Ahrensburg. Vier Ahrensburger Feuerwehrleute vor Gericht. 22-Jähriger gesteht. Landwirt wirft Polizei und Staatsanwaltschaft Versäumnisse vor.

Jeder, der das Amtsgericht Ahrensburg an diesem Dienstagmorgen betritt, wird durchsucht. Muss durch eine Sicherheitsschleuse, einen Metalldetektor passieren. Die Mobile Einsatzgruppe (MEG) der Justiz steht in Reih’ und Glied vor dem Verhandlungssaal und beäugt die Besucher und Kamerateams kritisch. Die Justizvollzugsbeamten wirken so, als könnten sie bei Gefahr jederzeit eingreifen.

Die Brandstifter sehen aus wie die netten Jungs von nebenan

Es sind die Bilder vor der Verhandlung gegen vier ehemalige Feuerwehrmänner aus dem Ahrensburger Stadtteil Ahrensfelde. Die jungen Männer müssen sich wegen einer Brandserie in den Jahren 2013 und 2014 vor dem Jugendschöffengericht verantworten.

Als die jungen Männer den Gerichtssaal betreten, wirkt das Bild der massiven Einlasskontrolle und der Sicherheitsmaßnahmen etwas übertrieben. Die Männer im Alter zwischen 20 und 22 Jahren wirken schüchtern und sehen ein bisschen wie die netten Jungs von nebenan aus. Doch die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, zwischen Oktober 2013 und Oktober 2014 neun Brände in Ahrensburg und Umgebung gelegt zu haben. Den Großteil der Feuer sollen die Männer in Auftrag gegeben und dafür Geld gezahlt haben.

Ankläger schätzt Schaden auf rund 100.000 Euro

Mehrere Strohmieten wurden zerstört. Der Ankläger schätzt den Schaden auf rund 100.000 Euro. Die Brandstifter wollten laut Anklage früh am Einsatzort sein und so vor den anderen Kameraden gut dastehen.

„Du kannst das“, ermuntert der Anwalt des Angeklagten Nico K. (Namen geändert), 22, seinen Mandanten. Er will als einziger am ersten Verhandlungstag aussagen. Der junge Mann mit den dunkelblonden Haaren und dem kindlichen Gesicht fühlt sich sichtlich unwohl und beginnt mit leiser Stimme zu sprechen: „Ich hatte schon länger das Gefühl, dass ich in der Gruppe nicht richtig angenommen werde. Ich fühlte mich als Außenseiter.“ Damit meint K. seinen Freundeskreis, die Männer, die heute mit ihm auf der Anklagebank sitzen.

Der Frust habe dazu geführt, dass er am 30. Oktober 2013 Strohballen zwischen Ahrensfelde und Siek-Meilsdorf angezündet habe. „Kann es sein, dass du auch mal im Mittelpunkt stehen wolltest?“, fragt sein Anwalt. „Ja“, antwortet der Angeklagte, der unsicher wirkt – insbesondere bei Nachfragen der Richterin: „Sie sagten, dass Sie spontan auf dem Heimweg nach Meilsdorf den Entschluss gefasst haben, die Strohmiete anzuzünden. Warum hatten Sie dann Grillanzünder dabei?“

Ratlos sucht Nico K. den Blick seines Anwalts, weiß offenbar nicht, was er antworten soll. „Sag es“, ermuntert ihn der Jurist. „Die hatte ich zufällig in meinem Roller“, so der Angeklagte, der immer wieder zögert, wenn ihm Fragen zur Tatbeteiligung der Mitangeklagten gestellt werden. Diese sollen laut K. von der ersten Tat nichts gewusst haben. „Ich habe am nächsten Tag einem Freund von der Tat erzählt und auch gesagt, dass ich Angst hatte, dass ich geschnappt werde“, so K. Dieser Freund soll dann von sich aus angeboten haben, weitere Feuer zu legen, damit der 22-Jährige ein Alibi hat.

40 Euro für alle Brandstiftungen soll Bekannter bekommen haben

Auch seinen drei Freunden bei der Ahrensfelder Feuerwehr erzählt er von der Tat und dass es weitere Brände geben werde. Wie die drei darauf reagiert haben, daran könne er sich nicht mehr erinnern, so K. Er habe aber auch die anderen drei informiert, bevor ein Brand gelegt wurde. „Wir sind dann zu McDonald’s gefahren, weil es dort Kameras gibt und wir so ein Alibi hatten. Oder in die Wache, um eine Cola zu trinken“, sagt K.

Laut Anklage folgten acht weitere Taten, bei denen die Feuerwehrleute den Brand gelegt oder in Auftrag gegeben haben sollen. 40 Euro soll der Bekannte der Feuerwehrleute für alle Brandstiftungen bekommen haben.

Ende 2013 kam die Polizei auf die Spur des Quartetts. Hans-Jürgen Wriggers, Landwirt und Opfer der Brandserie, gab den Tipp: „Die waren beim Einsatz völlig aufgedreht. Dabei waren keine Menschenleben in Gefahr“, sagt der 49-Jährige, der seit 30 Jahren bei der Feuerwehr ist. Als er die jungen Kameraden fragt, was Sie vor dem Einsatz gemacht haben, „sagten Sie, dass sie im Schwimmbad in Volksdorf waren. Das Schwimmbad hatte damals geschlossen“, so Wriggers.

Die Feuerwehrleute werden zum Verhör geladen, doch die Polizei kann ihnen nichts nachweisen. „Polizei und Staatsanwaltschaft haben nicht gut in diesem Fall gearbeitet. Das war schlampig“, sagt Wriggers, der sich auch über die Stadt Ahrensburg ärgert. „Die haben mir für den Einsatz im Oktober eine Rechnung von mehr als 3800 Euro gestellt“, so der Landwirt, der auch von der Versicherung nicht den gesamten Schaden ersetzt bekommen habe.

Erst etwa ein Jahr nach Wriggers’ Verdacht gelingt es der Polizei, die Männer festzunehmen. Der beauftragte Brandstifter gesteht die Taten und nennt seine Auftraggeber. Ahrensfeldes Wehrführer Peter Körner hat den Prozess am Dienstag verfolgt: „Wir sind sehr enttäuscht. Wir haben die quasi großgezogen und dann so etwas.“ Körner hofft, dass die jungen Männer sich für ihre Taten entschuldigen, vor allem dafür, was sie der Feuerwehr damit angetan haben.

Der von den Angeklagten beauftragte Brandstifter sowie ein Mittäter sind für die Taten vom Ahrensburger Jugendrichter zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden.