Ahrensburg. Ahrensburg möchte Gemeindehaus zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen. Auch die Kirche könnte Bestandteil des Geschäfts werden.
Der Ärger ist offenbar verzogen und die Not groß: Die Stadt Ahrensburg verhandelt – ein Jahr nach Scheitern der Gespräche kurz vor Vertragsunterzeichnung – wieder mit der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg. Wieder geht es um Grundstück samt Gemeindehaus und Pastorat der St. Johanneskirche. Neu ist, dass nach Abendblatt-Informationen diesmal auch die Kirche selbst Bestandteil des Geschäfts sein soll.
Bürgermeister Michael Sarach sagt: „Wir wollen Gemeindehaus und Pastorat für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen.“ Wie berichtet, leben derzeit rund 160 Asylbewerber in der Schlossstadt, bis Ende des Jahres sollen es 405 Flüchtlinge sein. So die jüngsten Prognosen. Und trotz des Baus von vier Mehrfamilienhäusern würde Ahrensburg bei der Unterbringung bereits jetzt an seine Grenzen stoßen, sagt der Verwaltungschef.
Vor einen Jahr hatte die Kirche Verhandlungen mit der Stadt noch ausgeschlossen
Über den Neustart der Verhandlungen mit der Gemeinde sagt er: „In einer solchen Situation muss man darüber hinwegsehen, dass es in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen gab.“ Dabei hat der Verwaltungschef die Rückendeckung der Politiker, die unisono der Auffassung sind, dass die Unterbringung der in Not geratenen Menschen Vorrang vor Befindlichkeiten hat.
Auch die Kirchenverantwortlichen beurteilen die Situation so. Ursula Wegmann, Vorsitzende des Beauftragtengremiums (Interimsleitung der Kirchengemeinde), sagt: „Die Gemeindeversammlung hat im März den Antrag gestellt, dass wir das Grundstück der Stadt anbieten für Flüchtlingsunterkünfte. Wir sind dem Antrag gefolgt.“ Laut Wegmann hat es auch ein erstes Gespräch mit der Verwaltung gegeben.
Noch vor einem Jahr hatte Anja Botta, damals Pastorin in Ahrensburg und Vorsitzende des Kirchengemeinderates, gesagt: „Mit der Stadt sprechen wir nicht mehr über das Grundstück.“ Damals hatten die Kirchenverantwortlichen aber auch keinen Hehl daraus gemacht, dass sie das Grundstück an der an der Rudolf-Kinau-Straße 13–15 schnellstmöglich verkaufen wollen.
Seinerzeit hatte die Stadt die Gebäude nutzen wollen, um fünf Hortgruppen der Grundschule Am Reesenbüttel dort unterzubringen. Eine Interimslösung, bis der Neubau der Schule fertiggestellt ist.
Mit der Kirche wurde ein Erbbaurechtvertrag aufgesetzt. Der sollte regeln, dass die Stadt das Grundstück für 99 Jahre übernimmt, im Gegenzug der Kirchengemeinde einen Erbpachtzins zahlt. Der beträgt in der Regel vier bis fünf Prozent des Grundstückswertes. In diesem Fall wären es jährlich um die 50.000 Euro gewesen.
Auf der anderen Seite sollte mit dem Vertrag ein älterer Vertragsverstoß aus der Welt geschafft werden. In den 60er-Jahren hatte die Kirchengemeinde das Grundstück am Wulfsdorfer Weg 111 übernommen, um dort eine Kita zu bauen. In Wohnungen im ersten Stock sollte die Kirche Angestellte der Kita unterbringen. Zeitweise wohnten dort aber auch Mieter, die nichts mit dem Kindergarten zu tun hatten. 100.000 Euro wurden aus dem Grund zugunsten der Stadt verrechnet.
Die Kirchengemeinde hat dem Förderverein nach dessen Aussage eine Abmahnung geschickt
Ob mit der Kirche erneut ein Erbpachtvertrag ausgehandelt oder das Grundstück gekauft werde, das sei noch nicht entschieden, so Sarach. „Darüber sprechen wir ebenfalls mit den Vertretern der Kirche“, sagt er. Positiv sei jetzt schon, so Sarach, dass die Kirche signalisiert habe, Grundstück und Gebäude kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Offenbar auch schon während der Verhandlungen.
Zum Kaufangebot des Kirchengebäudes sagt Sarach auf Abendblatt-Nachfrage: „Ja, das wurde ins Gespräch gebracht.“ Ursula Wegmann will das weder bestätigen, noch dementieren. Sie sagt aber: „Wenn die Stadt ein Interesse am Gesamtgrundstück hat, müssen wir darüber beraten.“ Als Unterbringung für Flüchtlinge scheide die Kirche allerdings aus, sagt Sarach. Würde der Kirchenkauf „die Gespräche positiv beflügeln“, könnte dennoch darüber nachgedacht werden. Eine Verwendung für das Gebäude könnte sich „im soziokulturellen Bereich“ finden. Sarach: „Da müssten wir mit dem Förderverein St. Johannes sprechen.“
Der Verein hat sich 2012 gegründet, um den Erhalt der Kirche zu sichern und ist über die Verkaufsabsichten ziemlich überrascht. Klaus Tuch vom Förderverein sagt: „Wir haben eine Nutzungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Gemeinde über die Kirche, sie läuft bis 2019.“
Ein Verkauf der Kirche wäre somit vor Ablauf der Vereinbarung ohne den Verein kaum möglich. Und der Verkauf ist nicht unbedingt im Sinne des Fördervereins. Das würde nämlich die Entwidmung des Gebäudes mit sich ziehen. Tuch: „Wir wollen aber, dass in der St. Johanneskirche Gottesdienste abgehalten werden können.“
Laut Tuch kann die Nutzungsvereinbarung allerdings auch vorzeitig und einseitig aufgekündigt werden. Tuch: „Wir haben Anfang der Woche eine Abmahnung bekommen.“ Der Förderverein habe die Vorwürfe alle abweisen können. Tuch: „Wir betrachten die Abmahnung als Gegenstandslos, aber bedrohlich ist das schon.“