Bargteheide. Protest: Bürger gründen die Initiative Basta und versuchen, den Bau von Mehrfamilienhäusern und einer Parkpalette zu verhindern.
„Retten Sie den Krähenwald“ – diese mahnenden Worte stehen auf einer Unterschriftenliste, mit der Bianca Walter gegen ein geplantes Baugebiet östlich der Bahn in Bargteheide auf Stimmenfang geht. Bianca Walter ist mit ihrem Anliegen nicht allein. 26 Bürger haben sich inzwischen zusammengetan und die Bürgerinitiative „Basta“ gegründet. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, für den Erhalt der Grünflächen im östlichen Bahnhofsgebiet – Hochzeits- und Krähenwald genannt – zu kämpfen. „Basta“ kommt aus dem Italienischen und bedeutet genug.
Nach ersten Entwürfen plant die Stadt Bargteheide auf dem Gelände „An den Stücken“ bis hin zur Bachstraße den Bau von fünfgeschossigen Mehrfamilienhäusern sowie eine dreigeschossige Parkpalette. Mindestens 46 Bäume sollen dafür ersatzlos gefällt werden.
Auch die Naturschutzbehörde des Kreises wird gehört
Schon beim Stadtdialog zum Thema Gestaltung des Bahnhofsumfeldes im Mai dieses Jahres wurden diese Vorschläge sehr kontrovers diskutiert. Die 70 Anwesenden kritisierten schon damals die „massiven Bebauungspläne der Stadt“ und sprachen von einer „Zerstörung der Natur“. 100 Wohnungen, die Hälfte davon Sozialwohnungen, und ebenso viele Parkplätze sind vorgesehen. Die meisten Teilnehmer lehnten ein Bauvorhaben in diesen Dimensionen östlich der Bahnlinie ab. Wie berichtet, legten die Planer beim Stadtdialog veraltete Berechnungen zum Parkplatz-Bedarf vor, die auf der Grundlage basierten, Bargteheide bekomme ein drittes S-Bahngleis.
„Dieses Gebiet ist die grüne Lunge unserer Stadt“, sagt Bianca Walter, „mehr Stadtpark als sonst ein Ort in Bargteheide.“ Das zu erhalten, sei das Ziel von „Basta“. Die Initiative strebe ein Bürgerbegehren an, um einen möglichen Bebauungsplan der Stadt wieder aufzuheben. Dazu müssten 4,5 Prozent aller 13.262 wahlberechtigten Bargteheider auf der Liste der Bürgerinitiative unterschreiben.
Bebauungsplan wird im September ausgelegt
Noch hat die Stadt keinen B-Plan erstellt. „Es fehlen einige Gutachten“, sagt Bauamtsleiter Jürgen Engfer auf Anfrage des Abendblattes. „Wir wissen um die Brisanz des Themas und wollen größtmögliche Transparenz.“ Daher soll der Bebauungsplan auch erst nach den Sommerferien im September ausgelegt werden. Die Stadt will vermeiden, dass die Einspruchsfrist in die Ferienzeit fällt. Nach Auslegung des B-Plans bleiben den Bürgern vier Wochen Zeit, um ihre Bedenken schriftlich vorzubringen. Präzise Vorschläge machten bereits die Teilnehmer des Stadtdialogs. Dass diese bei den weiteren Planungen berücksichtigt werden, bezweifeln die Mitglieder der Bürgerinitiative.
„Wir wollen gerüstet sein“, sagt „Basta“-Mitglied Sieglinde Gutowski. 500 Unterschriften stehen nach ihren Angaben schon auf der Liste für das Bürgerbegehren, 596 sind notwendig. Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind aufgebracht, die meisten von ihnen als Anwohner direkt betroffen. „Wir sind hierher gezogen, um im Grünen zu wohnen“, sagt Christel Klabunde. „Nicht, um auf eine Betonwüste zu blicken.“
Stadt kaufte 2015 Gründstück am Krähenwald
Entlang der Bahngleise schlängelt sich ein Wanderweg. Ein dicht bewachsener Knick ist das Zuhause von ungezählten Tieren. Krähen nisten in den alten Bäumen, Kröten leben in dem kleinen Teich. Es ist ein beliebtes Gebiet für Spaziergänger und Jogger, Mütter mit Kinderwagen und Senioren. Wer eine Auszeit braucht, setzt sich auf eine der Bänke und genießt das Grün. Geht es nach der Stadt, sollen dort künftig Parkflächen und Wohnhäuser stehen.
Erst im Frühjahr vergangenen Jahres hatte die Stadt das 8.000 Quadratmeter große Wacker-Grundstück am Krähenwald gekauft. „Das heutige Bauvorhaben hat mit den Ideen, die man mir beim Verkauf präsentierte, nicht mehr viel zu tun“, sagt Heinz Wacker. Ihm gehören weiterhin 2.000 Quadratmeter, die an das geplante Baugebiet angrenzen. Der 86-Jährige hatte 13 Jahre lang gemeinsam mit Investoren versucht, auf dem Grundstück zu bauen. Vergebens. „Die Stadt hat mir viele Schwierigkeiten gemacht. Die hatten wohl damals schon ihre eigenen Pläne“, sagt Wacker. Er könne die Befürchtungen der Anwohner gut nachvollziehen. Er sei sicher, dass eine solch massive Bebauung einen „einschneidenden Straßenbau“ sowie Zuwegungen für die Feuerwehr nach sich ziehe.
Initiative liegt Natur- und Artenschutz am Herzen
Neubauflächen in Bargteheide sind rar. „Sozialer Wohnungsbau ist ein dringliches Thema. Wir haben lange Wartelisten“, sagt Interims-Bürgermeister Claus Christian Claussen (CDU) zur Begründung für das Bauvorhaben. Den „Basta“-Mitgliedern liege aber vor allem der Natur- und Artenschutz am Herzen. „Hier leben Krähen und Fledermäuse. Die stehen unter besonderem Schutz“, sagt Bernd Martens. „Viele der Bäume sind schon mehr als 100 Jahre alt, die haben doch einen unschätzbaren Wert“, sagt er. Bianca Walter skizziert ein anderes Szenario. Sie fragt: „Müssen wir demnächst zur Naherholung nach Tremsbüttel fahren, damit die Tremsbütteler bei uns vor der Haustür parken können?“
Wie geht es nun weiter? Hat die Stadt einen Bebauungsplan aufgestellt, wird auch die Naturschutzbehörde des Kreises Stormarn um eine Stellungnahme gebeten. Das Abendblatt fragte bei Joachim Schulz, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, nach. Er sagt: .„Die Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes ist ein wichtiges Thema. Wir werden sorgfältig abwägen und uns zu einem späteren Zeitpunkt dazu äußern.“