Ahrensburg. Freiwillige Helfer eilen vom Arbeitsplatz oder mitten in der Nacht zum Einsatz, weil Brandmeldeanlagen ein vermeintliches Feuer melden.

Mitten in der Nacht, während der Arbeit oder einer Familienfeier – Feuerwehrleute in Stormarn müssen an jedem Tag und zu jeder Zeit einsatzbereit sein. Denn eine Berufsfeuerwehr gibt es im Kreis nicht. Es sind ehrenamtliche Helfer, die alles stehen und liegen lassen, sobald der Pieper Alarm gibt.

Doch oft rücken die Männer und Frauen vergeblich aus, weil sogenannte Brandmeldeanlagen, kurz BMA, Alarm auslösen, ohne dass es tatsächlich brennt. So zum Beispiel am gestrigen Sonntag, als ein kaputter Rauchmelder in der Park Klinik Manhagen in Großhansdorf für ein Großaufgebot der Feuerwehr gesorgt.

„Ein Arbeitgeber hat mehr Verständnis, wenn es ein Einsatz ist, über den er in der Zeitung liest.“
„Ein Arbeitgeber hat mehr Verständnis, wenn es ein Einsatz ist, über den er in der Zeitung liest.“ © Julia Sextl

Für die Ehrenamtlichen ist dies eine Belastung. Denn sie stehen nachts auf und gehen unausausgeschlafen am Morgen zur Arbeit oder springen vom Arbeitsplatz auf und fahren zur Wache. Die Arbeit bleibt liegen. „Das ist ein Problem“, sagt Florian Ehrich, Wehrführer in Ahrensburg: „Natürlich hat ein Arbeitgeber mehr Verständnis, wenn es ein Einsatz ist, über den er am nächsten Tag in der Zeitung liest.“ Doch mindestens einmal in der Woche rückt die Ahrensburger Wehr wegen eines Fehlalarms aus. Von 412 Einsätzen im vergangenen Jahr waren 61 Fehlalarme. Ähnlich sieht es auch in Bad Oldesloe aus. Dort waren 2015 gut 20 Prozent der Einsätze Fehlalarme. 359 Einsätze zählten die freiwilligen Helfer in der Kreisstadt, in 70 Fällen war es ein Fehlalarm. Auch in Glinde rückten die Helfer im vergangenen Jahr 30-mal wegen eines Fehlalarms aus. 259 Einsätze zählte die Wehr insgesamt.

Der Grund ist oft ein technischer Defekt

Doch warum kommt es immer wieder dazu, dass Rauchmelder viel Lärm um nichts machen?

„Oft ist ein technischer Defekt der Grund, weil die Brandmeldeanlagen beispielsweise nicht regelmäßig gewartet werden“, sagt Kreisbrandmeister Gerd Riemann. An eine BMA sind alle Rauchmelder eines Gebäudes angeschlossen. Sobald ein Gerät Alarm schlägt, wird automatisch ein Notruf abgesetzt. Solche Anlagen sind unter anderem in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Schulen Pflicht. Aber auch viele Firmen nutzen die Technik. Riemann: „In vielen Einrichtung bekommen die Bewohner gar nicht mit, dass Alarm ausgelöst wurde. Beispielsweise möchte man im Krankenhaus nicht für Panik sorgen.“

Carsten Horn, Chef der 112-Notrufzentrale in Bad Oldesloe, schätzt, dass mehr als 90 Prozent solcher Alarmierungen Fehlalarme sind. 547 Brandmeldeanlagen sind an die Rettungsleitstelle, die für Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein zuständig ist, angeschlossen. 2015 liefen 862 Notrufe durch BMA in der Leitstelle auf. „Die Feuerwehr wird über das Leitstellensystem automatisch alarmiert“, sagt Horn. Dabei wird immer das Großaufgebot losgeschickt. „Wenn es tatsächlich im Pflegeheim oder einer Schule brennt, dann müssen entsprechend viele Kräfte alarmiert werden“, so der Chef der Rettungsleitstelle. So rücken mindestens 20 bis 25 Helfer mit fünf Feuerwehrautos sowie die Besatzungen von Rettungswagen und ein Notarzt aus.

Kommunen erheben für einen Fehlalarm Gebühren von bis zu 750 Euro

„Selbst wenn während der Anfahrt von der Leitstelle durchgegeben wird, dass es ein Fehlalarm ist, müssen wir uns vor Ort erkundigen, ob es nicht wirklich brennt“, sagt Florian Ehrich. Denn die Ahrensburger Feuerwehr hat es schon mal erlebt, dass es tatsächlich in einem Betrieb gebrannt hat, die Mitarbeiter jedoch einen Fehlalarm an die Rettungsleitstelle meldeten. „Die dachten, die könnten das Feuer selbst löschen und hatten offenbar befürchtet, für den Feuerwehr-Einsatz zahlen zu müssen“, mutmaßt Ehrich.

