Ahrensburg. Verrechnet: Statt 1,2 Millionen Euro hat der Ahrensburger Energieversorger im Jahr 2012 nur 170.000 Euro erwirtschaftet.

Und plötzlich ist der Jahresgewinn auf etwa ein Sechstel der ursprünglichen Summe geschrumpft – lange nachdem die Buchhalter den Jahresabschluss erstellt, der Geschäftsführer und der externe Wirtschaftsprüfer die Bilanz geprüft haben und der Aufsichtsrat die Bilanz abgenickt hat. So geschehen jetzt bei den Stadtwerken Ahrensburg. So lag der Jahresüberschuss des Energieversorgers im Jahr 2012 nach erster Abrechnung bei etwa 1,2 Millionen Euro. Nun musste der Jahresabschluss korrigiert werden: Demnach liegt der Gewinn nun bei etwa 170.000 Euro. Auch die Gewinnsumme in der Prognose des Jahresabschlusses 2013 musste empfindlich nach unten korrigiert werden.

Einige Posten wurden übersehen, sie summieren sich auf 1,5 Millionen Euro

Der Grund: Die Buchhaltung hatte einige Posten des Geschäftsjahres 2012 nicht mit in die Bilanz einbezogen. In der Summe belaufen sich diese Posten auf 1,5 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um sogenannte Netznutzungsentgeltzahlungen. Diese resultieren daraus, dass die Stadtwerke, um ihre Kunden mit Strom und Gas zu versorgen, in Teilen Netze dritter Anbieter benutzen und entsprechend dafür zahlen müssen. Das gilt etwa für alle Stromkunden in und um Ahrensburg sowie für Gaskunden, die außerhalb der Stadtgrenzen leben.

Horst Kienel ist Kämmerer im Ahrensburger Rathaus und Geschäftsführer der Stadtwerke Ahrensburg, einer 2004 ins Leben gerufenen und hundertprozentigen Tochter der Stadt. Er sagt: „Dass mit dem Jahresabschluss 2012 etwas nicht stimmen kann, haben wir bemerkt, als wir am Abschluss für 2013 gearbeitet haben.“ Da waren Kosten für die Nutzung fremder Netze in einem Umfang erfasst worden, der nicht stimmen konnte. De facto handelte es sich um Posten, die in die Bilanz des Geschäftsjahres 2012 gehört hätten. Laut Kienel richten sich die tatsächlichen Kosten für die Netznutzungsentgelte nach dem Verbrauch der Kunden. Der sei zwar im Vorwege „kalkulierbar, aber nicht immer in der exakten Höhe.“ Etwa, wenn in einem besonders kalten Winter überdurchschnittlich mehr geheizt werde.

Bei der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses wollte die Geschäftsführung der Stadtwerke und die Verwaltung die Korrektur des Jahresabschlusses 2012 den Politikern vorstellen und die Gründe erläutern – unter Ausschluss der Bürger und Presse im nicht öffentlichen Teil der Sitzung. Das Argument: Die Geschäftsgeheimnisse müssten gewahrt werden. Dagegen protestierte Tobias Koch, Fraktionschef der CDU: „Das Argument war völlig haltlos, da die Jahresbilanz samt Nachtragsbericht längst im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde.“ Der Bundesanzeiger ist ein Bekanntmachungsorgan der Bundesbehörden. Er wird vom Justizministerium herausgegeben und seine Inhalte können unter anderem im Internet nachgelesen werden.

CDU kritisiert, dass aufgrund falscher Annahmen Entscheidungen getroffen wurden

Thema des Hauptausschusses war zudem der Jahresabschlussbericht 2013. Auch in diesem Geschäftsjahr hat sich der Gewinn wegen der erhöhten Netznutzungsentgeltzahlungen verringert. Von etwas mehr als einer Million Euro auf rund 600.000 Euro. Tobias Koch dazu: „Insgesamt haben sich damit weit mehr als eine Million Euro Gewinn in Luft aufgelöst, die Summe, die bislang für 2012 feststand beziehungsweise die, die für 2013 prognostiziert war.“ Zudem kritisiert der CDU-Chef, dass deswegen seit zwei Jahren Entscheidungen in den zuständigen Gremien der Stadtwerke auf „vollkommen falscher Grundlage“ getroffen worden seien. Das ärgert auch Hinrich Schmick, Chef der WAB-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung und Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Er sagt: „Vor allem kritisiere ich, dass uns im Aufsichtsrat Zahlen vorgelegt worden sind, im Anschein sie seien korrekt, die, ganz im Gegenteil, falsch waren.“ Schmick ist der Ansicht, dass darüber nachgedacht werden müsste, ob der externe Wirtschaftsprüfer wieder beauftragt werden sollte.

Jochen Proske, Chef der SPD und Stadtverordneter sagt: „Das ist bedauerlich, dass es Korrekturen geben musste.“ Ein großes Problem sieht er in der Konsequenz aber nicht: „Die Geschäftsführung konnte uns die Gründe plausibel darlegen.“ Ähnlich beurteilt das auch Michael Stukenberg, Stadtverordneter der FDP und ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke, der zwar über „schwere handwerkliche Mängel“ bei der Bilanzierung spricht, aber auch sagt: „Letztlich ist aber kein Schaden entstanden.“ Die Posten, die 2012 in der Jahresbilanz vergessen wurden, seien bei den Zahlen für 2013 aufgetaucht. Eine Verschiebung. „Die Stadtwerke haben mittlerweile im entsprechenden Bereich neues Personal. Es wird also am Problem gearbeitet.“

FDP wittert hinter der Kritik der CDU an den Stadtwerken Wahlkampf

Es sei vor diesem Hintergrund nicht fair, wenn die CDU die Jahresbilanzkorrektur aufbauscht, weil in Ahrensburg Bürgermeisterwahlen anstehen, so Stukenberg. Das findet auch Jochen Proske, dessen Partei Amtsinhaber Michael Sarach als Kandidat nominiert hat. Er sagt: „Der Vorfall eignet sich dafür auch nicht, denn Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke, der sich hinter die Korrektur der Stadtwerke gestellt hat, ist auch Christian Conring.“ Der 49-jährige CDU-Politiker ist neben dem Grünen-Stadtverordneten Jörg Hansen Herausforderer des Bürgermeisters.