Hamburg. Am Sonntag wirbt Heidi Laute-Sies um Sponsoren für die Vollendung des Ahrensburger Mosaiken-Projekts.

Kunst kann echte Knochenarbeit sein. Heidi Laute-Sies weiß das aus leidvoller Erfahrung. Und das kann sich jeder sofort vorstellen, der sie zu Hause besucht. Es reicht ihr dezenter Hinweis vor dem Rundgang: „Das haben wir alles selbst gemacht.“ Mit „alles“ meint sie die Böden in jedem Raum. Überall sind Fliesen verlegt, in kleinen Teilen, die geometrische oder schlicht formschöne freie Muster ergeben, dazwischen stilisierte Motive mit Fabelwesen – allesamt begehbare Bilder, überwiegend in Nuancen von Weiß- und Grautönen, fantasievoll und prächtig wie sorgfältig gewebte kostbare Teppiche. Wer es sieht, dem erschließt sich unmittelbar, wie mühevoll angewandte Kunst ist. Der kreative Akt ist eine Sache, die handwerkliche Ausführung eine weitere, oft sehr zeitaufwendige. Heidi Laute-Sies erzählt, dass ihr zweiter Mann und sie Jahre gebraucht hätten, bis das eigene Haus komplett gestaltet war. Mit seinen Bodenmosaiken, den selbsterschaffenen Glasfenstern, den Gemälden und anderen Sammlerstücken, mit Ornamenten, lackierten Täfelungen und Spiegeln ist es jetzt ein bewohnbares Gesamtkunstwerk.

Es war ein letzter Wunsch Rolf Lautes, dass seine Ex-Frau sein Werk vollendet

Heidi Laute-Sies hat 38 Jahre lang als Kunsterzieherin gearbeitet. 2004 wurde sie pensioniert und hat seither mehr Zeit für das, was sie bis dahin nebenher machte: Glaskunst vor allem, eigene Projekte, aber auch Auftragsarbeiten. Vor zweieinhalb Jahren kam ein Auftrag hinzu, der sich als besondere Knochenarbeit erwiesen hat. Heidi Laute-Sies soll als einen letzten Wunsch ihres 2013 verstorbenen Ex-Mannes Rolf Laute ein Werk vollenden, das dieser 1990 in Ahrensburg begonnen, aber nie fertiggestellt hatte.

„Galerie der Hände – gewidmet allen Ahrensburgerinnen“, nannte Rolf Laute das Projekt, mit dem er 1990 den Magistrat der Stadt überzeugte, ihm die Gestaltung der „Kunst am Bau“ im Fußgängertunnel Manhagener Allee zu übertragen. Lautes Idee bestand aus mehreren Teilen. Als Entree sollten zu beiden Seiten des Tunneleingangs an den gegenüberliegenden Wänden die Namen und Berufe von vorbildlichen Ahrensburger Frauen als rot und schwarz geflieste Inschriften an den weiß gekachelten Tunnelwänden aufs Thema einstimmen.

Arbeit am Mosaik nach Picassos Bild  „Dora Maar mit grünen Fingernägeln“
Arbeit am Mosaik nach Picassos Bild „Dora Maar mit grünen Fingernägeln“ © HA | Lutz Wendler

Herzstück des Entwurfs war die „Galerie der Hände“: 22 großformatige Mosaiken auf den Tunnelwänden mit Motiven aus bekannten Gemälden der Kunstgeschichte. Laute hatte sich dabei auf das Detail weibliche Hände konzentriert, das er in markante Fliesenraster übersetzte. Er startete mit viel Elan, um das Ganze bis zur Eröffnung des Tunnels fertigzustellen. Doch die Arbeit erwies sich als aufwendiger als gedacht. Zudem wurde Laute immer mehr in das von ihm begründete, wachsende Projekt „Die Schlumper“ mit behinderten Künstlern eingebunden.

Rolf Laute meldete sich 2010 bei der Stadt Ahrensburg

Ende 1995 waren erst elf der 22 Wandmosaiken fertig. Als es danach nicht weiterging, beschloss der Magis­trat, die übrigen Flächen von Schülern mit Graffiti gestalten zu lassen, was nicht mehr als ein unbefriedigendes Provisorium wurde. Zur Überraschung der städtischen Verwaltung meldete sich Rolf Laute 2010 wieder in Ahrensburg und kündigte an, seine Arbeit fortzusetzen. Er schaffte jedoch nur noch ein weiteres – nicht bezahltes – Mosaik nach einem Velázquez-Gemälde, bevor er schwer erkrankte und starb.

Heidi Laute-Sies soll nun sein Vermächtnis erfüllen. „Es hat ihn sehr gepeinigt, dass er den Auftrag nicht vollständig ausgeführt hat“, sagt sie, die von 1960 bis 1970 mit Rolf Laute verheiratet war und danach gelegentlich mit ihm zusammenarbeitete. Auch am Ahrensburger Tunnelprojekt war sie beteiligt, also eingeweiht in Planung und Ausführung. Deshalb bat ihr Ex-Mann sie, das Werk, das ihm auf der Seele lag, zu vollenden.

Die Namen verdienter Ahrensburger Frauen in der „Galerie der Hände“
Die Namen verdienter Ahrensburger Frauen in der „Galerie der Hände“ © Lutz Wendler | Lutz Wendler

Heidi Laute-Sies fertigte 2015 im Auftrag der Stadt zwei Mosaiken. Danach wurde beschlossen, dass die Künstlerin auch die noch fehlenden acht Bildnisse ergänzen solle. Allerdings wird die Stadt von den geschätzten 21.000 Euro Gesamtkosten, die gemessen am Aufwand ein Low-Budget-Preis sind, höchstens zehn Prozent übernehmen. Der Rest soll durch Spenden zusammenkommen.

Am verkaufsoffenen Sonntag wird am Rondeel für das Projekt geworben

Beim Sammeln will Ahrensburg helfen. Auftakt ist eine vom Stadtforum initiierte Aktion. Heidi Laute-Sies wird am Sonntag, 6. März, von 13 bis 18 Uhr an einem Stand auf dem Rondeel für das Mosaiken-Projekt werben. Wenn genug Geld zusammen ist, will sie die nächsten Kachelbilder vorbereiten. Das wird wieder echte Knochenarbeit, denn die dicken Kacheln, die durch leichter zu verarbeitendes Glas ergänzt werden, haben eine extrem harte frostfeste Glasur, so dass sie mit einer Flex grob geschnitten und aufwendig nachgeschliffen werden müssen, damit sich das Puzzle passgenau legen lässt.

Heidi Laute-Sies hofft, dass der erneute Blick aufs Tunnelprojekt viele Bürger zum Spenden animiert. Damit sich Stein für Stein zu einem Gesamtbild fügt, das Ahrensburg schmückt.