Pölitz. Wann die von Sturm „Zoran“ beschädigte Straße wieder befahren werden kann, ist unklar. Ziel ist, dass zumindest wieder Busse fahren.

Nach den Sturmschäden an der Landesstraße 88 zwischen Barkhorst und Schmachthagen ist die Lindenallee weiterhin für den Verkehr gesperrt. „Derzeit werden noch Notreparaturen durchgeführt“, sagt Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck. „Ziel ist es, die gröbsten Schäden zu beseitigen, damit zumindest der Bus wieder fahren kann.“ Während des Sturmtiefs Zoran vor rund fünf Wochen waren an der Lindenallee 44 Bäume umgestürzt (wir berichteten) und teils samt der großen Wurzelballen aus der Erde gerissen worden. Wie Dominosteine lagen die großen Bäume quer über der rund 1400 Meter langen Allee.

„Es sind große Löcher entstanden. Die müssen wir jetzt mit Sand und Kies auffüllen“, sagt Sommerburg. „Sonst besteht die Gefahr, dass die Löcher weiter einbrechen, wenn Autos über die Straße fahren.“ Insgesamt 73 Linden sind durch das Sturmtief Zoran kaputt gegangen: Neben den 44 umgestürzten Bäumen mussten weitere 29 entfernt werden, weil sie nicht mehr standsicher waren. Sommerburg: „Bei 39 Linden sind so viele Äste abgebrochen, dass sie durch Kronenschnitte nachbehandelt werden müssen.“

Wann die Straße wieder befahren werden kann, ist noch unklar. Ebenso, ob sie komplett erneuert oder nur die Fahrbahndecke saniert werden muss. „Die Gesamtaufräumarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Die Arbeiter kämpfen sich gerade Stück für Stück vor“, sagt Sommerburg. Erst wenn alle Löcher verfüllt sind und die Baumpflege abgeschlossen ist, kann das Schadensbild erfasst werden. „Dann entscheiden wir, was im Einzelnen geschehen soll“, sagt Sommerburg. Er geht von einem Gesamtschaden im sechsstelligen Bereich aus.

Experte schätzt Wert des Holzes auf 5000 bis 10.000 Euro

Mit den Aufräumarbeiten hat der LBV ein Unternehmen für Forst- und Landschaftspflege beauftragt. Es übernimmt auch die Baumpflege der noch verbliebenen Linden. Kosten: 40.000 Euro. Dazu kommt laut Sommerburg noch der Wert des Holzes, der mit dem Preis für die Aufräumarbeiten verrechnet wurde. „Das Holz ist jetzt im Besitz des Forstunternehmens“, so der LBV-Leiter. Bisher gehörten die Linden dem Land Schleswig-Holstein. Matthias Riese, Geschäftsführer des beauftragten Forstunternehmens Claus Rodenberg, schätzt den Wert auf 5000 bis 10.000 Euro. Etwa 300 Festmeter ergibt das Holz der 73 Linden. Festmeter ist die Maßeinheit, in der Holz berechnet wird: Ein Festmeter entspricht sozusagen einem ein Kubikmeter großen Holzklotz.

Im Moment sind die etwa 70 bis 100 Jahre alten Linden in einem Zwischenlager untergebracht. In den nächsten Wochen soll das Holz an Sägewerke und Zwischenhändler weiterverkauft werden. „Am wertvollsten sind die dicken Baumstämme“, sagt Jan Bergeest, der für die Claus Rodenberg GmbH arbeitet und sich um den Weiterverkauf kümmert. Aus diesem Holz werden dann Bohlen geschnitten, die ebenfalls weiterverkauft werden.

Einer der Interessenten ist der Hamburger Holzhändler Eckart Stuhlmann. Wenn der Unternehmer Nachschub für sein Lager besorgt, kauft er sprichwörtlich die Katze im Sack. Denn wie die Stämme von innen aussehen, kann er während der Begutachtung nur vermuten. „Das sogenannte Sturmholz hat innerlich oft Risse. Manchmal ist es durch die große Krafteinwirkung sogar gebrochen“, sagt Stuhlmann.

Zudem hätten ältere Bäume, die viele Jahrzehnte an Alleen standen, oft viele Einschlüsse: „Wenn sie zum Beispiel mal durch einen Autounfall beschädigt worden sind“, sagt der Unternehmer. „Und was meinen Sie, was wir da oft für Mengen an Metall rausholen?“ Im Lauf der Zeit hätten immer mal wieder Jäger etwas an die Stämme genagelt. Auch viele Kriegsschäden seien zu sehen. „Da stecken dann oft noch die Splitter im Inneren des Stammes.“

An diesem Donnerstag will Stuhlmann die Linden begutachten und entscheiden, welche der Stämme er kaufen wird. „Wir sägen das Holz dann ein und machen acht bis zwölf Zentimeter dicke und drei bis fünf Meter lange Bohlen daraus.“ Diese werden eingelagert und müssen ein bis zwei Jahre trocknen. Erst dann können sie weiterverkauft werden. Denn Holz enthält Feuchtigkeit und „arbeitet“ - je trockener es im Lauf der Zeit wird, desto mehr zieht es sich zusammen.

Weiches Lindenholz wird vor allem von Kunsthandwerkern gekauft

Für den normalen Möbelbau ist das Lindenholz nicht geeignet, weil es sehr weich ist. Daher wird es vor allem von Kunsthandwerkern gekauft. Die Preise können dabei sehr unterschiedlich sein, je nach Qualität. „Im Durchschnitt kostet zum Beispiel ein Klotz, der zehn Zentimeter stark, 30 Zentimeter breit und einen Meter lang ist, etwa 50 bis 60 Euro“, sagt Stuhlmann.

Von den 300 Festmetern Lindenholz macht der Anteil der wertvollen Baumstämme etwa 100 Festmeter aus. Ein Teil davon wird vermutlich in ein paar Jahren bei Drechslern und Schnitzern landen – und damit vielleicht später als Krippenfiguren aus Süddeutschland oder Schwibbögen aus dem Erzgebirge in deutschen Wohnzimmern. Und so liegt in dem unerwarteten Ende der Linden von Pölitz doch auch irgendwie wieder ein kleiner Neuanfang.