Bad Oldesloe. Im Februar wurden nur 64 Hilfesuchende zugewiesen, Unterkünfte nicht ausgelastet. Kreisverwaltung spricht von kurzfristigem Trend.
In der Abteilung von Edith Ulferts bei der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe haben sich die Überstunden drastisch reduziert. Mit Ausnahme einer Kollegin seien die Mitarbeiter alle wieder im grünen Bereich. „Wir können jetzt viel davon aufarbeiten, was liegengeblieben ist“, sagt die Fachbereichsleiterin Soziales und Gesundheit. Sie ist zuständig für die Verteilung der Flüchtlinge in Stormarn. 2336 wurden 2015 in den 55 Kommunen untergebracht. Derzeit ist die Zahl rückläufig. Im Januar kamen 214 Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen, im Februar waren es nur noch 64. Die Folge: In den Städten und Gemeinden gibt es freie Kapazitäten.
Edith Ulferts spricht von einem „kurzfristigen Trend“. Ob das auch für diejenigen Flüchtlinge gilt, die Stormarn wieder in Richtung Heimat verlassen? Das weiß keiner so recht. Fakt ist: Derzeit werden es mehr.
Marco Müller ist Amtsleiter in Ammersbek und zuständig für das Thema Flüchtlinge. Derzeit beheimatet die Gemeinde 98 von ihnen, hat aber 83 freie Plätze. An der Straße Schäferdresch wurden im Februar zwei Häuser in Holzbauweise mit Platz für 48 Personen erstellt. Von den acht Wohnungen sind nur zwei belegt. Dort sind zwölf Hilfesuchende untergebracht. Müller sagt: „Wir haben beim Kreis schon weitere Flüchtlinge angefordert.“
Die Stadt Reinbek hat zurzeit 100 freie Plätze an mehreren Standorten
Auch in Reinbek, wo derzeit 401 Schutzbedürftige leben, sind laut Torsten Christ, Leiter des Amtes für Bürgerangelegenheiten, 100 Plätze an mehreren Standorten nicht genutzt. Seit dem 10. Januar musste die Stadt lediglich drei Neuankömmlinge aufnehmen. Grund für den Leerstand ist nicht nur, dass durch die Schließung der Balkanroute über Griechenland, Mazedonien und Slowenien weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Die Erstaufnahmeeinrichtungen Schleswig-Holsteins sind momentan nicht ausgelastet und werden erst einmal aufgefüllt. „Somit haben die Kommunen Luft, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Anfang April rechne ich aber wieder mit einer vermehrten Zuweisung“, sagt Edith Ulferts.
Davon geht auch Torsten Christ aus, zumal die Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen dort maximal sechs Monate bleiben dürften. Er sagt: „Die hohe Zahl der freien Plätze in unserer Stadt zeigt, dass wir vorausschauend geplant haben.“ In Bad Oldesloe sind laut Verwaltung aktuell 30 Plätze in Flüchtlingsunterkünften nicht belegt. Der Puffer ist im Vergleich zu Reinbek – beide Städte müssen aufgrund ihrer Größe nahezu die gleiche Zahl an Flüchtlingen aufnehmen – gering. Die Kreisstadt wappnet sich für die Zukunft, baut unter anderem das ehemalige Schwesternheim an der Asklepios-Klinik um. Ende April soll es in mehreren Etappen bezogen werden. 100 Menschen finden dort ein Zuhause.
Während Ahrensburg in diesem Jahr schon 68 Flüchtlinge aufgenommen hat, sind es in Glinde nur 17 gewesen. Eine Sporthalle der Grundschule Tannenweg hat die Stadt zur Notunterkunft umfunktioniert. Dort sind 40 Plätze frei. „Dazu haben wir sechs leere Wohnungen“, sagt Amtsleiter Bernd Mahns. Trotzdem geht die Kommune von 300 Neuankömmlingen in diesem Jahr aus und baut weitere Unterkünfte. Am Willinghusener Weg wurden neben zwei bestehenden Häusern in Modulbauweise, die pro Stück rund 500.000 Euro kosten und jeweils Platz für 26 Menschen bieten, zwei weitere aufgestellt. Sie werden jetzt eingerichtet und sollen Anfang April bezugsfertig sein. Dazu entstehen im Herbst am Schlehenweg drei baugleiche Häuser für die Unterbringung von 78 Personen. Kosten für die Häuser an den beiden Standorten: rund drei Millionen Euro.
