Lübeck. Ehemalige Leiterin Angelika Andres klagte gegen Stadt. Verwaltungsrichter Meerjanssen: „Das hätte man mit Mediation hinkriegen können“

Für die Ahrensburger war der Gerichtstermin ein Auswärtsspiel – was den schönen Nebeneffekt hatte, dass ein frischer Blick auf manches geworfen wurde, was in der Schlossstadt als normal empfunden wird, tatsächlich aber auf Außenstehende skurril wirken mag. Das Ganze führt zu einem kuriosen Ergebnis: Das Bewerbungsverfahren für die Neubesetzung des Bauamts, das sich über vier Monate hinzog, wird wiederholt.

Der Reihe nach. Das Verwaltungsgericht Schleswig war den Ahrensburgern im Wortsinne entgegengekommen und hatte die mündliche Verhandlung zur Klage der früheren Bauamtsleiterin Angelika Andres gegen ihren Dienstherrn, die Stadt Ahrensburg, nach Lübeck in die Räume des Landgerichts verlegt. Richter Helmut Meerjanssen eröffnete die Verhandlung mit einer süffisanten Bemerkung über die Papierkonvolute, die Bürgermeister Michael Sarach und Thomas Reich, Justiziar der Stadt, als Ahrensburgs Vertreter vor sich liegen hatten. „Sie haben ja eine Menge Papier dabei. Na, versuchen wir mal, ein bisschen Struktur reinzubringen.“

Die Papiersammlungen sind beredtes Bild einer verfahren erscheinenden Personalsache. Angelika Andres, die am 1. April 2011 in Ahrensburg als neue Bauamtsleiterin angetreten war, wurde nach Querelen hinter den Kulissen und längerer Krankheit von Bürgermeister Sarach nach knapp drei Jahren ihres Amtes enthoben und wird seither interimistisch durch ihren Vertreter Ulrich Kewersun ersetzt, der allerdings nicht die formalen Voraussetzungen für die Besetzung dieser Position erfüllt.

Angelika Andres bekam nach ihrer Rückkehr im August 2014 die neue Aufgabe, eine Strategie für das Stadtmarketing in Ahrensburg zu erarbeiten. Die Stelle der Bauamtsleitung wurde in diesem Juli neu ausgeschrieben. Die Verwaltung entschied sich für einen von acht Bewerbern, musste dessen Vorstellung im Hauptausschuss aber verschieben. Der Grund dafür war ein Eilantrag von Angelika Andres. Und an dieser Stelle wird es pikant, weil die Stadt offenbar Fehler gemacht hat, die vermeidbar gewesen wären und jetzt peinlich für Ahrensburg werden und zudem mit Kosten verbunden sind.

Zwei Klagen führt Andres gegen ihren Dienstherrn. Zunächst ging es um ihren Widerspruch gegen die Umsetzung auf die Stadtmarketing-Stelle, die sie ihrer Qualifaktion als nicht angemessen ansieht. Der Bürgermeister versäumte, über diesen Widerspruch zu entscheiden, woraufhin Mischa Färber, Andres’ Anwalt, eine Entscheidung per Feststellungsklage forderte.

Wie das Szenario einer Komödie klingt der Grund für den Eilantrag. Angelika Andres hatte sich auch in der Neuausschreibung für ihre alte Stelle beworben und war von der Personalberatung zum Assessment-Center eingeladen worden, weil sie die Kriterien der Ausschreibung erfüllte – spöttische Bemerkung am Rande der Verhandlung: rein formal sogar mehr als alle Mitbewerber. Als Bürgermeister Sarach davon erfahren hatte, lud er sie am Tag vor der Verhandlung wieder aus. Das betrachtete Andres als nicht zulässig und verlangte Klärung vor Gericht.

Verwaltungsrichter Meerjanssen wollte beide Angelegenheiten rasch zu einem vorläufigen Ende bringen – obwohl er erkennbar irritiert war über offensichtliche Versäumnisse der Verwaltung und die unnötige Verknotung eigentlich gar nicht so schwieriger Sachverhalte. Zum Streitpunkt in der Sache mit dem Widerspruch wurde eine dienstliche Beurteilung, die Angelika Andres erbeten hatte, um sich anderswo neu bewerben zu können. Ihr Anwalt Mischa Färber berichtete, dass er ein Gentlemen’s Agreement mit Sarach getroffen habe, den Widerspruch fallenzulassen, sobald die Beurteilung vorliege. Doch der Bürgermeister lieferte nicht. Deshalb sei es zur Klage gekommen.

Am Ende brachte Richter Meerjanssen einen doppelten Vergleich zustande. Die Stadt Ahrensburg schreibt das Verfahren für die Neubesetzung der Bauamtsleitung neu aus – damit ist der Eilantrag von Angelika Andres gegenstandslos. Und Bürgermeister Michael Sarach liefert bis Ende Januar 2016 eine Beurteilung der fachlichen Arbeit von Angelika Andres, mit der sie sich neu bewerben könnte. Dafür zieht sie ihren Widerspruch gegen die Umsetzung zurück. Beide Parteien teilen sich die Verfahrenskosten von 17.700 Euro beziehungsweise 5000 Euro. Und die Stadt Ahrensburg muss erneut ein Bewerbungsverfahren finanzieren.

Stoßseufzer des Richters: „Das alles hätte man auch ohne Gericht mit einer Mediation hinkriegen können.“