Büttenwarder. Günther Griem aus Barsbüttel lernt seinen frechen Namensvetter aus der NDR-Kultserie kennen. Seine Mutter fürchtet um seinen guten Ruf.
Ihr Aufeinandertreffen war eher unfreiwillig – jetzt sind sie immerhin schon beim Freundschafts-Bier angekommen: Günther Griem aus Büttenwarder, stinkreicher Großgrundbesitzer und gerissener Steuerhinterzieher. Und Günther Griem aus Barsbüttel, früher Landwirt, Agrar-Fachmakler – und nicht sehr erfreut über die Namensgleichheit.
Griem und Griem stehen gerade am Filmset zu den Dreharbeiten zur NDR-Kultserie Neues aus Büttenwarder. Das gezapfte Bier ist daher alkoholfrei, der Gasthof Unter den Linden liegt in Wahrheit in Grönwohld, und Steuersünder Griem ist im normalen Leben der Hamburger Schauspieler Jürgen Uter. Im Dezember 2014 ist er als Serienfigur Günther Griem eingeführt worden – und das Schicksal nahm seinen Lauf:
NDR-Redakteurin erinnert sich gut an Anruf von Griems Mutter
„Meine Mutter hatte diese Folge zu Weihnachten gesehen. Und da hatte sie sich ziemlich erschrocken“, erzählt der 69-jährige echte Griem aus Barsbüttel. Denn Griem, also der aus der Serie, sei ein richtiges Schlitzohr. Und seine 93 Jahre alte Mutter – „noch absolut plietsch im Kopf“ – machte sich Sorgen um den guten Ruf ihres Sohnes. „Meine Mutter kam danach zu mir rüber und sagte: ,Ruf mal da an beim NDR. Vielleicht können die ja wenigstens den Vornamen ändern’“, erzählt Griem.
An das Telefonat kann sich NDR-Redakteurin Diana Schulte-Kellinghaus noch gut erinnern. „Ein Kollege nahm es entgegen. Er sagte zu mir: ,Diana, ruf’ da mal zurück, da ist irgendetwas schiefgelaufen.’“ In der Folge mit dem Namen „Rififi“ ist Günther Griem der Bürgermeister von Klingsiehl, Büttenwarders Nachbarort. Dort hantiert er mit ungeheuren Summen Schwarzgeld, die er verstecken will. Nur ein Zufall? „Natürlich!“, betont der echte Griem vehement. „Ich möchte auch endlich mal klarstellen, dass ich mit Günther Griem aus Büttenwarder nur den Namen teile. Sonst haben wir nichts miteinander zu tun!“ So richtig begeistert wirkt er aber irgendwie nicht. „Diese Schlitzohrigkeit ist schon extrem. Und wer weiß, was die sich künftig noch alles ausdenken“, sagt er skeptisch.
„Die“, das ist in diesem Fall Drehbuchautor Norbert Eberlein, der Erfinder der Serienfigur Günther Griem. Die Namensgleichheit sei einfach ein unglaublicher Zufall, so die NDR-Redakteurin Schulte-Kellinghaus. Meistens nehme Eberlein Namen aus seinem Bekanntenkreis. „Zum Beispiel wird jetzt die Serienfigur Erika Primatzki eingeführt, die einen Friseursalon führt. So heißt eine Freundin seiner Mutter“, sagt die Redakteurin. Und die Figur Jürgen Seute trage den Namen eines Kegelbruders seines Vaters.
Der Name sollte kurz sein, wie ein Peitschenhieb
Für die Rolle des Günther Griem suchte der Drehbuchautor jedoch nach einem einsilbigen Namen: „Der Nachname kommt immer zuerst“, sagt Norbert Eberlein. „Es sollte ein Name sein wie ein Peitschenhieb, wie ein Striemen.“ Der echte Griem, der Namensvetter, der ja eigentlich schon vorher da war, muss jetzt damit leben, immer wieder auf Büttenwarder angesprochen zu werden. „Beruflich verkaufe ich landwirtschaftliche Flächen und komme daher mit vielen Leuten zusammen“, sagt das Original. Er sei auch schon mal von einem Kunden begrüßt worden mit den Worten: „Ah, da kommt ja der Bürgermeister von Klingsiehl!“
Das, was Günther Griem seit vier Monaten erlebt, kennen andere schon seit Jahren: „Es gibt zum Beispiel eine Frau Brakelmann, die irgendwo in Norddeutschland in der Telefonakquise arbeitet“, sagt NDR-Redakteurin Diana Schulte-Kellinghaus. „Und diese Frau hat immer wieder Probleme, wenn sie ihren Namen am Telefon nennt.“ Sie merke dann regelrecht, wie auf der anderen Seite der Leitung langsam der Groschen falle. Kurt Brakelmann heißt eine der Hauptfiguren, gespielt von Jan Fedder.
