Reinbek. Reinbeker Bauprojekt am Mühlenteich wird um 50 Prozent teurer. Kommunalpolitiker erwägen Verzicht. Das könnte unangenehme Folgen haben.

Der Bau einer Fischtreppe am Mühlenteich-Wehr in Reinbek droht zu scheitern. Grund ist eine Kostensteigerung um rund 50 Prozent. War Ende vergangenen Jahres noch von 1,8 Millionen Euro die Rede, soll das Projekt nun mit 2,63 Millionen Euro zu Buche schlagen. Vielen Politikern ist das zu viel. Sie wollen den sogenannten Borstenfischpass unter diesen Voraussetzungen nicht.

Das Thema beschäftigt die Entscheidungsträger schon seit Jahren. Bereits 2012 hatte es erste Planungen gegeben. „Sie waren aber so schlecht, dass wir noch mal von vorn anfangen mussten“, sagt Bauamtsleiter Sven Noet­zel. Im Oktober 2014 sprachen sich die Stadtverordneten nach hitziger Diskussion mit knapper Mehrheit für den Bau aus.

An der Ausschreibung waren 21 Firmen interessiert, nur drei legten jedoch Angebote vor. Zwei von ihnen fielen durchs Raster, weil sie unter anderem von der Leistungsanforderung abgewichen waren.

„Wir sind jetzt auch bei dieser Summe, weil die Politik das Bauprogramm erst im Oktober statt im August freigegeben und somit die Kalkulationszeit verkürzt hat. Aus meiner Sicht hätten wir sonst bessere Angebote gehabt“, sagt Noetzel.

Die Anlage soll ermöglichen, dass Aale, Schleie und andere Fische künftig zu den Laichgewässern im Oberlauf der Bille gelangen können. Unterstützt wird das Projekt vom Land Schleswig-Holstein. Es stellt Reinbek EU-Fördergeld zur Verfügung. So werden 90 Prozent der Kosten nicht auf die Stadt zurückfallen. Zeitgleich mit dem Bau der Fischtreppe sollen auch der marode Wehrsteg erneuert und die denkmalgeschützte Ufermauer saniert werden. Bauamtsleiter Noetzel: „Dadurch, dass wir alles gemeinsam machen, werden Teile der anderen beiden Projekte mit gefördert.“

Für Reinbek bedeutet das konkret: Die Stadt müsste von den 2,63 Millionen Euro rund 615.000 Euro selbst zahlen. Weil das Land die Zuweisung des Fördergeldes auf drei Jahre bis 2017 streckt und Reinbek damit in 2015 weniger bekommt als angedacht, sollen die Stadtverordneten in ihrer Sitzung am Donnerstag, 30. April, 828.000 Euro zusätzlich bewilligen. „Im Haushalt stehen 1,6 Millionen bereit, wir benötigen aber 2,4 Millionen Euro, um die Aufträge auch bezahlen zu können“, sagt Noetzel.

Für Forum-21-Fraktionschef Heinrich Dierking ist das Projekt schon gestorben

 Heinrich Dierking
Heinrich Dierking © René Soukup

Geht es nach Heinrich Dierking, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Forum 21, ist das Projekt am übernächsten Donnerstag gestorben. Der Politiker: „Es gibt kein Argument mehr dafür. Bei diesen Zahlen kann man nicht von einem guten Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen sprechen. Der Öffentlichkeit ist das jedenfalls nicht mehr zu vermitteln.“

Laut Dierking sind negative Auswirkungen auf den Mühlenteich und die Bille oberhalb des Wehres durch den Verzicht auf die Fischaufstiegsanlage nicht zu erwarten. Er sagt: „Großen Bereichen der Bille wird heute schon ein guter ökologischer Zustand bescheinigt. Also lassen wir das Ökosystem sich doch weiterhin naturnah entwickeln.“ Die Stadt habe andere kostspielige Aufgaben zu bewältigen, etwa die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude.

Genauso wie Forum 21 hatte sich auch die FDP im vergangenen Jahr gegen den Bau ausgesprochen. Der Fraktionsvorsitzende Bernd Uwe Rasch: „Erst sollte Reinbek 170.000 Euro an Eigenmitteln aufbringen, jetzt ist es mehr als das Dreifache, hinzu kommt das Risiko der Baukostensteigerung.“ Dass die Stadt bereits 140.000 Euro für die Planung ausgegeben hat und das Geld bei einem Verzicht auf die Anlage verschenkt wäre, ändert die Meinung des Liberalen nicht. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagt Rasch. Er halte die Anlage auch ökologisch für fragwürdig.

Während die Grünen die Fischaufstiegsanlage wollen, gibt es bei der CDU und SPD keine einheitliche Meinung. „Die Mehrheit meiner Fraktion hat als erste Reaktion auf die neuen Zahlen ablehnend reagiert“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans Helmut Enk. Er wird das Thema nun intern diskutieren, prophezeit aber, „dass wir auch auf der Stadtverordnetenversammlung nicht geschlossen dafür stimmen werden“. Sozialdemokrat Gerd Prüfer, der sich in der Vergangenheit für das Projekt ausgesprochen hat, sagt: „Ich bin aus allen Wolken gefallen und mit dem Preis nicht einverstanden.“ Er habe das Gefühl, dass er mit seiner Meinung in der Fraktion nicht allein stehe.

CDU-Mann Enk selbst zählt noch immer zu den Befürwortern des Projekts. Er befürchtet, dass das Land die Stadt Reinbek zum Bau zwingen könnte und die Stadt die kompletten Kosten dann allein tragen müsste. Diese Gefahr sieht auch Bauamtsleiter Noetzel. Er sagt: „Der Bau ist von einem Gutachterausschuss des Landes empfohlen worden. Die gesetzliche Grundlage würde es ermöglichen, dass wir einen entsprechenden Bescheid bekommen.“

Laut Reinbeks Bauamtsleiter müssen Ufermauer und Wehrsteg ohnehin angefasst werden. „Sollten die Arbeiten nicht während des Fischtreppenbaus erfolgen, kostet uns das 500.000 Euro. Förderung gibt es dann nicht.“