Ahrensburg. Klasse des Hochstapelns: Berufliche Schule in Ahrensburg bietet ab September eine Ausbildung für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice.
Ein erfolgreich geführtes Lager ist eines, das nicht nur raschen und möglichst großen Umschlag hat, sondern auch dafür sorgt, dass Güter dort bestens aufgehoben sind. So gesehen wird das Hochregallager der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Ahrensburg den Anforderungen voll gerecht – wenn man ihre Schüler als wertvolles Gut betrachtet. Denn das vor dreieinhalb Jahren gebaute Musterlager, in dem sich der berufliche Ernstfall simulieren lässt, hilft dabei, den Nachwuchs im Logistikbereich so gut auszubilden, dass dieser Bereich der Beruflichen Schule als ein Erfolgsmodell gilt, das bei Unternehmen und Politik auch außerhalb von Stormarn auf großes Interesse stößt.
In drei Jahren zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice
So erklärt sich auch, warum an der Ahrensburger Berufsschule zum kommenden Schuljahr ein neuer Bildungsgang eröffnet wird. Vom 1. September an werden dort Fachkräfte für Möbel- und Kücheneinbau und Umzugsservice unterrichtet. Gestartet wird die dreijährige Ausbildung einzügig mit etwa 30 Schülern in der ersten Klasse.
Der Anstoß zu dieser neuen Aufgabe der Beruflichen Schule kam von außen, von einem Unternehmen in der Region, das dringenden Bedarf hat. Möbel Höffner in Barsbüttel braucht für seine Tochterfirma Translogistik, die sich um Auslieferung und Montage kümmert, viel Nachwuchs. Erst seit 2011 gibt es für das Anforderungsprofil der rasch wachsenden Logistikbranche die Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, die in drei Jahren zum Facharbeiterbrief führt. Zentraler Ausbildungsort für Schleswig-Holstein war die Landesberufsschule in Elmshorn, wo die Azubis in der Zeit des Blockunterrichts im Internat untergebracht wurden.
Translogistik in Barsbüttel war mit diesem Angebot nicht zufrieden. Die Firma registrierte viele Abbrecher der Ausbildung und führte das auch auf den für die Stormarner ungünstigen Schulort zurück. Außerdem war bekannt, wie gut die Ausbildung in Ahrensburg funktionierte, seit dort 2011 extra für die Logistiker ein Hochregallager errichtet worden war. Möbel Höffner sondierte, ob nicht auch die eigenen Azubis davon profitieren könnten und weckte Interesse bei der Schule in Ahrensburg, die über ausreichend Kapazitäten verfügt.
Angebot für Schulabgänger, die schwer einen Ausbildungsplatz finden
Auch das Ministerium in Kiel war angetan von der Idee, ebenso die Arbeitsagentur in Bad Oldesloe. Die Ausbildung zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice ist nämlich ein niedrigschwelliges Angebot für Schulabgänger, die es nicht leicht haben, einen qualifizierenden Ausbildungsplatz zu finden. Die Schwelle durch einen zweiten Standort im Lande noch weiter zu senken, erschien reizvoll. Zumal sich Translogistik verpflichtete, mindestens 20 Azubis im Jahr zu stellen. Und es darüber hinaus Bedarf bei weiteren Logistikern in Stormarn geben wird. Kiel beschloss, das Projekt probeweise zu starten.
In Ahrensburg haben die Fachlehrer Carsten Pols und Stefan Wodarz den Start zum neuen Schuljahr vorbereitet. Es gibt Rahmenlehrpläne, die viel Spielraum für die Gestaltung der Ausbildung lassen. In Ahrensburg wird, anders als in Elmshorn, nicht im Block unterrichtet, sondern ein-, oder zweimal wöchentlich neben dem Job, um dicht an der Praxis im Betrieb zu sein.
Herzstück der Ausbildung: die 409 Quadratmeter große Lagerhalle
„Das Ganze soll eine breit angelegte Ausbildung mit Unterrichtsanteilen in Holz-, Metall- und Elektrotechnik werden, die nicht so in die Tiefe geht wie bei den Spezialisten“, sagt Schulleiter Joachim Steußloff. Klar ist, dass Azubis für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice eine komplexe Aufgabe erledigen müssen, die nicht nur Planung, Packen, Befestigung und Transport der Ware enthält, sondern auch die Montage von Möbeln und Geräten.
„Wir wollen, dass die Azubis einen kleinen E-Schein erwerben, damit sie einen Herd oder Durchlauferhitzer anschließen dürfen. Sie lernen auch, Spülen und Waschmaschinen zu installieren“, sagt Pols. „Im praktischen Unterricht behandeln wir Fragen, die nicht so simpel sind, wie sie scheinen. Zum Beispiel optimales Packen und Sichern einer Ladung. Das lässt sich nicht an der Tafel lehren.“ Deshalb gibt es als Herzstück der Ausbildung die 409 Quadratmeter große Lagerhalle mit Hochregallager. „Wir wollen hier so viel wie möglich abbilden“, sagt Pols, der das Lager einrichtete, nachdem er zur Anschauung Praktika bei einer Spedition und im Lübecker Hafen absolviert hatte.
Im Lager der Beruflichen lassen sich An- und Abfertigung von 22-Fuß-Containern an einer Rampe mit Rolltor proben, das Bestücken von Palettenregalen mit einem Gabelstapler, das Packen und die Arbeit mit einem digitalen Warenwirtschaftssystem.
Das Musterlager ist eine Investition in die Ausbildung, die sich auszahlt
„Dieses Musterlager ist einzigartig. Wir bekommen Anfragen von Firmen und Schulen, die Ähnliches planen und sich informieren wollen“, erzählt Wodarz. 1,45 Millionen Euro kosteten Bau und Ausstattung der Halle, eine Million davon brachte der Kreis auf. „Stormarn ist glücklicherweise finanzstark und hat großes Vertrauen in unsere Vorschläge. Diese Halle ist eine Investition, die sich auszahlt“, sagt Schulleiter Steußloff. Eine Berufliche Schule müsse heute schnell und anpassungsfähig auf Veränderungen am Arbeitsmarkt und auf neue Jobprofile reagieren.
Steußloff hat dazu noch eine Anekdote parat. Als junger Schulleiter war er zu Gast im Unterricht einer altgedienten Lehrerin, die ein Erdbeerkörbchen mit in die Stunde brachte, das Dinge enthielt, die ihre theoretische Fachkunde „praktisch untermauern“ sollten. „Sie hatte kaum mehr als einen Befestigungsgurt mit Ratsche und einen rotweiß-gestreiften Warnkegel. Ein rührender Versuch. Damals begriff ich, dass gut ausgestattete Praxisräume auch für diese Berufssparte unabdingbar sind. Viele Schüler lernen nämlich am besten von der Hand in den Kopf.“