Bad Oldesloe. Land sucht nach weiteren Standorten im Südes des Landes. Doch die Städte im Kreis sehen sich nicht in der Lage, zu helfen.
und Sebastian Knorr
Ein Dach über dem Kopf nach der oft lebensgefährlichen Flucht, Essen und erste Hilfe beim Asylverfahren: Die Erstaufnahmelager sind nicht nur die Anlaufstelle für die Flüchtlinge, sie müssen auch den stets größer werdenden Zustrom der hilfesuchenden Menschen organisieren. Doch was ihre Aufnahmefähigkeit angeht, sind die Erstaufnahmelager in Schleswig-Holstein am Ende ihrer Kapazitäten. Zum 31. Juli waren es 9315 Menschen, die nach Schleswig-Holstein gekommen sind. Das sind bereits mehr Flüchtlinge als in 2014 insgesamt. Das Land sucht aus dem Grund stets nach neuen, geeigneten Standorten – auch in Stormarn.
Es gibt sieben Erstaufnahmelage, vor allem im Norden Schleswig-Holsteins
Ove Rahlf, Sprecher des Innenministeriums in Kiel, sagt: „Wir suchen vor allem in Gebieten des Landes, in denen es noch keine Erstaufnahmelager gibt.“ Kriterien sei auch eine gute Infrastruktur: Straßennetz, Bahnanbindung, medizinische Versorgung. Rahlf: „Wir müssen auch prüfen, ob das Catering für mehrere hundert Menschen leistbar ist.“ Die Voraussetzungen seien zumeist in größeren Kommunen gegeben.
Derzeit gibt es in sechs Orten Erstaufnahmelager. Das sind Neumünster mit seiner Außenstelle Boostedt. Das Lager in Albersdorf, das als Provisorium geschaffen wurde, soll nun auch langfristig genutzt werden. Übergangslager gibt es in Eutin (Kreis Ostholstein) in der Polizeischule, in Seeth (Kreis Nordfriesland) und Rendsburg. In der Landeshauptstadt Kiel, in Lübeck und in Eggebek (Kreis Schleswig-Flensburg) sollen provisorische Erstaufnahmelager noch in diesem Monat Flüchtlinge aufnehmen. Langfristig sollen die provisorischen Lager geschlossen und durch dauerhafte Erstaufnahmen in Lübeck, Kiel, Flensburg und Heide ersetzt werden. Voraussichtlich von 2016 an ist es soweit.
Der Blick auf die Karte des Landes verrät: Bisher befinden sich die Lager vornehmlich im Norden des Landes, das südlichste Lager liegt – sobald fertiggestellt – in Lübeck. Ove Rahlf: „Wir suchen aber dennoch nicht speziell in Stormarn oder dem Herzogtum Lauenburg.“ Entsprechende Anfragen an Kreise und Kommunen habe es noch nicht gegeben.
Etwa 600 Menschen sollen in einer Erstaufnahme Platz finden
Die Kapazitäten in Stormarn, so beurteilen das die Verwaltungschefs der meisten Städte im Kreis, bieten das auch kaum an. So sollen die Erstaufnahmelager etwa 600 Asylsuchende aufnehmen können. Glindes Bürgermeister Rainhard Zug: „Glinde ist eine der höchstverdichteten Städte. Ich sehe bei uns keine Möglichkeiten für eine Erstaufnahme.“ Auch in Reinbek wird die Situation ähnlich beurteilt. Torsten Christ, Leiter des Amtes für Bürgerangelegenheiten: „Wir haben keine Liegenschaften in ausreichender Größe.“ Horst Möller, stellvertretender Bürgermeister von Bad Oldesloe sagt: „Ich wüsste derzeit wirklich nicht, wo eine Unterbringung der Größe schnell realisierbar wäre.“ Auch in Ahrensburg und Reinfeld sei ein Erstaufnahme kaum denkbar. Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach sagt: „Es ist vielmehr so, dass wir schon bei der Aufnahme der uns zugewiesenen Flüchtlinge an die Grenze stoßen.“ Und Reinfelds Büroleitender Beamter Wolfram Zieske sagt: „Die Stadt selbst hat keine eigenen Grundstücke, die geeignet wären.“ Laut Edith Ulferts, Fachdienstleiterin für Soziales und Gesundheit beim Kreis, werden vom 14. September an 85 bis 90 Flüchtlinge pro Woche erwartet. „Und das ist eine vorsichtige Schätzung.“ Exakte Prognosen seien derzeit kaum mehr möglich. Die immer unverlässlicheren Zahlen sind übrigens auch eine Folge der Überlastung der Erstaufnahmelager. Ulferts: „Viele Flüchtlinge waren länger in der Erstaufnahme als gewollt.“ Es fehlte bis vor Kurzem an Personal, das die Asylverfahren bearbeitete. Nun wurde aufgestockt und die Zuweisungen an die Kreise, die die Menschen wiederum an die Kommunen verteilen, erhöhen sich.
Maximal sechs Wochen sollen Flüchtlinge in der Erstaufnahme bleiben
In den Erstaufnahmelagern werden die Flüchtlinge medizinisch versorgt. Zudem werden sie hinsichtlich des Asylverfahrens beraten und können einen Deutschkursus belegen. Zudem gibt es Freizeitangebote und Spielangebote für Kinder. Schulpflichtige Kinder werden unterrichtet.
Die meisten Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten nach Schleswig-Holstein gekommen sind, stammen aus Syrien (27,7 Prozent). Das sind 2580 Menschen. 16 Prozent, also 1488 Menschen, stammen aus Albanien. 1018 (10,9 Prozent) sind aus dem Kosovo geflohen. Die Landesregierung geht davon aus, dass der Zustrom in den kommenden Monaten noch weiter ansteigen wird.