Die Dreharbeiten laufen seit Anfang April
„Mittlerweile haben sich schon viele Doppelgänger bei uns gemeldet“, sagt Schulte-Kellinghaus. Auf der Facebook-Seite von „Neues aus Büttenwarder“ sucht sie jetzt nach weiteren Namensvettern von Adsche, Brakelmann, Kuno und Co. Rechtlich gesehen müssen Menschen damit leben, wenn fiktive Serienfiguren den gleichen Namen tragen. „Jedenfalls solange sie keine äußere Ähnlichkeit miteinander haben und Fiktion und Realität klar erkennbar sind“, sagt die für die Serie Büttenwarder zuständige Redakteurin. Überprüft werde aber in der Regel nicht, ob jemand aus den Nachbarorten vielleicht den gleichen Namen trage.
Die Dreharbeiten laufen seit Anfang April, unter anderem in Grönwohld am Gasthof Unter den Linden der Familie Oetjen – dem fiktiven Örtchen Büttenwarder. „Wir drehen immer drei Folgen in drei Wochen“, sagt Schulte-Kellinghaus. Und sie verrät dem echten Günther Griem aus Barsbüttel, wie es künftig weitergehen wird mit seinem Doppelgänger: „Griem spielt bald eine tragende Rolle: Er wird Bürgermeister von Büttenwarder.“
Griem lädt Griem ins Ohnsorg-Theater ein
Die Folge wurde bereits gedreht und wird voraussichtlich im Dezember ausgestrahlt. „Normalerweise ist die Serienfigur Günther Griem immer schick gekleidet“, sagt Schulte-Kellinghaus und lacht. „Aber in dieser Folge hat er sich verkleidet.“ Mit Latzhose und gelben Gummistiefeln, um so auszusehen wie die Büttenwarder Bauern. „Er versucht auf diese Weise, für sich PR zu machen“, so die Redakteurin.
Als Schauspieler hat Jürgen Uter PR aber nicht mehr nötig: Er ist bereits Ende 2013 für die Rolle ausgewählt worden, davor stand er am Hamburger Schauspielhaus auf der Bühne. „Für mich ist es die Erfüllung eines Traums, dass ich in Büttenwarder dabei sein kann“, sagt der 63-Jährige. Auch, wenn es eine Herausforderung sei, „das Besondere an Büttenwarder herauszuarbeiten“. Es sei nicht leicht, eine Balance zu finden zwischen der Skurrilität einer Figur und deren realistischer Darstellung. Im Moment ist Uter auch am Hamburger Ohnsorg-Theater in der Komödie „Aspirin un Elefanten“ zu erleben – und hat Günther Griem spontan in eine Vorstellung eingeladen.
Flugzeuge stören immer häufiger die Dreharbeiten
Während nun Griem und Griem vor dem Gasthof Unter den Linden gemütlich miteinander plaudern, hat das Team gerade Drehpause. Gezwungenermaßen. Das Auto springt nämlich nicht mehr an, mit dem Griem in einer Szene vom Hof fahren soll. Aber solche Widrigkeiten ist die Crew gewohnt. „Letztes Jahr hatten wir eine Taube auf dem Dach, die ständig gegurrt hat“, erzählt Schulte-Kellinghaus. „Wir haben alles versucht, haben sogar mit Bällen nach ihr geworfen, um sie da runter zu kriegen. Auch da mussten wir am Ende eine Drehpause machen.“
Die größten Probleme verursachten allerdings Flugzeuge. Und der Straßenverkehr. Deshalb wird die Dorfstraße vor dem Gasthof in Grönwohld durch eine mobile Ampelanlage abgesperrt – wenn die Kamera läuft. Schulte-Kellinghaus: „Aber die Bauern kennen das. Die wissen, dass hier im Frühjahr und Sommer Büttenwarder ist.“