Stapelfeld. Zwischen Stapelfeld und Rahlstedt sollen länderübergreifend Firmen angesiedelt werden. Es wäre das allererste dieser Art.

Das Dorf Stapelfeld und der Stadtteil Rahlstedt, der Kreis Stormarn und der Bezirk Wandsbek, das Land Schleswig-Holstein und die Hansestadt Hamburg könnten in absehbarer Zeit ein bisschen mehr zusammenwachsen. Im Grenzgebiet wollen die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) und ein Hamburger Unternehmer ein neues Gewerbegebiet erschließen. Ein Gewerbegebiet, das vor allem ein Alleinstellungsmerkmal hätte: die Landesgrenze mittendrin. Es wäre das allererste dieser Art. Ein Pilotprojekt.

„Wir wollen zeigen, dass gemeinsame Wirtschaftsförderung möglich ist“, sagt WAS-Geschäftsführer Norbert Leinius. „Wenn man bemüht ist, den Siedlungsraum optimal zu nutzen, muss man sich zusammensetzen und gemeinsam etwas machen“, ergänzt sein designierter Nachfolger Detlev Hinselmann. Denn, so der Tenor: Die Wirtschaft mache vor Ländergrenzen nicht Halt.

IHK und Handelskammer Hamburg fordern schon seit Jahren engere Kooperationen

Im Hause der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck gefallen derlei Pläne. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Rüdiger Schacht spricht von einem Leuchtturmprojekt. Er erinnert an das Projekt „Wirtschaftsraum A 1“. In einem in Ahrensburg vorgestellten Positionspapier forderten die IHK und die Handelskammer Hamburg schon vor fünf Jahren, länderübergreifende Kooperationen auszubauen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Region weiter zu stärken.

Eine Vision, die nun womöglich bald Wirklichkeit wird. Bislang greifbarstes Resultat der Planungen bei Stapelfeld ist ein Gutachten. Die WAS und die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) hatten es Ende 2014 bei einem Berliner Büro in Auftrag gegeben. Nun liegen Ergebnisse vor, die aber noch unter Verschluss gehalten werden: Die WAS-Chefs und Landrat Klaus Plöger wollen sie im Februar erst mal den Stapelfelder Gemeindevertretern präsentieren – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und auch auf Hamburger Seite soll die Bezirksversammlung Wandsbek erst auf den aktuellen Stand gebracht werden.

Merkurpark könnte als Vorbild für das neue Gewerbegebiet dienen

Norbert Leinius: „Die Gutachter sollten herausfinden, wo Gewerbe landschaftsverträglich, von hoher städtebaulicher Qualität und ohne zusätzliche Verkehrsbelastung möglich ist.“ Der den Experten an die Hand gegebene Untersuchungsraum ist ungefähr vier Quadratkilometer groß, er umfasst den Ende der 90er-Jahre am Rande von Hamburg-Rahlstedt entstandenen Merkurpark östlich, südöstlich und südlich. Das Gebiet reicht von den letzten Hochhäusern der Rahlstedter Siedlung Großlohe im Westen bis ans Stapelfelder Mini-Gewerbegebiet Stormarnring im Osten, vom Autobahn- zubringer Sieker Landstraße (L 222) im Norden bis zur Verlängerung des Von-Eichendorff-Wegs im Süden. Klar ist, dass nicht die ganze Fläche bebaut werden soll, sondern nur ein Bruchteil davon. Weil sich eine Erschließung über die L 222 besonders anbieten würde, dürfte eine Verlängerung des Merkurparks in Richtung Stapelfeld besonders wahrscheinlich sein.

Der Merkurpark mit seiner hochwertigen Erscheinung hat es dem WAS-Chef ohnehin angetan. Das Edel-Gewerbegebiet könnte als Vorbild dienen für das, was nun geplant wird. „Das Ganze soll von einem Grüngürtel eingefasst werden“, sagt Leinius, der außerdem darüber nachdenkt, geparkte Autos unter die Erde zu verbannen – was ungewöhnlich für ein Gewerbegebiet wäre, aber zum hohen Anspruch passen würde.

In zwei Jahren könnte es losgehen

In zwei Jahren, schätzt Leinius, könnte es losgehen zwischen Stapelfeld und Rahlstedt. Bis dahin gilt es noch, einiges zu regeln, zum Beispiel die Frage, wie die Gewerbesteuer unter den künftigen Partnern aufgeteilt wird. In Hamburg liegt der Hebesatz mit 470 Prozent deutlich über dem in Stapelfeld. „Aber das sind Sachen, die sich vertraglich regeln lassen“, sagt Keno Kramer, Sprecher der Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EGNO). „Die beiden Kommunen könnten sie beispielsweise unter sich aufteilen.“

Die Norderstedter blicken jetzt mit Interesse nach Stormarn: Vor gut zehn Jahren, als das heute florierende Gewerbegebiet Nordport am Hamburger Flughafen entwickelt wurde, gab es auch Gespräche mit Hamburg. „Aber damals war Hamburg noch nicht so weit, die Rahmenbedingungen auf Arbeitsebene waren schwierig.“ Kramer ist überzeugt, dass das Regulatorische auch damals schon zu klären gewesen wäre, „aber es gab wohl noch mentale oder psychologische Hürden“. „Heute“, meint er, „lassen sich solche Kooperationen über die Landesgrenze sicher besser arrangieren.“

Das zeige sich mittlerweile auch in Norderstedt: Die IHK zu Lübeck und die Handelskammer Hamburg haben in den Nordport-Towers eine gemeinsame, länderübergreifend agierende Geschäftsstelle. Und die Landesmedienanstalt, zuständig für beide Bundesländer, hat Räume an der Rathausallee bezogen.