Reinbek. Politiker rücken vom Mühlenredder ab und wollen Alternativen prüfen lassen, die schon begutachtet wurden. Frust bei Feuerwehrleuten.
Jahrelanger Streit, zahlreiche Gutachten, Rücktritte, Friedensgespräche, dann der Durchbruch – und jetzt fängt offenbar alles wieder bei Null an. Nämlich bei der Suche nach einem neuen Standort für die Feuerwehr in Reinbek. Und schon jetzt zeichnet sich ein Streit ab, der zu eskalieren droht. Viele Politiker, die noch vor zwei Jahren für den Bau des Gerätehauses am Mühlenredder gestimmt haben, rücken jetzt wieder von dieser Entscheidung ab. Sie wollen andere Standorte prüfen lassen, die schon mehrfach geprüft wurden und als ungeeignet gelten. Unter den Freiwilligen Feuerwehrleuten macht sich erneut Frust breit. Zu lange warten sie schon, dass endlich etwas passiert.
Die Geschichte der Standortsuche ist lang: Bereits Anfang der 90er-Jahre stand fest: Die Wache an der Klosterbergenstraße ist marode und der 60er-Jahre-Bau nicht mehr als Feuerwehrwache geeignet. Doch statt eines Neubaus wurde für umgerechnet mehrere Zehntausend Euro saniert. Wenige Jahre später flammte die Debatte über einen neuen Standort wieder auf. Die Verwaltung schlug einen Neubau am Mühlenredder vor, doch die Politik wies dies ab: zu teuer.
Im Oktober 2010 dann ein neuer Versuch seitens des damaligen Bürgermeisters Axel Bärendorf. Er plante den Bau für 6,4 Millionen Euro am Mühlenredder, die Vorlage war schon fertig. 2013 könnte das neue Gebäude stehen, hieß es. Doch die Politik wies ab: zu teuer. Dabei drängte die Zeit. Die Statik des Gebäudes lässt keine schweren Fahrzeuge zu, die Deckenhöhe keine modernen. Ferner gibt es erhebliche Sicherheitsmängel. Deswegen schaltete sich auch die Hanseatische Feuerwehrunfallkasse Nord (HFUK) ein und forderte unverzüglich eine Lösung. Ansonsten sei der Tatbestand der groben Fahrlässigkeit durch Unterlassen gegeben und die Stadt müsse im Schadensfall haften.
Puls tritt nach Abstimmung über den Mühlenredder zurück
Doch passiert ist nichts. Im Dezember 2011 stimmt die Politik über den Standort am Mühlenredder ab. Es kommt zum Eklat. Die SPD wollte geschlossen für das Vorhaben stimmen. Doch ein Politiker aus der Fraktion stimmt dem Grünen-Antrag zu, ein Gutachten in Auftrag zu gegeben. Damit solle geprüft werden, ob die Wache an der Klosterbergenstraße erweitert werden kann. Es war die entscheidende Stimme. Der damalige Vorsitzende des SPD-Ortsverbands, Klaus-Peter Puls tritt zurück.
Die Feuerwehr bezeichnet den Beschluss als Geldverschwendung, da Experten zuvor zu dem Ergebnis gekommen waren, dass ein neuer Standort her muss. Im Februar 2012 kommt Innenminister Klaus Schlie nach Reinbek, um die Wogen zu glätten. Doch es passiert nichts. Aus der Politik heißt es: zu teuer. Auch der Standort am Mühlenredder wird abgelehnt. In der Nähe seien Schulen und Kindergärten. 1000 Kinder seien dort täglich unterwegs.
Friedensgespräche beim Landrat Klaus Plöger
Es wird nach einem anderen Standort gesucht. Die Politiker fassen das Gelände des Betriebshofes an der Hermann-Körner-Straße und ein Areal am Kampsredder ins Auge. Doch schon wie zuvor in teuren Gutachten untersucht, kommen auch neue Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Hilfsfrist an beiden Standorten nicht eingehalten werde. Zehn Minuten nach Alarmierung muss die Wehr jeden Teil von Alt-Reinbek erreichen können.
Dennoch beschließen die Politiker, die Wache auf dem Gelände des Betriebshofes zu bauen. Die Fachaufsichtsbehörde lehnt dies ab. Auch Axel Bärendorf kündigt seinen Rückzug an: Das Zusammenspiel zwischen Verwaltung und Politik sei nicht optimal. Im Februar 2014 kommt es zum Friedensgespräch bei Landrat Klaus Plöger. Alle Fraktionen einigen sich nun tatsächlich doch noch auf den Mühlenredder.
Kampsredder und Betriebshof sollen erneut geprüft werden
Ein jahrelanger Streit scheint beigelegt. Im Juli 2015 ist der Entwurf für das neue Gebäude fertig. Der Bau könnte im Sommer 2016 losgehen. Doch nun kommen wieder Zweifel in der Politik auf: zu teuer. Alle Fraktionen wollen neu beraten. Neben der neuen Wache für rund 4,5 Millionen Euro, die auf einem Grandplatz gebaut werden soll, muss als Ersatz an anderer Stelle ein Kunstrasenplatz für rund eine Million Euro her. Auch die Straße muss für mehrere Hunderttausend Euro umgebaut werden. „Wir sind uns fraktionsintern uneinig, Einige sind für den Mühlenredder andere dagegen“, sagt Herbert Kaphengst (CDU). Volker Müller (SPD): „Wir haben unserer Beratungen noch nicht abgeschlossen. Daher werden wir uns dazu nicht äußern.“
Für die Wählergemeinschaft Forum 21 ist der Mühlenredder gestorben, genauso wie für die Grünen: „Wir machen jetzt den Sack zu“, sagt Günther Herder-Alpen. Die Grünen bringen auch wieder die Standorte Kampsredder und das Betriebshofgelände ins Gespräch. „Wir wollen die Hilfsfrist anders hinbekommen“, sagt der Grünen-Politiker und schlägt Wohnungen für Feuerwehrmänner an der Wache vor. Die Grünen wollen beide Standorte jetzt erneut prüfen lassen.
„Wir haben das schon alles geprüft“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel. Auch die Idee mit den Wohnungen stößt bei ihm auf wenig Zustimmung: „Das sind Ehrenamtliche, die tagsüber arbeiten müssen.“ Die Argumente gegen den Standort Mühlenredder, der nach sämtlichen Gutachten als einziger in Frage kommt, findet Noetzel fraglich. „Der Grandplatz müsste eh erneuert werden. Das kann man jetzt nicht der Feuerwehr zurechnen.“ Auch beim Betriebshof müsste die Straße umgebaut werden, genauso wie beim Kampsredder. Dort müsste man sogar erst das Grundstück kaufen. „Zudem ist dieser Standort viel zu weit vom Krankenhaus entfernt, was das größte Gefahrenpotenzial hat.“
Bei der Feuerwehr löst die erneute Debatte Frust aus. Wehrführer Karsten Hein: „Wir verstehen es nicht.“