Ahrensburg. Eine Fahrradautobahn? Metropolregion prüft, welches Potenzial ein 47 Kilometer langer Schnellweg von Bad Oldesloe nach Wandsbek hätte.

Das Wort ist ein Paradox: Fahrradautobahn. Gleichwohl beschreibt es sehr treffend, worum es im Kern geht: um freie Fahrt für Radler über lange Strecken, die Städte verbinden. Die Metropolregion Hamburg – ein loser Zusammenschluss der Hansestadt sowie ihrer Nachbarländer und -kreise – prüft nun das Potenzial solch eines Schnellwegs von Bad Oldesloe in den Hamburger Stadtteil Wandsbek, 47 Kilometer lang. Es ist eine von fünf denkbaren Routen aus dem Umland in die Großstadt und zugleich die längste. Die anderen vier beginnen in Norderstedt (Kreis Segeberg), Elmshorn (Kreis Pinneberg), Winsen und Tostedt (beides Landkreis Harburg).

Und so könnten die Autobahnen für Radfahrer aussehen: separate Trasse abseits des Autoverkehrs, vier Meter breit, in beide Richtungen befahrbar, mit Überholspur, mit Vorrangschaltung bei Ampeln oder gar vollends ampelfrei. Marion Köhler, Pressesprecherin der Metropolregion Hamburg, sagt: „Radschnellwege müssen mit dem Autoverkehr oder öffentlichen Verkehrsmittel konkurrenzfähig sein.“

Pro Kilometer könnten knapp 10.000 Bürger von der Trasse profitieren

Die Metropolregion lässt unter anderem untersuchen, für wie viele Menschen die Radautobahnen attraktiv sein könnten. Dafür gilt als Faustregel eine Erreichbarkeit innerhalb von zehn Minuten. An der Strecke von Bad Oldesloe nach Hamburg-Wandsbek leben 441.271 Einwohner und sind 309.206 Arbeitsplätze registriert. Pro Kilometer sind es 9389 Einwohner und 6579 Arbeitsplätze. Das Potenzial eines ermittelten Korridors umfasst darüber hinaus weitere Aspekte, die Teil der künftigen Erhebungen sind, die Gesamtheit der von einem Standort aus erreichbarer Ziele zum Beispiel. Marion Köhler: „Nehmen wir mal an, ich wohnte in Siek. Wie viele Ziele erreiche ich auf diesem Weg? Ahrensburg, Bad Oldesloe und Hamburg. Geschäfte, Schulen, Kindergärten, den Arbeitsplatz.“

Auch der sogenannte Raumwiderstand sei ein Punkt, den es zu untersuchen gelte. Köhler: „Das ist ein sehr technischer Begriff, bei dem es darum geht, wie viele Hemmnisse es auf dem Weg zum Radschnellweg gibt. Muss ich dafür eine Autobahn überqueren, ist das ein unüberwindbares Hindernis.“ Weitere Aspekte seien die Fragen, wer die potenziellen Nutznießer wären und wie viel Zeit und Geld sie durch Nutzung der neuen Verbindung sparen könnten. Sparten sie überhaupt? Dazu muss das Modell Fahrradautobahn auch mit allen heute schon verfügbaren Verkehrswegen und -mitteln verglichen werden.

Ziel der Analysen sei, die Planungsbehörden zu unterstützen, sagt Marcus Peter vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Was letzten Endes mit den Ergebnissen der Analysen passiere, könne er nicht sagen: „Im Idealfall würden Politik und Verwaltung entsprechende Infrastrukturen realisieren. Ob das so sein wird, ist allerdings nicht absehbar.“ Für die Umsetzung wären die Kreise und die Hamburger Bezirke zuständig, im Bad-Oldesloe-Wandsbek-Beispiel also der Kreis Stormarn und der Bezirk Wandsbek. Das Projekt läuft noch bis 2016. Zwar bleibt bis dahin unklar, ob der Kreis mögliche Empfehlungen umsetzen wird. Doch befassen sich auch die zuständigen Gremien in Stormarn mit der Thematik. So ist die Verbesserung des Radverkehrs auch Teil des Radverkehrskonzept aus dem Jahr 2013.

Kreis Stormarn beteiligt sich mit 3000 Euro an dem Gesamtprojekt

Darin geht es unter anderem um das sogenannte Fernroutennetz: „Mit dem haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die zentralen Orte innerhalb Stormarns miteinander zu verbinden, aber auch in Richtung Hamburg und Lübeck anzubinden“, sagt der Vorsitzende des Kreisverkehrsausschusses, Lukas Kilian (CDU). Ein originäres Radschnellwegesystem sei das allerdings nicht. Die Fernrouten integrieren unter anderem Radwanderwege.

Nach Abschluss des Projekts im kommenden Jahr wird die Metropolregion einen Endbericht herausgeben, Infoveranstaltungen organisieren und Materialien an die Kreispolitik geben, um über die Ergebnisse zu informieren, sagt Pressesprecherin Köhler.

Im Juni 2014 hatte die Metropolregion das Leitprojekt auf den Weg gebracht. In fünf Teilprojekten werden neben dem Radschnellewege-Konzept ein Erreichbarkeitsatlas erstellt und ein Wohn- und Mobilitätskostenrechner entwickelt. Das Gesamtprojekt hat ein Volumen von 530.000 Euro. Es wird zu 80 Prozent aus Mitteln der Förderfonds der Metropolregion Hamburg finanziert. Der Kreis Stormarn beteiligt sich wie die anderen Kreise in der Metropolregion mit 3000 Euro an dem Projekt.