“Oft wird auch beim Kochen in Wohneinrichtungen ein Alarm ausgelöst.“
“Oft wird auch beim Kochen in Wohneinrichtungen ein Alarm ausgelöst.“ © FF Glinde | FF Glinde

Dabei ist der Einsatz der Feuerwehr kostenfrei, sobald es tatsächlich brennt. Nur bei einem Fehlalarm erheben die meisten Kommunen eine Gebühr. In Bad Oldesloe kostet der Einsatz der Retter bei einem Fehlalarm durch eine Brandmeldeanlage pauschal 750 Euro, in Glinde nur 480 Euro. In Ahrensburg wird pro Feuerwehrmann und Fahrzeug berechnet. So kostet ein freiwilliger Helfer pro Stunde 39 Euro, die Drehleiter 300 Euro, weitere Einsatzfahrzeuge zwischen 75 und 150 Euro. „Da kommt schnell eine hohe Summe zusammen“, sagt Ehrich.

Die Arbeitgeber, die während der Einsätze auf ihre Mitarbeiter verzichten müssen, können theoretisch von der Gemeinde Ersatzzahlungen verlangen. Doch, so die Feuerwehrführung, sei das eher die Ausnahme.

Rauchmelder unterscheiden nicht zwischen Rauch, Staub und Wasserdampf

Doch ein technischer Defekt ist nur ein Grund, warum eine Anlage ein vermeintliches Feuer meldet. „Oft macht die Anlage alles richtig, allerdings ist nicht ein Brand der Auslöser“, so Ehrich. Denn Rauchmelder können nicht zwischen Rauch, Staub oder Wasserdampf unterscheiden. Sobald der kleine Lichtstrahl in dem Gerät durch kleinste Partikel unterbrochen wird, schlägt es Alarm. In Ahrensburg wurde zum Beispiel in einer Schule an der Schulstraße Feueralarm ausgelöst, weil bei Bauarbeiten im Gebäude vergessen wurde, den entsprechenden Bereich bei der BMA abzustellen.

In Bad Oldesloe schlägt mehrfach im Jahr die BMA im Krankenhaus Alarm, ohne dass es brennt. Unter anderem sind die Helfer im vergangenen Jahr ausgerückt, weil Wasserdampf bei Reinigungsarbeiten für Alarm gesorgt hat. Auch in einer Schule meldeten die Rauchmelder Feuer, als im Unterricht Magnesium verbrannt wurde.

In Glinde lösten 2015 sogar Abgase eines Lieferwagens Feueralarm in einem Einkaufszentrum aus. „Oft wird auch beim Kochen in Einrichtungen ein Alarm ausgelöst“, sagt Tom Reher, Sprecher der Glinder Wehr, der neben dem Fluch aber auch den Segen solcher Anlagen kennt. Denn die Glinder Wehr hatte 2015 drei BMA-Einsätze, bei denen es tatsächlich gebrannt hatte. Beispielsweise auf der Herrentoilette einer Schule im März, oder im November in einem Industriebetrieb, bei dem ein Feuer im Kabelschacht ausbrach.

Auch Rauchmelder in Wohnungen und Wohnhäusern lösen Fehlalarm aus

„Das zeigt, dass doch immer etwas sein kann und deswegen springen bei uns die Kameraden auf, auch wenn BMA auf dem Pieper steht“, sagt Reher. Auch gebe es laut dem Glinder Feuerwehrmann kaum Probleme mit Arbeitgebern. „Den meisten ist bewusst, dass wir auch bei ihnen schnell vor Ort sind, wenn es brennt.“ Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Feuerwehrleute nicht mehr den Arbeitsplatz verlassen, wenn mal wieder eine BMA Feueralarm ausgelöst hat. „Dann stehen wir manchmal nur mit halber Mannschaft da und müssen nachalarmieren“, sagt Florian Ehrich. Er muss seine Kameraden deswegen immer wieder motivieren. „Es kann immer etwas sein und wir kommen lieber einmal zu viel als zu wenig oder zu spät.“

Dies gilt auch für Fehlalarme in Wohnungen. Zwar wird dabei nicht automatisch ein Notruf abgesetzt, dennoch rufen oft Nachbarn die Feuerwehr. So haben die Helfer in Bad Oldesloe einmal eine Tür aufgebrochen und festgestellt, dass es ein Treppenlift war, der ein rauchmelderähnliches Geräusch erzeugt hat.