In der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses am Donnerstag, 23. Juni, um 19 Uhr im Festsaal des Marcellin-Verbe-Hauses (Markt 2) will die SPD-Fraktion folgenden Antrag stellen: An beiden Straßen soll die 30er-Zone beibehalten und die Umwandlung zu einer Tempo 50 Strecke vorerst eingestellt werden. Ebenso wollen die Sozialdemokraten erreichen, dass die Verwaltung mit Anwohnern sowie Vertretern der Betreuungseinrichtungen eine einvernehmliche Lösung findet. Wie diese aussehen könnte, definiert die Partei nicht näher. Grünen-Ortsvorsitzender Jan Schwartz wünscht sich eine sachliche Diskussion mit allen Beteiligten. „Die Stimmung ist momentan sehr aufgebracht und muss beruhigt werden.“ Er kritisiert mangelnde Transparenz bei der Planung. Schwartz: „Die Verwaltung hätte besser mit den Bürgern kommunizieren müssen.“ Um das Tempo der Autofahrer zu drosseln, schlagen die Grünen Zebrastreifen und Bremsschwellen vor. Schwartz: „Der Verkehr muss kontrolliert werden, notfalls auch mit fest eingerichteten Blitzgeräten.“
Bürgermeister Zug könne sich eine Rückführung auf das alte System derzeit zwar nicht vorstellen. Eine Nachbesserung in Teilbereichen dagegen schon. Er sagt: „Gerade beim Thema Wilde Wiese bin ich diesbezüglich offen.“