Barsbüttel. Nach 18 Jahren an der Spitze geht der Stormarner Landrat in Pension. Neun Orte, mit denen er wichtige Projekte der Amtszeit verbindet.
Er ist ein Mann der klaren Worte. Das bekommen Lehrlinge mit 600 Euro Monatsgehalt ebenso zu spüren wie millionenschwere Firmenchefs, Arbeiter auf Straßenbaustellen wie intellektuelle Künstler bei ihrer Vernissage. Als „meinen Kindergarten“ begrüßte der neue Landrat Klaus Plöger 1998 die neuen Auszubildenden im Kreishaus, sprach die jungen Leute mit „ihr“ an. „Meine erfahrenen Beamtenkollegen haben mich hinterher kopfschüttelnd gefragt, wie ich künftig noch Respekt erwarten wolle“, erzählt Plöger mit einem Lächeln.
18 Jahre sind seitdem vergangen. Dass Respekt keine Sache von Krawatte oder Anrede ist, muss der Barsbütteler schon lange nicht mehr erläutern. Den Sprung aus der Schule – ein Vierteljahrhundert hatte der Lehrer Mathematik und Politik unterrichtet – in die Kreisverwaltung schaffte Plöger problemlos. Dass er zum unkonventionellen Problemlöser wurde, bestätigen dem SPD-Mann sogar politische Gegner. Seine eigene Jobbeschreibung lautete: „Als Chef muss ich 600 Leute so dirigieren, das dabei etwas Vernünftiges rauskommt.“
Wahlsieg trotz Stimmung gegen die Bundes-SPD
51,1 Prozent: Mit diesem Ergebnis wurde Plöger 1998 der erste direkt von den Bürgern gewählte Landrat in Schleswig-Holstein. Und mit genau diesem Ergebnis wurde er im November 2003 wiedergewählt. „Da hatte ich eigentlich gar keine Chance, weil die Stimmung wegen der sozialen Einschnitte von Kanzler Schröder vollkommen gegen die SPD war“, sagt er – hörbar stolz, gegen den CDU-Kontrahenten trotzdem gewonnen zu haben.
Die Amtsinhaber auf einen Blick
Wegen geringer Beteiligung schaffte das Land die Direktwahl wieder ab. Plöger blieb. Mit 85,2 Prozent Ja-Stimmen gab ihm der Kreistag Rückenwind für eine dritte Amtszeit. Jetzt ist Schluss. Mit 67 Jahren will der Barsbütteler eine Auszeit ohne Terminkalender nehmen. „Meine Arbeit werde ich nicht vermissen“, sagt er, „aber die Menschen, die werden mir fehlen.“
Dass er ruhigen Gewissens gehen kann, liegt zum einen an seinem Nachfolger Henning Görtz. „Der bekommt das schon hin“, sagt Plöger über den bisherigen Bargteheider Bürgermeister, den er in den vergangenen Wochen eingearbeitet hat. Zum anderen ist da sein „Kindergarten“: Etliche frühere Lehrlinge haben mittlerweile verantwortungsvolle Aufgaben übernommen.
Müllverbrennungsanlage Stapelfeld
18,75 Millionen Mark (rund 9,6 Millionen Euro) brachte der Verkauf des zehnprozentigen Stormarner Anteils an der Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld 1996 in die Kreiskasse. Doch nach einem langen Rechtsstreit – die Kläger waren der Ansicht, dass die MVA-Millionen den Gebührenzahlern gehörten – stand erst 2005 fest: Der Kreis darf das Geld behalten. Weil im Vertrag stand, dass der Kreis die Anteile zum Januar 2017 zum Nulltarif zurückbekommt, gibt es bei einem möglichen erneuten Verkauf sogar noch einen finanziellen Nachschlag.
Naturerlebnis Grabau
10.000 Kinder haben im Vorjahr das Naturerlebnis Grabau besucht. „Unser Ziel ist es, allen Kindergartenkindern und Grundschülern in Stormarn einen kostenlosen Tagesausflug zu bieten“, sagt Klaus Plöger. Das ermöglichen die Sparkassen-Stiftung und die Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn. Sie kauften 1993 nicht nur den rund 160 Hektar großen Wald direkt am See, sondern bauten für 1,2 Millionen Euro auch die Gebäude. Außerdem schafften sie einen Doppeldeckerbus an und beschäftigen die Waldpädagogen, die unter anderem erklären, wie viel Tiere auf einem Kubikmeter Waldboden leben und warum Bäume manchmal gefällt werden müssen.
Im Mai 2009 wurde das Areal eröffnet. Besucher können Waldlehrpfad, Spielplatz und Niedrigseilgarten jederzeit auch auf eigene Faust erkunden.
