Sieben Täter wurden bisher in Ahrensburg und Hammoor gefasst. Kriminologe Christian Pfeiffer über mögliche Motive
Eine vergleichbare Brandserie hat es in Stormarn noch nie gegeben. Seit Januar 2013 zünden Brandstifter vor allem in und um Ahrensburg Strohballen, Autos, Container und Gartenlauben an. Meist brennt es am Wochenende – zeitweise brannte es jedes Wochenende. Knapp 200 Brandlegungen hat die Polizei dokumentiert; ein Schaden von mehr als 3,6 Millionen Euro. Eine Gruppe von sechs jungen Männern wurde im Dezember festgenommen. Ein Einzeltäter kürzlich in Hammoor erwischt (wir berichteten). Trotz der Ermittlungserfolge, die Polizei ist sich sicher: weitere Täter sind noch unerkannt unterwegs.
Allein in Ahrensburg sind mehr als 100 dieser Straftaten nicht aufgeklärt
Polizeisprecher Holger Meier sagt: „In Ahrensburg haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren 83 Container und 19 Autos gebrannt. Dort haben Ermittlungen keine Beweise gegen bestimmte Verdächtige gegeben.“ Obwohl sich die im September eigens für die vielen ungeklärten Feuer eingerichtete Ermittlungsgruppe Florian Ende April aufgelöst hat, die Ermittlung dauern an, sagt die Polizei.
Zwar macht eine Aufklärungsquote bei Brandsstiftung in Schleswig-Holstein von knapp 50 Prozent (Stand 2014) Hoffnung auf einen Erfolg, doch die Ermittlungen sind schwierig. Polizeisprecherin Sonja Kurz sagt, woran das liegt: „Das Feuer selbst vernichtet viele Spuren. Was dann nach dem Löscheinsatz der Feuerwehr übrig bleibt, ist meist kaum verwertbar.“ Von der, wie auch die Polizei sagt, „beispiellosen Brandserie“, können den gefassten Tätern bisher neun beziehungsweise sieben Taten zugeordnet werden. Dass heißt auch, mehr als 150 Fälle sind noch nicht aufgeklärt. Ein 17 Jahre alte Ahrensburger und ein 20-Jähriger aus Hamburg stehen derzeit vor dem Jugendschöffengericht in Ahrensburg. Sie sollen im Auftrag von vier jungen Feuerwehrmännern der Ortswehr Ahrensfelde Brände gelegt haben. Das Urteil wird am 20. Juli erwartet. Auch der Prozess gegen die Drahtzieher soll in Kürze beginnen.
Die Ermittlungen gegen einen 24-Jährigen aus Hammoor dauern noch an. Der junge Mann, ebenfalls Mitglied der Feuerwehr, wurde Anfang Juni festgenommen. Er hat sieben Brandlegungen in der Gemeinde gestanden und sitzt in U-Haft. Gerd Riemann, Chef der Kreisfeuerwehr sagt: „Wir arbeiten derzeit an einem Konzept zur Prävention für unsere jungen Mitglieder im Alter zwischen zehn und 25 Jahren.“ Ziel sei, so Riemann, „in den Köpfen eine rote Linie zu verankern, die es nicht zu überschreiten gilt.“
Laut Oberstaatsanwalt Günter Möller, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck, haben die Brandlegungen der Feuerwehrmänner in Hammoor und Ahrensburg aber nichts gemein – zumindest nichts, was für die Ermittlungen relevant sei.
Dass die Brandstifter zeitlich parallel in den acht Kilometer voneinander entfernten Orten zündelten, ist unterdessen kein Zufall. Das zumindest sagt der anerkannte Kriminologe Christian Pfeiffer. „Brandstiftung animiert. Die Tat hat einen hohen Nachahmer-Effekt“, so Pfeiffer.
Experte: Brandstifter zündeln, weil sie Macht oder Action haben wollen
Die Motive der Täter, sie scheinen unterdessen wiederum unterschiedlich zu sein. Pfeiffer: „Feuerwehrleute zündeln meist aus Frustration, dass sie zu selten gegen Feuer kämpfen dürfen. Sie möchten ihre Bedeutung betonen.“ Motiv: Geltungssucht. Das räumten die Ahrensfelder Feuerwehrleute auch in einem Verhör ein.
Anders ihr Kamerad, der in Hammoor fünf Feuer bei dem selben Landwirt sowie zwei weitere Feuer legte. Feindseligkeiten gegen Landwirt Hans-Joachim Gerken sollen ihn nach Abendblatt-Informationen angetrieben haben. Pfeiffer: „Feuer ist eine gern gewählte Form, um sich zu rächen. Typisch ist dabei die Taktik der Verschleierung. Das heißt, der Brandstifter zündet auch andere Sache an.“ Was die Täter der bisher noch nicht aufgeklärten Brandserie in Ahrensburg antreibt, die Papiercontainer und in der Nähe von Häusern geparkte Autos anzündeten und dabei sogar Menschenleben in Gefahr brachten, sei so lange unklar, bis sie gefasst werden.
Kriminologe Christian Pfeiffer sagt, bei Brandstiftungen gebe es zwei Tätertypen. Diejenigen, die wie die Ahrensfelder Feuerwehrmänner Action suchten. Nicht selten zündeln Täter aber auch – in der Regel sind es junge Männer – weil sie unzufrieden, wenig erfolgreich und einsam sind. Pfeiffer: „Brandlegungen geben ihnen ein Gefühl der Macht. Der Täter bringt etwas Gewaltiges in Bewegung.“