Bad Oldesloe. Wer zahlt die Miete für Flüchtlinge? Und dürfen sie arbeiten? Das Abendblatt hat bei Edith Ulferts, vom Kreissozialamt nachgefragt.

Fast 1300 Flüchtlinge leben mittlerweile in Stormarn. Woche für Woche werden es mehr. Inzwischen sollen sogar Turnhallen als Unterkünfte genutzt werden, um den Menschen ein Dach über dem Kopf bieten zu können, wie jetzt in Glinde. Aber wer sorgt eigentlich für die Ausstattung? Welche staatlichen Leistungen können Flüchtlinge erwarten? Wie sind diese im Krankheitsfall versichert? Und wie geht es jetzt weiter? Auf diese und andere Fragen antwortet Edith Ulferts, Leiterin des Kreissozialamtes Stormarn.

Wie viele Flüchtlinge leben hier?

Bis einschließlich 20. Oktober waren es 1297 Menschen.

Wie viele Menschen werden bis Endes des Jahres erwartet?

Etwa 1000 weitere Personen.

Aus welchen Ländern kommen sie?

Haupt-Herkunftsländer sind Syrien (493 Personen), Albanien (206), Afghanistan (117), Kosovo (104), Irak (91) und Armenien (78).

Wo stellen die Flüchtlinge Asylanträge, wie werden sie auf die Kommunen verteilt?

Der Kreis verteilt sie entsprechend einer festgelegten Quote auf die 55 Städte und Gemeinden. Der Asylantrag muss eigentlich in der Erstaufnahmeeinrichtung gestellt werden. Das muss aber oft wegen des zurzeit großen Andrangs nachgeholt werden.

Wie werden die Flüchtlinge untergebracht? Hat Stormarn Notlösungen wie Container oder Zeltlager parat?

Die Menschen werden vorzugsweise in Wohnungen untergebracht. Hinzu kommt eine Gemeinschaftsunterkunft des Kreises mit 62 Plätzen in Bad Oldesloe. In einigen Kommunen sind bereits Wohncontainer aufgestellt worden.

Sind die Kapazitäten ausreichend?

Bislang konnten alle Asylsuchenden untergebracht werden. Die Rückmeldungen aus den Kommunen zeigen jedoch, dass es immer schwieriger wird.

Welche staatliche Unterstützung können Asylbewerber erwarten?

Die Leistungen richten sich nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz, es sind Sachleistungen und monatliche Geldbeträge. Alleinstehende, die nicht in einer zentralen Einrichtung untergebracht sind, bekommen 349 Euro. Zwei Erwachsene, die einen Haushalt führen, erhalten je 323 Euro, weitere Erwachsene ohne eigenen Haushalt bekommen 287 Euro. Je nach Alter werden gestaffelt zwischen 217 und 280 Euro pro Kind gezahlt. Zusätzlich erhalten Flüchtlinge Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie Hilfen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt.

Dürfen Asylbewerber arbeiten?

In den ersten drei Monaten nach Ankunft nicht. Anschließend bestehen Einschränkungen, da von der Agentur für Arbeit eine sogenannte Vorrangprüfung vorgenommen werden muss. Dabei wird ermittelt, ob sogenannte bevorrechtigte Arbeitnehmer – dazu zählen Deutsche, EU-Ausländer und anerkannte Flüchtlinge – ebenfalls für den Arbeitsplatz infrage kommen.

Was geschieht, wenn ein Asylantrag anerkannt wird?

Dann bekommt der Flüchtling von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Gleiches gilt, wenn ihm die „Flüchtlingseigenschaft“ zuerkannt worden ist. Nach den drei Jahren wird eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Ausländerbehörde mitgeteilt hat, dass die Asylberechtigung nicht zu widerrufen ist.

Sind Flüchtlinge krankenversichert?

Berufstätige Asylbewerber sind über die Krankenkasse versichert. Sofern sie nicht berufstätig sind, erhalten sie über den Kreis Krankenhilfe. Dies gilt für die ersten 15 Monate des Aufenthaltes, wenn sie im laufenden Asylverfahren oder im Besitz einer Duldung sind.