Kreiskrankenhaus Bad Oldesloe
Die Asklepios-Gruppe kauft das Kreiskrankenhaus in Bad Oldesloe Ende 2001 für umgerechnet rund 10,5 Millionen Euro. Im Preis enthalten sind die Altenheime in Reinfeld und Ahrensburg. „Ein Kreis kennt sich im Gesundheitswesen nicht wirklich gut aus“, sagt Plöger über den Verkauf des defizitär arbeitenden Hauses mit 255 Betten und 560 Beschäftigten. Nahezu einstimmig fiel auch der Beschluss der Parteien aus. Die Klinik war seit 1928 in der Trägerschaft des Kreises und zuletzt für mehr als 35 Millionen Euro modernisiert worden.
Kunstausstellung in der Sparkassen-Galerie in Oldesloe
Über das „Arschgesicht“ kann Klaus Plöger immer wieder lachen. Die Skulptur des Künstlers Jan Thomas ist in der Galerie der Sparkasse Holstein in Bad Oldesloe zu sehen – ein Lieblingsplatz des Landrats. Rund 240 Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen, Collagen und Fotos hat die Sparkassen-Kulturstiftung seit den 90er-Jahren gesammelt. Knapp die Hälfte ist ausgestellt, ein Teil kann seit Kurzem auf www.museen-nord.de betrachtet werden. Ausstellungsräume – vom Marstall in Ahrensburg bis zur Galerie an der Wassermühle Trittau – wurden aufwendig renoviert.
Möbel Höffner und Barsbüttels Autobahnanschluss
Möbelhaus plus Autobahnanschluss: Barsbüttel, der Heimatort des Landrats, hat sich am stärksten in Stormarn verändert. „Wir haben uns deutliche Worte an den Kopf geworfen“, erinnert sich Plöger an die Gespräche mit Höffner-Chef Kurt Krieger. Nach jahrelangem Hickhack wurde das Gewerbegebiet schließlich erweitert. Krieger investierte nicht nur 100 Millionen Euro in seinen Neubau, sondern zahlte auch 6,2 Millionen für den A-1-Anschluss. Im Herbst 2005 war Einweihung. Ein Jahr später war die Umgehungsstraße für 13,7 Millionen fertig.
Jugendgästehaus Lütjensee
Mehr als 13.000 Übernachtungen im Jahr von 4500 Kindern und Jugendlichen: Das Jugendgästehaus in Lütjensee, das Mitte der 90er-Jahre noch Kreisjugendheim hieß und vor dem Aus stand, ist langfristig gesichert. Es wurde nach und nach modernisiert und erweitert. Die extra gegründete Sparkassen-Stiftung Jugendgästehaus Lütjensee finanziert den Betrieb des 51-Betten-Hauses, zahlte auch einen Anbau für 600.000 Euro. Das nächste Großprojekt: Auf dem alten Zeltplatz sollen für 800.000 Euro 16 Holzhütten erreichtet werden – auch mit EU-Zuschüssen.
Ehemalige Giftmülldeponie Barsbüttel
Die Deponie 80 in Barsbüttel war eine Kiesgrube, in der Chemiefirmen in den 1960er-Jahren hochgiftige Abfälle entsorgten. Nach jahrelangen Verhandlungen übernahmen die Unternehmen den Großteil der 8,3 Millionen Euro teuren Sanierung. Damit der Sanitär- und Heizungsgroßhandel Stitz 2003 auf dem 3,5 Hektar großen Gelände neu bauen konnten, wurde die Ruine des Betonwerks abgerissen. „Damit verschwand auch der Schandfleck am Ortseingang“, sagt Klaus Plöger. Noch heute werden das Grundwasser und die Gasbelastung ständig kontrolliert.
Kreisfeuerwehrzentrale Nütschau
Das Rettungswesen liegt Klaus Plöger besonders am Herzen. So bekam die Kreisfeuerwehrzentrale im Travenbrücker Ortsteil Nütschau unter anderem 2005/2006 einen modernen Übungsplatz für die rund 3300 ehrenamtlichen Mitglieder und eine Halle für den speziell ausgebildeten Löschzug Gefahrgut (zusammen 2,5 Millionen Euro). 2013 wurde das Ausbildungszentrum für rund 2,8 Millionen Euro eröffnet. Das neue Katastrophenschutzzentrum in Bad Oldesloe für drei Millionen Euro wurde 2012 eingeweiht. Die Rettungsleitstelle in der Kreisstadt wurde mehrfach erweitert. Sie koordiniert mittlerweile nicht nur alle 112-Einsätze in Stormarn, sondern auch für die Kreise Herzogtum Lauenburg und Ostholstein.