Elmenhorst. Am Sonnabend sollen möglichst viele Menschen nach Elmenhorst kommen und sich typisieren lassen. Sie könnten ein Menschenleben retten.

Das Wappen der Freiwilligen Feuerwehr Elmenhorst (FFE) prangt erhaben über dem Eingang des Gemeindehauses. Von hier aus ist es nur ein kurzer Weg bis zum Mehrzweckzentrum, in dem am morgigen Sonnabend vielleicht ein Leben gerettet werden könnte. Oder auch mehrere. Denn am 22. August wird es hier eine Typisierungs-Aktion für mögliche Stammzellenspender im Kampf gegen Blutkrebs geben. Stolz zeigt Hauptbrandmeister Bernd Fritz, der das ganze organisiert, die Räume. Sie riechen nach frisch geöltem Holz, sind hell und warm. „Hier wird dann der Arzt sitzen. Falls die Leute Fragen haben, die wir nicht beantworten können“, sagt Fritz. Gleich nebenan werden Kaffee und Kuchen bereitgestellt. Der große Saal weiter hinten, der sonst für andere Veranstaltungen genutzt wird, dient als Registrierungsraum. Tische und Stühle bieten ausreichend Platz. „Jeder kann kommen und jemanden mitbringen. Freunde oder Partner: Alle sind herzlich willkommen.“

Aber worum geht es eigentlich genau bei dieser Aktion? Schon seit 2006 engagiert sich Bernd Fritz neben seiner Tätigkeit als Feuerwehrmann für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Denn im Schnitt wird alle 16 Minuten alleine in Deutschland bei einem Patienten Blutkrebs diagnostiziert. Helfen kann nur noch eine Stammzellen-Spende. Aber nur ein Drittel der Blutkrebspatienten findet innerhalb der Familie einen passenden Spender. Deshalb hat der Orts-und Gemeindewehrführer mit Unterstützung seiner Kameraden bereits zwei Typisierungs-Aktionen organisiert. „Da steckt viel Arbeit dahinter. Und wir hoffen, dass am Ende viele Leute kommen“, so Bernd Fritz.

Schon drei Menschen konnten durch Elmenhorster Aktionen gerettet werden

Und die Arbeit hat sich bereits ausgezahlt. Denn durch die ersten beiden Aktionen konnte drei Menschen das Leben gerettet werden. „Das macht mich natürlich sehr stolz“, sagt Fritz mit leuchtenden Augen und einem Schmunzeln im Gesicht.

Mit solchen Stäbchen werden die Proben entnommen
Mit solchen Stäbchen werden die Proben entnommen © HA | Nele Dittrich

„Es geht nur gemeinsam“, betont Fritz. Unterstützt wird die FFE durch die Ehrenamtlichen der Johanniter-Unfallhilfe Bad Oldesloe, die die Proben für die Typisierungen entnehmen werden. Dabei wird natürlich strengstens auf den Datenschutz der Teilnehmenden geachtet. Die Typisierung selbst erfolgt durch einen einfachen Abstrich mit einem Wattestäbchen von der Wangenschleimhaut. Wie es im Motto der DKMS heißt: „Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein.“ Oder man lässt sich kurz mit einem kleinen Piks Blut abnehmen.

Eine Registrierung inklusive der Laborarbeiten kostet alleine 50 Euro. Diese Kosten müssen die örtlichen Organisatoren selber aufbringen. „Hier in Elmenhorst gibt es ein Ehepaar, das spendet immer wieder für wohltätige Zwecke. Die haben auch schon die Kosten für unsere ersten beiden Typisierungen übernommen.“ Der Respekt und die Dankbarkeit, die in seiner Stimme mitschwingen, sind nicht zu überhören. Das Ehepaar, das gerne anonym bleiben möchte, übernimmt die Kosten für 400 Registrierungen. Insgesamt steht den Helfern durch weitere Spenden Material für 500 Registrierungen zur Verfügung.

„Ich habe alle Wehrführer aus Stormarn angeschrieben und der Kreispräsident Hans-Werner Harmuth aus Bargteheide hat heute fest zugesagt, mit seiner Frau zu kommen“, sagt Bernd Fritz, der alle Hebel in Bewegung setzt und so viele Teilnehmer wie möglich zusammentrommelt. „Und die beiden Sportvereine SC Elmenhorst und JuS Fischbek habe ich auch benachrichtigt“ Es ist deutlich zu merken, dass ihm das Thema „Typisierung gegen Blutkrebs“ sehr am Herzen liegt. Immer wieder verweist der Wehrführer darauf, dass es sehr wichtig sei, sich registrieren zu lassen. „Wir hoffen natürlich, dass viele junge Menschen kommen werden.“

Das Schicksal eines 19 Jahre alten Studenten ist Anlass für die Aktion

Bernd Fritz vor der Viitrine, in der er Erinnerungsstücke aufbewahrt
Bernd Fritz vor der Viitrine, in der er Erinnerungsstücke aufbewahrt © HA | Nele Dittrich

Bei einem Rundgang durch die Feuerwache zeigt Bernd Fritz ein besonderes Geschenk. „Das Buch hat mir die DKMS als Dankeschön geschickt. Hier stehen viele Geschichten über die Schicksale von Blutkrebspatienten drin“, erzählt der Wehrführer. „Das hat mich sehr berührt.“ Das kleine rote Buch bewahrt er zusammen mit einigen Medaillen und anderen Erinnerungsstücken in einer Vitrine auf.

Durch große Aufrufe in vielen Medien und Aktionen wie die in Elmenhorst verzeichnet die DKMS bereits über fünf Millionen Registrierungen. Allein aus Elmenhorst sind 162 dabei. 50.000 Stammzellspenden für Patienten auf der ganzen Welt finden sich in der Bilanz.

Überall an den Wänden der Elmenhorster Wache hängen Bilder von stolzen Feuerwehrmännern, die bei den Typisierungs-Aktionen 2006 und 2013 dabei waren. Unter ihnen ist auch der 44-jährige Maurer und Hauptlöschmeister Michael Appel aus Fischbek. Er hat sich 2013 registrieren lassen und bekam am Heiligabend 2014 ein Schreiben von der DKMS. „Man kann sich kaum vorstellen, was das für ihn bedeutet haben muss, am Heiligabend zu erfahren, dass er als Spender in Frage kommt“, sagt Bernd Fritz.

Das ist die DKMS

Die Gewebemerkmale von Patient und Spender müssen nahezu identisch sein, also fast wie bei Zwillingen. Das ist allerdings sehr selten und deshalb sollten so viele Menschen wie möglich spenden.

17 DKMS-Registrierte spenden täglich Stammzellen. Außerdem lebt die DKMS von Geldspenden. Sie finanziert damit Registrierung, Gesundheitscheck, die Fahrt zur Klinik, den Aufenthalt und die Blutstammzelltransplantation.

Spendenkonto: IBAN:DE64641500200000255556

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„Es war eine sehr emotionale Zeit für Michael.“ Die Patientin ist eine 35 Jahre alte, an Leukämie erkrankte Kolumbianerin. Anfang Februar dieses Jahres war es dann so weit. In Köln wurden dem Stormarner die Blutstammzellen mit einem der Dialyse ähnlichen Verfahren entnommen. „Das müssen sie sich mal vorstellen: Hundertprozentige Übereinstimmung. Das ist wie ein genetischer Zwilling.“ Der Patientin geht es inzwischen gut. „Er ist sehr stolz, ein Menschenleben gerettet zu haben.“

Für den engagierten Wehrführer ist dieses Erlebnis ein Grund weiterzumachen. Und die Typisierungs-Aktion am Sonnabend hat auch einen ganz konkreten Anlass: Marius, ein 19 Jahre alter Student aus Lübeck, bekam zu Pfingsten die niederschmetternde Diagnose Blutkrebs. Eine Stammzellen-Spende ist seine letzte Chance zu überleben. Aber bei den zwei Typisierungs-Aktionen, die in seinem Heimatort Harpstedt und in Lübeck gestartet wurden, konnte bisher kein passender Spender gefunden werden.

Jetzt versucht es die Freiwillige Feuerwehr Elmenhorst. Fritz: „Man versucht ja immer zu helfen. Und wir hoffen, dass bei unserer Aktion ein passender Spender für Marius dabei ist.“

Was ist Leukämie?

Leukämie oder auch Blutkrebs ist eine Krankheit, bei der es zu einer krankhaften Vermehrung von unreifen und damit funktionsunfähigen weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kommt. Das heißt, die normale Blutbildung ist dadurch gestört und das Blut kann seine eigentlichen Aufgaben wie Infektionen bekämpfen oder Sauerstoff zu transportieren nicht ausführen.

Unter den Oberbegriff Blutkrebs fallen auch sogenannte maligne Lymphome, bei denen bösartige Veränderungen des lymphatischen Gewebes mit Lymphknotenschwellungen und eine krankhaft vergrößerte Milz auftreten.

Symptome einer Leukämie sind unter anderem Abgeschlagenheit, Blässe der Haut, Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit.

Wie funktioniert eine Stammzellen-Entnahmen?

Zwei verschiedene Möglichkeiten gibt es, einem Menschen Stammzellen zu entnehmen.

Das erste Verfahrenbeinhaltet einen unter Vollnarkose durchgeführten Eingriff am Beckenkamm (nicht das Rückenmark), bei dem das Blut-Knochenmark (etwa fünf Prozent) entnommen wird. Dieses regeneriert sich von selbst nach einem Zeitraum von etwa zwei Wochen. Der Eingriff besteht lediglich aus zwei kleinen Schnitten in der Bauchlage, die noch nicht einmal unbedingt genäht werden müssen. Bis auf Schmerzen, die einer Prellung gleichen, sind länger anhaltende Beschwerden eher selten. Ein Risiko besteht, wie bei jedem derartigen Eingriff, bei der Narkose.

Das zweite Verfahrenwird wesentlich häufiger angewendet, nämlich in etwa 80 Prozent der Fälle. Dem Spender wird hierbei zunächst über mehrere Tage ein Medikament verabreicht, das die Produktion der Stammzellen im Knochenmark anregt und diese in die Blutbahn ausschwemmt. Danach werden die Stammzellen mit einem speziellen Verfahren aus dem Blut gesammelt. Bis auf grippeartige Symptome nach Einnahme der Medikamente sind keine Langzeitnebenwirkungen bekannt.