Bad Oldesloe. Jeden Tag Silvester und Andre Weiskeller waren MusicStorm-Finalisten. Jetzt sind sie im TV. Die einen mit Musik, der andere nackt.

Die vier Jungs der Oldesloer Band Jeden Tag Silvester veröffentlichen heute ihre vierte Single. Mit dem Song „Dein Glück“ versuchen Bertram Ulrich, Niclas Jawinsky, Till Krohn und Tom Rieken am Sonnabend, 29. August, beim Bundesvision Song Contest in Bremen ihr Glück. 2010 haben sie bei MusicStorm, dem Band-Wettbewerb der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn, im Finale gestanden – der Beginn einer großen Karriere. „Wir haben unser neues Lied nach unserem ersten Auftritt als Support von Silbermond in der Kieler Sparkassen-Arena geschrieben“, sagt Schlagzeuger Tom. „Es beschreibt den Moment, das Gefühl, als Tausende von Besuchern unsere Texte mitgesungen haben.“ So ein Gefühl hätten sie nie wieder gehabt.

Tom: „Musik ist für uns Glück. Für andere ist Glück etwas anderes.“

Für Andre Weiskeller aus Großensee zum Beispiel, auch er ein MusicStorm-Finalist. 2014 hat er ihn mit seinem Duo Tramper AiO sogar gewonnen. Nun ist auch er im Fernsehen angekommen – in der RTL-Show „Adam sucht Eva“. Nackt.

Zwei Stormarner Fernseh-Karrieren, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Jeden Tag Silvester haben nach MusicStorm als Vorband von Nena, Johannes Oerding und Silbermond gespielt. Im Frühjahr dieses Jahres bekamen sie die Zusage für den Bundesvision Song Contest. Eine große Nummer für die vier Musiker aus Bad Oldesloe. „Wir sind Landeier“, sagt Bertram. „Wir sind Land, Leute und Meer, nicht Großstadt.“ Deshalb vertreten sie ihr Bundesland Schleswig-Holstein sehr gern in Bremen. „Das Große für uns ist, dass wir bundesweit Leute erreichen“, sagt Bertram.

Neues Video von Jeden Tag Silvester hat schon 1000 Likes bei Facebook

Das gelingt auch dem Großenseer Musikerkollegen Weiskeller. Sein Revier ist eine Südseeinsel, auf der er nackt unterwegs ist. Am vergangenen Mittwoch hatte die Sendung einen Marktanteil von 9,7 Prozent. Die FAZ kritisierte: „Obszön, Nackte und faule Witze, als befinde man sich im Jahr 1984, in dem das Privatfernsehen gerade begonnen hat.“ Und darum geht es: Die Teilnehmer sind auf einer einsamen Insel unterwegs. Klamotten haben sie nicht dabei. Die „Adams“ dürfen sich nach näherem Kennenlernen eine „Eva“ aussuchen, mit ihr für 24 Stunden auf die Liebesinsel verschwinden.

Niclas Jawinsky (v.l.), Tom Rieken, Bertram Ulrich und Till Krohn sind jeden Tag Sylvester
Niclas Jawinsky (v.l.), Tom Rieken, Bertram Ulrich und Till Krohn sind jeden Tag Sylvester © Janina Heinemann

Während Andre Weiskeller mittwochabends ab 21 Uhr über den Bildschirm düst, läuft die Single „Dein Glück“ von Jeden Tag Silvester im Radio. Das Video ist schon vorab am Montag veröffentlicht worden. Bei Facebook hat es bisher beinahe 1000 sogenannte Likes bekommen. Tom: „In dem Video zeigen wir eine Geschichte, die berührt. Mir bedeutet das Lied sehr viel.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln gibt er zu: „Ich höre mir den Song ab und zu an. So etwas macht man eigentlich nicht mit seinen eigenen Liedern.“

In einem Monat präsentieren Jeden Tag Silvester den Song bei Stefan Raabs Fernsehshow auf Pro 7 einem Millionenpublikum. Ob sie deshalb schon aufgeregt sind? Tom: „Wir sind fleißig am Proben, die Vorfreude wächst. Aber das Zittern ist noch nicht da.“ Die vier Musiker wollen bodenständig bleiben, den Bundesvision Song Contest nicht überbewerten. „Wir machen, was uns Spaß macht, und nehmen mit, was kommt“, sagt Niclas. „Und das total unkrampfig.“

Andre Weiskeller erlebt im Internet einen Shitstorm

Einigen Fans des Akustik-Duos Tramper AiO war der Auftritt von An­dre zu unkrampfig. Ein kleiner Shitstorm ereilte den Musiker im Internet. Manche Fans bezeichneten sein Auftreten als „No-Go“ oder „Fail“. Wer seine Musik hört, fragt sich, was der dreadgelockte 29-Jährige, der Gitarre spielt und gefühlvolle, nachdenkliche Songs schreibt, in diesem skandalträchtigen RTL-Biotop macht. Andre sieht das gelassen. „Es war eine unglaublich tolle Zeit in der Südsee, die will ich nicht missen“, sagt er. „Man kann anderer Meinung sein, aber das war allein meine Entscheidung.“

Andre Weiskeller und Ida Luzie Philipp
Andre Weiskeller und Ida Luzie Philipp © Manuela Wilk

Sein Auftritt habe mit Tramper AiO nichts zu tun. Fans sollten seinen Auftritt nicht auf die Band übertragen. So sieht das auch seine Duopartnerin Ida Luzie Philipp. „Ich möchte mich klar von der Sendung distanzieren“, sagt die Violinistin. „Mir ist es unangenehm und peinlich, mich damit auseinandersetzen zu müssen.“ Andre akzeptiert ihre Einstellung. „Ich erkläre allen, dass Ida damit nichts zu tun hat.“ Er sei durch eine Freundin auf die Sendung aufmerksam geworden. „Sie hat letztes Jahr mitgemacht, gesagt, es sei cool.“ Also bewarb Andre sich, wurde angenommen, flog in die Südsee nach Tahiti. Von dort ging es weiter zu einem kleinen, ringförmigen Atoll. Andre: „Die Landschaft war paradiesisch, die Leute waren toll.“ Er habe viel geschnorchelt. Zwar seien die Dreharbeiten anstrengend gewesen, doch habe er eine „unglaublich tolle Zeit“ gehabt.

Für Weiskeller heißt Freiheit, das zu tun, worauf er Lust hat

Andre bezeichnet die RTL-Sendung als „krasses soziales Experiment“. In den ersten Stunden sei ihm die Nacktheit peinlich gewesen, danach habe er sie vergessen. „Wer meinen Auftritt als Widerspruch zu meiner Musik empfindet, hat nicht verstanden, worum es geht“, sagt der Gitarrist. „Ich habe bei RTL aus einem Freiheitsgefühl heraus mitgemacht. Dafür steht auch Tramper AiO: die Freiheit, das zu tun, worauf man Lust hat.“

Widersprüchlich ist allerdings das Bild, das RTL daraus gemacht hat. Drei Gespräche über Sex hätten die Show-Teilnehmer bei den siebentägigen Dreharbeiten geführt – darauf wurde im Zusammenschnitt für die Sendung alles reduziert. „Das zeigt mich ganz anders, als ich bin“, sagt Andre. Fans müssten zwischen seinen zwei öffentlichen Images unterscheiden. „Eines habe ich gestaltet, bei dem anderen habe ich zwar mitgemacht, es aber nicht selbst gestaltet.“