Oststeinbek . Verwaltung empfiehlt den Mazedonier Livent Kurtisov, seine Frau und die zwei Kinder für Drei-Zimmer-Wohnung. Besitzer lehnt sie ab.
Eigentlich müsste Livent Kurtisov mit einem breiten Grinsen durch die Gegend laufen. Am vergangenen Sonnabend hat seine Frau Rejhan ihr zweites Kind zur Welt gebracht, einen gesunden Jungen. Er heißt Toprak. Doch die Freude des 36 Jahre alten Fleischers über das neue Familienglück ist getrübt, zu groß sind seine Sorgen um die Wohnsituation der Familie. Sie lebt derzeit in Oststeinbek zu viert auf 23 Quadratmetern in einem Zimmer. Hoffnungen, demnächst in eine größere und öffentlich geförderte Bleibe an der Möllner Landstraße umzuziehen, haben sich zerschlagen, obwohl sich die Gemeinde für die Kurtisovs stark gemacht hatte. Doch der Vermieter, das Wohnungsunternehmen Buwog Group, lehnt die Familie ab.
Die Küche ist Durchgangsraum ohne Sitzmöglichkeit
„Unsere Wohnung war schon für drei Personen zu klein“, sagt Kurtisov. Platz zum Spielen hat sein älterer Sohn, der zweieinhalb Jahre alte Cihan, dort nicht wirklich. Die braune Ledercouch dient zugleich als Bett für die Eltern, in einem schmalen Kleiderschrank sind sämtliche Sachen der Familie untergebracht. Und ein Kinderbett ist auch noch aufgestellt, schränkt die Bewegungsfreiheit weiter ein. Die Küche ist ein Durchgangsraum ohne Sitzmöglichkeit. Kurtisov: „Bei uns spielt sich wirklich alles in einem Zimmer ab, der Zustand ist katastrophal. Ich bin einfach nur traurig darüber.“
356 Euro warm zahlt der Mazedonier, der seit 28 Jahren in Deutschland lebt, für die kleine Wohnung in einer Seitenstraße. Er arbeitet in der Produktion eines Lebensmittelherstellers in Hamburg, verdient dort 890 Euro netto im Monat. Seine Frau bekommt 456 Euro vom Sozialamt. Sie stammt genauso wie er aus Mazedonien, ihr Status ist noch ungeklärt, eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt. „Die wird sie bekommen, das hat man uns in einem Schreiben mitgeteilt“, sagt ihr Mann. Später will die gelernte Schneiderin wieder in ihrem Beruf tätig werden. Heute wird die 27-Jährige aus dem Krankenhaus entlassen. Das Paar ist seit drei Jahren verheiratet.
Suche nach größerer Wohnung schien am Ende
Ihre Suche nach einer größeren Bleibe schien im Dezember vergangenen Jahres ein Ende zu nehmen. Die Gemeinde empfahl die Kursitovs bei der Buwog Group für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 78 Quadratmetern im ersten Stock eines in den 90er-Jahren erbauten Hauses. Hinter dem Gebäude befindet sich ein Kinderspielplatz. Hierfür ist ein Paragraf-8-Schein erforderlich. Diesen hat die junge Familie. Es folgte ein Treffen mit den aktuellen Mietern Renate und Ronald Lange, die gekündigt hatten und demnächst in eine Eigentumswohnung ziehen. Sie zahlen derzeit 700 Euro Miete warm im Monat. „Wir dachten, dass die Kurtisovs unsere Nachfolger werden“, sagt Renate Lange.
Doch Mitte Januar teilte die Gemeinde ihr mit, dass das Wohnungsunternehmen die Madezonier, dessen Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit haben, nicht einziehen lässt. Man habe zwar ein Vorschlagsrecht, über die Vergabe entscheide jedoch allein die Buwog, sagte die zuständige Sachbearbeiterin aus dem Rathaus der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn.
Für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Wohungsunternehmen ist die Firma Rueckerconsult zuständig. Deren Leiter Finanzkommunikation Peter Dietze-Felberg sagt: „Wir haben die Unterlagen geprüft und sind dabei auf einen negativen Schufa-Eintrag gestoßen. Die unzureichende Bonität des potenziellen Mieters war ausschlaggebend dafür, die Anfrage abzulehnen.“
Aktuelle Mieter haben rund 20.000 Euro in Wohnung investiert
Livent Kurtisov bestätigt jenen Schufa-Eintrag. „Ich habe als 18-Jähriger einen Handy-Vertrag abgeschlossen, war damals arbeitslos. So haben sich Schulden angehäuft.“ Rund 6000 Euro seien es gewesen, zurückgezahlt habe er sie bis heute nicht. „Weil die Kinder zuerst kommen“, sagt er – und meint damit nicht nur Cihan und Toprak. Mit seiner ersten Frau, einer Deutschen, hat der Mazedonier ebenfalls zwei Kinder. Sie sind inzwischen im Teenager-Alter.
Renate Lange, die mit ihrem Mann in den vergangenen Jahren rund 20.000 Euro in die Wohnung investiert hat, ist sauer auf die Buwog. Auch, weil es Streitigkeiten über die Renovierung gibt. Sie sagt: „Wir haben Parkett und Fliesen verlegen lassen, hochwertige Türen eingebaut. Jetzt sollen wir das alles rausreißen.“ Angedacht sei gewesen, diese Sachen der Familie Kurtisov unentgeldlich zu überlassen.
Buwog – Österreicher mit 51.700 Wohnungen
Die Buwog Group ist ein börsennotiertes österreichisches Wohnungsunternehmen mit Hauptsitz in Wien und Niederlassungen unter anderem in Berlin, Hamburg und Lübeck. Es besitzt in Österreich und Deutschland rund 51.700 Wohnungen.
In Hamburg und einem Einzugsgebiet, das 15 Kilometer über die Stadtgrenze hinweg reicht, sind es 2867 Einheiten. Auch in Oststeinbek im Kreis Stormarn vermietet das Unternehmen Wohnraum.
Gegründet wurde Buwog 1951 von der Republik Österreich zum Zweck der Wohnungsfürsorge für Bundesbedienstete, ist inzwischen privatisiert.