Für solche Bauten gehen die Kommunen in Vorleistung, holen sich das Geld aber wieder. „Die Heime, die ausschließlich für Flüchtlinge vorgesehen sind, können über die Dauer von 20 Jahren abgeschrieben werden“, sagt Torsten Christ. Das Land zahle 90 Prozent davon, der Kreis zehn. Allerdings nur, wenn die Plätze auch belegt sind. Der Reinbeker Amtsleiter sagt: „Bei leeren Unterkünften bleiben die Kommunen auf den Baukosten sitzen.“
Edith Ulferts sagt, man könne derzeit ob der politischen Diskussionen auf höchster europäischer Ebene gar nicht absehen, wie sich die Flüchtlingszahlen hierzulande langfristig entwickelten. Der Glinder Amtsleiter Bernd Mahns geht trotzdem nicht von einem lang anhaltendem Leerstand und damit Mehrkosten für die Stadt aus. Er sagt gegenüber dem Abendblatt: „Da habe ich gar keine Angst.“ Sollte dieser Fall jedoch eintreten, habe die Stadt schon einen B-Plan. Mahns: „Dann widmen wir die Häuser in Obdachlosenunterkünfte um, würden das Geld so vom Jobcenter bekommen.“
Einige Flüchtlinge verlassen den Kreis Stormarn freiwillig Richtung Heimat
Unterdessen kehren immer mehr Flüchtlinge Stormarn den Rücken und gehen freiwillig zurück in ihre Heimat. „Im vergangenen Jahr haben bei uns 58 Menschen Ausreiseanträge gestellt, bis 22. Februar 2016 waren es allein bereits 33 Freiwillige, die hier vorstellig geworden sind“, sagt Ulferts. Dabei handele es sich um Menschen verschiedener Nationalitäten. Auch Syrer, Iraker und Afghanen seien dabei.
Über die Gründe müssen die Flüchtlinge in Bad Oldesloe keine Angaben machen. Die Fachbereichsleiterin sagt: „Einige leiden, dass sie den Rest der Familie nicht um sich haben. Aber neben dem Heimweh sind es gewiss auch die langen Asylverfahren oder der fehlende Anschluss.“ Kurzum: Vielen Ausreisewilligen geht es offenbar nicht schnell genug voran. Ob die offiziellen Zahlen der freiwilligen Rückkehrer auch die tatsächlichen sind, ist allerdings ungewiss. Denn statistisch erfasst werden nur diejenigen, die sich keine Rückreise leisten können. Sie werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg bei ihrem Vorhaben unterstützt, können die Erstattung der Reisekosten sowie eine Starthilfe für den Wiedereinstieg im Heimatland beantragen. Edith Ulferts: „Das sind zwischen 500 und 1300 Euro.“
Wie viele Flüchtlinge inzwischen Stormarns größte Stadt Ahrensburg freiwillig verlassen haben, das weiß die Verwaltung nicht. „Darüber führen wir keine Statistik“, sagt Rathaussprecherin Imke Bär auf Anfrage. Reinbeks Amtsleiter Torsten Christ berichtet von einem halben Dutzend Irakern, die im vergangenen Jahr zurück in die Heimat gegangen seien. In den ersten beiden Monaten 2016 seien 15 Syrer untergetaucht, darunter auch Familien. „Sie haben ihre persönlichen Sachen mitgenommen und wurden seitdem nie wieder gesehen.“ Die Verwaltung hat sie inzwischen beim Kreis in Bad Oldesloe abgemeldet.