Wer richtet die Unterkünfte ein, wer bezahlt die Ausstattung?

Die Kommune richtet die Wohnung ein. Zur Ausstattung gehören ein Kühlschrank, ein Bett, Schrank und Stuhl. Die Kosten werden mit dem Kreis abgerechnet, der 70 Prozent der Aufwendungen vom Land erstattet bekommt, den Rest trägt die Kommune.

Wer zahlt Miete und Strom?

Der Kreis übernimmt die angemessenen Kosten der Unterkunft. Darüber hinausgehende Beträge zahlt die Kommune. Auch hier erhält der Kreis 70 Prozent seiner Aufwendungen vom Land erstattet. Die restlichen 30 Prozent trägt er selbst. Die Aufwendungen für Strom muss der Asylbewerber aus dem Regelsatz bezahlen.

Wer darf Deutschkurse besuchen?

In der Sprachvermittlung engagieren sich viele Menschen ehrenamtlich. Teilweise werden Sprachkurse durch Kommunen gefördert oder ganz finanziert. Auch die Volkshochschulen und das Diakonische Werk bieten Kurse an. Von November an sollen die verpflichtenden Integrationskurse auch für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete geöffnet werden.

Wer sorgt dafür, dass Flüchtlinge zum Arzt oder Sprachkursus kommen?

Die Fahrt zur Teilnahme an einem Sprachkursus muss der Asylbewerber aus dem Regelsatz bezahlen. Und es gibt Ehrenamtliche, die Fahrten organisieren, dazu Spenden nutzen. Teilweise übernehmen auch die Kommunen Fahrtkosten. Bei einem Arztbesuch kommt es auf die medizinische Notwendigkeit des Transports mit Taxi oder Krankenwagen an.

Wie ist die Integration der Flüchtlingskinder geregelt?

Auch für Kinder von Asylbewerbern gilt die Schulpflicht. Bei fehlenden Deutsch-Kenntnissen besuchen die Kinder in Bad Oldesloe, Ahrensburg, Glinde oder Reinbek sogenannte DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache), um die Grundlage für den weiteren Schulbesuch zu legen. Das dauert bis zu eineinhalb Jahre. Entscheidend für die Weiterverteilung an die Regelschulen ist der Sprachstand der Kinder. Weitere DaZ-Zentren, die Aufbaustufen anbieten, gibt es in Reinfeld, Großhansdorf und Trittau. Aufbaustufe bedeutet, die Schüler verlassen die DaZ-Klasse und besuchen den Regelunterricht. Berufsschulpflichtige Jugendliche können an der Berufsschule in Ahrensburg oder Bad Oldesloe unterrichtet werden.

Gibt es Hilfs- und Informationsangebote des Kreises?

Integration ist ein mehrstufiger Prozess in Stormarn. Zum Beispiel unterstützt der Kreis die Kommunen mit dem Einsatz von Kultur- und Sprachmittlern und zum anderen die Ehrenamtlichen. Im Juli hat das Land die sogenannte Integrationspauschale eingeführt. Sie ermöglicht es den Kommunen, Hilfestellung und Begleitung von Flüchtlingen zu finanzieren. Zudem gibt es die Migrationssozialberatung, die Informationen über das Rechts-, Bildungs- und Gesundheitssystem sowie Beratung zu familiären, sozialen psychischen und existenziellen Problemen bietet.

In welchem Bereich gibt es derzeit die größten Schwierigkeiten?

Die drängendsten Probleme sind der Mangel an freien Wohnungen und die Vermittlung von Sprachkenntnissen.

Was können Bürger tun, die sich engagieren möchten?

Als Stormarner kann man sowohl in der Kommune, also bei der Stadt-, Gemeinde- oder Amtsverwaltung, als auch bei dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises oder der Arbeiterwohlfahrt anfragen, ob und in welcher Form es Bedarf gibt. Darüber hinaus haben sich viele Freundeskreise etabliert, an denen Stormarner ebenfalls partizipieren können.