Glinde. Bernd Wersel muss sich heute auf einer Sitzung erklären. Er hatte ein Projekt seiner Partei gestoppt. Das Thema: ein Jugendzentrum.
In der Glinder SPD kracht es gewaltig. Im Mittelpunkt steht der Fraktionsvorsitzende Bernd Wersel, der den Unmut der Genossen auf sich gezogen hat. Konkret geht es um sein Abstimmungsverhalten im Finanzausschuss. Durch die Enthaltung des 53-Jährigen ist der Umbau der ehemaligen Kneipe Jever Deel am Schulzentrum für 1,2 Millionen Euro zu einem Jugendzentrum gestoppt. Die Verwaltung darf vorerst keine Aufträge vergeben. Wersels Parteikollegen hatten für einen zeitnahen Umbau gestimmt. Auf der heutigen Fraktionssitzung muss er sich erklären.
Der Fraktionschef hatte sich in der Vergangenheit für das Projekt starkgemacht
„Es besteht Rede- und Handlungsbedarf. Das war so mit der Fraktion nicht abgestimmt“, sagt Sozialdemokrat Wolfgang Pohlmann. Wenn jemand einen Beschluss nicht mittragen könne, müsse er das vorher ankündigen. Das sei in der Partei so abgesprochen. Glindes SPD-Vorsitzender Frank Lauterbach: „Ich bin überrascht und bewerte Wersels Verhalten als sehr unglücklich.“
Wie seine Parteikollegen hatte sich auch der Fraktionschef in der Vergangenheit für das Projekt starkgemacht. Als es nun darum ging, eine Verpflichtungsermächtigung zur Freigabe der Summe für Umbau und Sanierung abzusegnen, machte Wersel einen Rückzieher. Seine Begründung: „Ich möchte, dass sich die Einnahmen und Ausgaben der Stadt decken, damit wir keine neuen Kredite aufnehmen müssen. Wer sich Geld leiht, muss auch eine Idee haben, wie er es zurückzahlt. Das sehe ich hier in Glinde aber nicht.“ Er wolle der Verwaltung keinen Blankoscheck für die Zukunft ausstellen.
Wersel muss nicht zum ersten Mal Kritik aus den eigenen Reihen einstecken
Wersel kennt sich mit Zahlen aus. Er ist Informatiker bei einer Privatbank und seit 2008 Finanzausschussvorsitzender. „In dieser Zeit haben wir in Glinde mehr als 50 Millionen Euro investiert, in den vergangenen Jahren wurde es immer mehr. Irgendwann kommt der Punkt, an dem wir tief in die Verschuldung reinkommen.“ Er habe jetzt ein Ausrufezeichen setzen wollen, um eine Diskussion anzustoßen. „Den Umbau zum Jugendzentrum befürworte ich nach wie vor, weiß aber nicht, wie wir es mit der Finanzierung hinkriegen“, sagt Wersel.
Ob er die Genossen mit diesen Argumenten beschwichtigen kann, ist fraglich. Seine erste Stellvertreterin Marlies Kröpke sagt im Rückblick auf die Finanzausschusssitzung: „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit stelle ich mir anders vor.“
Bernd Wersel muss nicht zum ersten Mal Kritik aus den eigenen Reihen einstecken. Seine öffentlichen Sympathiebekundungen für den Bau eines Hotels mit Wellnessanlage auf dem Golf Gut kamen bei den Parteikollegen nicht gut an. Die große Mehrheit der SPD lehnt das 40-Millionen-Euro-Projekt in seiner derzeitigen Form ab. Ist für Wersel zurzeit Rücktritt ein Thema? Dazu äußert er sich wie folgt: „Dazu sage ich nichts.“