Stapelfeld. Bürgerbegehrendes Stapelfelder Sportvereins findet Mehrheit, Bürgerinitiative unterliegt. Wahlbeteiligung liegt bei mehr als 40 Prozent.

Am Morgen danach besichtigt Rainer Matzanke den Ort, um dessen Gestaltung in den vergangenen Monaten heftig gestritten worden ist. In seinem Rollstuhl fährt der Vorsitzende des Vereins für Sport und Gemeinschaftspflege (VSG) Stapelfeld auf den Grandplatz Am Drehbarg, der von Pfützen übersät ist. Die Dränage ist kaputt. Auch Bürgermeister Jürgen Westphal (Wählergemeinschaft Stapelfeld) und die Fraktionsvorsitzenden von CDU sowie SPD, Dieter Scheel und Klaus Fechner, sind gekommen. Hier wird demnächst eine neue Sportanlage entstehen, das Spielfeld verlegt und einen Kunstrasen bekommen. Zudem wird der Platz um eine 400-Meter-Laufbahn ergänzt. Eigentlich könnten die Herren jubeln, doch das machen sie nicht. „Da bleibt einiges nach, im Ort ist eine Spaltung aufgetreten“, sagt Matzanke mit ernstem Blick.

Bis Sonntagabend, 18 Uhr, waren die Stapelfelder aufgerufen, über zwei Bürgerbegehren zu einem Thema abzustimmen – nämlich darüber, ob die Anlage modernisiert werden soll oder nicht. Ein Novum in Schleswig-Holstein. 580 Bürger machten ihre Kreuze, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 40,4 Prozent. Die Gegner des Projekts haben verloren. „Das erleichtert, schließlich ist es unser Baby. Die Politik war einstimmig dafür“, sagt Fechner.

Eine Bürgerinitiative rief das erste Bürgerbegehren ins Leben

Bei Teilen der Bevölkerung stieß das Vorhaben auf wenig Gegenliebe. Es bildete sich eine Bürgerinitiative, die inzwischen im Verein Bürger-Interessen-Gemeinschaft (BIG) Stapelfeld organisiert ist. Sie initiierte das erste Bürgerbegehren. „Weil die Gemeinde nicht bereit war, ein offizielles Gespräch mit uns zu führen, obwohl wir darum gebeten hatten“, sagt die 1. Vorsitzende Katrin Delfs. Seitdem waren die Planungen für den Umbau, dessen Kosten sich nach ersten Schätzungen auf 1,4 Millionen Euro belaufen, auf Eis gelegt.

Als Reaktion auf die Aktivitäten der Initiative startete der VSG-Vorstand ebenfalls ein Bürgerbegehren. „Wir wollten zeigen, dass wir da sind und es nicht hinnehmen“, sagt Matzanke. Der Vorsitzende des 540 Mitglieder starken Vereins hatte um dessen Fortbestand gefürchtet. „Die Fußballabteilung hatte einen großen Aderlass. Die 1. Herrenmannschaft wäre ohne neue Anlage gegangen. Jetzt können wir wieder aufbauen.“ Zudem fördere der Verein den Breitensport, nehme pro Jahr rund 200 Sportabzeichen ab. Es geht laut Matzanke um gute Trainingsbedingungen für Kinder und Jugendliche. Dazu bedürfe es auch einer entsprechenden Anlage.

Auf einem Zettel sollten die Bürer über beide Begehren abstimmen

Als Folge der unterschiedlichen Meinungen wurde den Stapelfeldern nun ein DIN-A4-Zettel präsentiert, auf dem sie über beide Begehren abstimmen konnten. „Sind Sie gegen den Neubau eines Sportplatzes Am Drehbarg“, lautete die Frage des ersten Bürgerentscheids. Für dieses Begehren stimmten 205 Stapelfelder, 330 machten ihr Kreuz bei „Nein“. Beim Begehren des Sportvereins hieß es: „Sind Sie für eine Modernisierung der Sportanlage Am Drehbarg, in deren Zuge das Spielfeld verlegt und mit einer umlaufenden Laufbahn versehen wird?“. Bei dieser Entscheidung stimmten 394 mit „Ja“ und 166 sprachen sich gegen die Modernisierung aus.

Wirklich enttäuscht ist Delfs über das Votum nicht: „Ich habe es so erwartet und bin vielmehr erleichtert, dass die Bürger entschieden haben.“ Das Thema sei für die Bürgerinitiative jetzt abgehakt.

Die Streitigkeiten in Stapelfeld begannen bereits im März 2013. Ursprünglich waren sie gar nicht um den Sportplatz Am Drehbarg entbrannt, sondern entzündeten sich an der Planung der Gemeinde, den Sportplatz an der Grundschule am Von-Eichendorff-Weg mit Wohnhäusern zu bebauen. Auf dem Areal entstehen 16 Einfamilienhäuser, drei weitere in der Nachbarschaft. Die Grundstücke sind vergeben. Stapelfeld kassiert für deren Verkauf 2,4 Millionen Euro abzüglich der Erschließungskosten, investiert das Geld in das Projekt Am Drehbarg, um dort die Zentralisierung des Sports in der Gemeinde umzusetzen.

Nach dem Entscheid hat die Bürgerinitiative Flugblätter verteilt

Den 143 Jungen und Mädchen der offenen Ganztagsschule ist eine 3300 Quadratmeter große Rasenfläche des benachbarten Sportplatzes geblieben, die dem Schulverband gehört. „Die Kinder leben demnächst an einer Baustelle und haben einen amputierten Sportplatz“, klagt Delfs.

Die Bürgerinitiative hatte noch am Freitag Zettel an die Haushalte verteilt. Auf ihnen steht unter anderem, „Die Gemeinde hat kein Herz für Kinder“, die Neubaukosten seien „reine Verschwendung von Steuergeldern“. Fechner bezeichnet die Vorwürfe als „Unverschämtheit“. Der Politiker: „Wir sind finanziell gesund und nehmen für das Projekt keine Kredite auf.“ CDU-Chef Scheel sagt, ausgerechnet diejenigen, die vor vielen Jahren einen Ausbau des Sportplatzes an der Schule abgelehnt hätten, seien nun auch gegen das neue Sportplatzprojekt gewesen. Die Initiative beklagt indes, dass Unbekannte in der Nacht zu Sonntag einige ihrer Wahlplakate entwendet hätten.