Ahrensburg. Die Berufliche Schule in Ahrensburg will ein provisorisches Schulgebäude für Flüchtlinge errichten – und stößt an behördliche Barrieren.
Joachim Steußloff hat in den vergangenen Wochen unmittelbar mitbekommen, wie quälend es sein kann, Flüchtlinge, die rasche Hilfe brauchen, abweisen zu müssen. Steußloff leitet die Berufliche Schule des Kreises Stormarn in Ahrensburg. Die Tür seines Büros steht meist offen. Und deshalb sieht er fast täglich junge Menschen ins Schulsekretariat kommen und vergebens nach einem freien Platz in der DaZ-Klasse fragen.
DaZ steht für Deutsch als Zweitsprache. Der einjährige Bildungsgang lehrt junge Migranten, sich rasch in der deutschen Sprache und Kultur zurechtzufinden – ein Angebot, das elementar für die Integration ist, denn es eröffnet den Weg zur weiteren schulischen und beruflichen Ausbildung der Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat zu finden hoffen. Ahrensburgs Berufliche Schule hat seit September erstmals eine DaZ-Klasse. 15 Schüler waren vorgesehen, wegen des Andrangs wurde auf 19 aufgestockt. Untergebracht werden müssten aber zurzeit 60 Jugendliche ab 16 Jahren.
„Es tut weh, vielen absagen zu müssen, unsere Schule könnte ihnen schnell bessere Perspektiven eröffnen“, sagt Barbara Präger, Abteilungsleiterin an der Beruflichen. Der Schulleiter wollte sich damit nicht abfinden: „Als Lehrer habe ich kein Verständnis dafür, dass wir in diesem reichen, schönen Land junge Menschen aus profanen Platzgründen abweisen müssen, die bei uns auf eine bessere Zukunft hoffen.“ Steußloff hatte noch das Wort von Bundeskanzlerin Angela Merkel von der schnellen unbürokratischen Hilfe im Ohr, als er beschloss, selbst tätig zu werden. Steußloff sammelte auf die Schnelle 25.000 Euro im privaten Umfeld.
Die Spenden waren als Anschubfinanzierung für ein Provisorium an der Beruflichen Schule gedacht. Steußloff wollte, dass im Eilverfahren Räume für vier DaZ-Klassen bereitgestellt würden. Mit dieser Idee wagte er sich in den Kreisausschuss für Schule, Kultur und Sport in Bad Oldesloe. Die Reaktion war ermutigend, eine Genehmigung nicht unwahrscheinlich.
Die praktische Umsetzung allerdings erwies sich als schwierig. Vier Schulcontainer sollten 88.000 Euro Miete für zwei Jahre kosten – lieferbar wären sie erst Ende 2016. Der gut vernetzte Schulleiter fand jedoch einen Partner, der bereit war, sich ohne Gewinn-Interessen zu engagieren. Die Kreishandwerkerschaft stellte in Aussicht, dass Auszubildende ein Haus für vier Klassenräume in Holzständerbauweise errichten würden. Eine Kon-
struktion, die den zusätzlichen Vorteil bietet, dass sich ein Gebäude der vorgesehenen Größe in gut sechs Wochen errichten ließe. Die Arbeit wäre Teil der Ausbildung, würde also keine Extrakosten verursachen. Materialien sollten zum Selbstkostenpreis weitergegeben oder durch Spenden finanziert werden, damit die gesammelten 25.000 Euro ausreichen. Als möglichen Standort auf dem Schulgelände schlug Steußloff den Schülerparkplatz vor.
Diesen Vorschlag präsentierte er dem Bauamt des Kreises. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Wunsch nach schneller unbürokratischer Hilfe wurde mit der harten Realität des deutschen Baurechts konfrontiert. Das Amt gab zu Bedenken, dass ein provisorischer Bau viele gesetzliche Vorgaben für einen Schulbau – etwa in Sachen Elektrik, Energieeffizienz und Sicherheit – nicht erfülle. Die Empfehlung der Behörde lautet, statt eines Neubaus die Kapazitäten im Gebäudebestand besser auszunutzen, also DaZ-Klassen auf den späten Nachmittag zu legen, wenn die Schule ohnehin leer sei.
Für Abteilungsleiterin Präger ist das eine enttäuschende Antwort, zumal nur eine wirklichkeitsferne Alternative aufgezeigt werde. „Die DaZ-Klassen auf den Nachmittag zu legen, funktioniert nicht. Wir wollen die Jugendlichen in einen lebendigen Schulbetrieb integrieren und nicht wie Externe von den anderen Schülern fernhalten. Außerdem haben wir in den vergangenen zehn Jahren neue Bildungsgänge eingerichtet, die dem Kollegium viel Zusatzarbeit abverlangt haben. Da wären keine Kapazitäten mehr für Unterricht am späten Nachmittag.“
Joachim Steußloff sagt, dass er das Dilemma der Verwaltung verstehe: „Die Vorschriften im Baurecht haben ihren Sinn. Doch hier geht es um eine Notsituation.“ Die provisorischen Klassenzimmer würden nur für zwei Jahre gebraucht, weil eine größere Erweiterung für die Berufliche in Planung sei. „Das neue Haus wäre aber frühestens 2017 bezugsfertig“, sagt der Schulleiter. „Das nützt den Menschen, die jetzt Unterstützung brauchen, nichts.“