Ahrensburg. Im Prozess gegen vier ehemalige Feuerwehrleute erzählen Freunde, dass alle wussten, wer für die Feuer in Ahrensburg verantwortlich ist.

„Er hat es überall rumerzählt, war stolz darauf und hat sich jedes Mal gefreut, wenn er es gemacht hat“, sagt eine 17 Jahre alte Schülerin, die am zweiten Prozesstag gegen die mutmaßlichen Brandstifter von Ahrensburg aussagt. Auch andere Zeugen bestätigen am Montag vor dem Jugendschöffengericht, dass sie schon Ende 2013 wussten, wer für die zahlreichen Strohballenbrände in Ahrensburg und Umgebung verantwortlich war.

Es ist eine Clique von rund 30 jungen Männern und Frauen zwischen 16 und 25 Jahren. Sie treffen sich regelmäßig vor dem Penny-Markt in der Ahrensburger Innenstadt oder auf dem Parkplatz bei McDonald’s. „Er hat damit rumgeprahlt, für die Feuer verantwortlich zu sein“, sagt auch ein 20-Jähriger, der selbst zu der Gruppe gehörte. Gebrüstet hatte sich ein Hamburger, 20, der bereits von einem Jugendrichter in Ahrensburg wegen Brandstiftung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ist. Genauso wie ein 18-Jähriger, der für ein Jahr und zehn Monate ins Gefängnis muss. Jeder in der Gruppe wusste, dass beide ein Jahr lang Brände legten. Und dass die vier ehemaligen Feuerwehrleute, die jetzt auf der Anklagebank sitzen, die Feuer bei den Verurteilten in Auftrag gegeben haben.

Einige Freunde waren bei den Brandstiftungen dabei

„Er sagte auch, dass er Geld von den Feuerwehrleuten dafür bekommt“, erinnert sich der Zeuge. Auch die vier ehemaligen Feuerwehrleute gehören zu der Clique. „Haben Sie mal einen von den Angeklagten darauf angesprochen?“, will die Richterin wissen. „Ja, und ich war schockiert, als einer mir es erzählt hat“, sagt der junge Mann, der inzwischen in Buchholz lebt.

Einige Mitglieder der Gruppe wussten zudem nicht nur von den Brandstiftungen, sie waren sogar dabei. Eine 17 Jahre alte Schülerin aus Ahrensburg erinnert sich. Sie und eine Freundin hatten sich mit den bereits verurteilten Brandstiftern in der Ahrensburger Innenstadt verabredet. „Wir wollten in der Gegend rumfahren und waren plötzlich in Ahrensfelde“, erinnert sich die Schülerin: „Einer sprang aus dem Auto mit einer vollen Flasche Benzin und kam mit einer leeren wieder vom Feld zurück, da hat es schon gebrannt“, sagt die Zeugin. „Danach sind wir zu McDonald’s gefahren, wo die anderen auf uns warteten“, sagt die Jugendliche, der die Aussage schwerfällt. Sie spricht mit leiser Stimmer. Genauso wie ihre Freundinnen, die auch am Montag als Zeuginnen aussagen müssen.

Bei Fragen zu Auftraggebern können sich die Zeugen plötzlich nicht mehr erinnern

Es fällt auf, dass die 16 und 17 Jahre alten Schülerinnen sich kaum erinnern können, wenn Fragen zu den Auftraggebern kommen. „Ich weiß es nicht mehr, es ist schon so lange her“, sagt eine 17-Jährige, die kaum zu verstehen ist und sehr schüchtern wirkt. Die Richterin will wissen: „Wie kommt es, dass Sie vor kurzem noch Angaben machen konnten, heute aber nichts mehr erinnern?“ Im Verfahren gegen die Auftragnehmer habe sie die Feuerwehrleute nämlich noch belastet.

Mit leiser Stimme sagt auch eine 16-Jährige aus – und kann sich an nichts mehr erinnern. Nicht daran, dass die Feuerwehrmänner Geld für das Legen der Brände gezahlt haben sollen, noch daran, dass einer der Auftraggeber die Brandstifter zum Tatort gefahren hat. Das verwundert die Richterin, zumal die Jugendliche bei der Vernehmung bei der Polizei sehr wohl konkrete Angaben machen konnte.

Auch eine andere 17-Jährige konnte bei der Polizei detailliert erzählen, wie einer der Angeklagten anfing zu zittern, als er erfuhr, dass ein Freund gegen ihn ausgesagte hatte. Sie sagte den Beamten im November vergangenen Jahres sogar, dass er seinen Akku aus dem Handy nahm, damit er nicht geortet werden konnte. Am Montag vor Gericht konnte sie sich daran nicht mehr erinnern. Der Staatsanwalt nimmt ihnen die Erinnerungslücken nicht ab. Offenbar wollten die Mädchen die jungen Männer schützen.

Der Ankläger wirft den vier Männern vor, zwischen Oktober 2013 und Oktober 2014 für neun Feuer in Ahrensburg und Umgebung verantwortlich zu sein. Damit sie nicht selbst ins Visier der Ermittler geraten, sollen sie die Brände in Auftrag gegeben und 40 Euro gezahlt haben. Der Prozess wird am 10. November fortgesetzt.

Darum geht’s: Neun Brände, 126.000 Euro Schaden

30. Oktober 2013: 800 Strohballen brennen zwischen Meilsdorf und Ahrensfelde, Schaden: 31.310 Euro.

12. Januar 2014: Ein Papiercontainer in der Ahrensburger Innenstadt geht in Flammen auf. Schaden: 950 Euro.

12. Januar 2014: 300 Strohballen brennen auf einem Feld am Starweg in Ahrensburg. Schaden: 11.460 Euro.

18. Januar 2014: Mehr als 300 Strohballen brennen am Ahrensburger Redder in Ahrensburg. Schaden: 15.000 Euro.

20. Januar 2014: 500 Ballen gehen auf einem Feld in der Nähe des Autobahnrastplatzes Ellerbrook in Siek in Flammen. Schaden: 18.000 Euro.

27. Juli 2014: Am Brauner Hirsch in Ahrensburg vernichtet ein Feuer 500 Strohballen. Schaden: 24.700 Euro.

21. September 2014: 150 Ballen brennen am Ahrensburger Redder. Schaden: 8000 Euro.

20. Oktober 2014: 500 Strohballen brennen auf einem Feld an der Teichstraße in Ahrensburg. Schaden: 15.000 Euro.

27. Oktober 2014: Dunghaufen in Ahrensburg. Schaden: 2000 Euro.