Das Abendblatt stellt die Nominierten für den Jugendprojektpreis vor. Heute sind die Bargteheider Stadtmusikanten an der Reihe.
Bargteheide. Zu den Klängen des Radetzky-Marsches öffnet Hella Lorberg die Haustür, begrüßt den Gast mit einem freundlichen „Guten Tag“ und einem ebenso freundlichen Lächeln. „Das ist unsere Türklingel. Es gibt mehrere Melodien, wir wählen sie nach Stimmung aus“, sagt sie. Ein Marsch also. Passt. Denn schwungvoll ist diese Frau, die sich seit Jahrzehnten in der musikalischen Szene in Bargteheide engagiert. Jetzt ist die 76-Jährige mit den Bargteheider Stadtmusikanten für den Jugendprojektpreis nominiert worden.
Vor ziemlich genau einem Jahr wurde das Netzwerk von der Bargteheiderin gegründet. Die Mitglieder haben das Ziel, Kinder früh an Musik heranzuführen, und zwar durch Konzerte und unterschiedliche Angebote zur musikalischen Früherziehung. 16 Mitglieder gehören mittlerweile zu den Bargteheider Stadtmusikanten, drei mehr als zum Start des Projekts. Es sind unter anderem Musikschulen, Schulen, die Kirche und die Stadt selbst.
Einige Kinderhaus-Besucher bekommen regelmäßig Musikunterricht
Mehrere Projekte hat Lorberg mit ihren Mitstreitern vom Netzwerk bereits realisiert. Darunter: Kinderkonzerte in Schulen oder das sogenannte Instrumentenkarussell. Ein Angebot, bei dem Musiker Kita-Kindern ihre unterschiedlichen Instrumente zeigen und vorspielen, damit die Kinder hören, wie es sich anhört, wenn Klavier, Gitarre, Geige oder Cello gespielt werden.
„Je früher Kinder mit Musik in Kontakt kommen, desto stärker wirkt es sich auf ihre Entwicklung aus“, sagt Lorberg. Musik, da ist sich die ausgebildete Sängerin sicher, fördert die Kreativität, den Teamgeist, die Sprache (beim Singen) und die Motorik – etwa beim Tanzen – der jüngsten Bargteheider. Und nachhaltig sei die musikalische Früherziehung zudem. „Wer einmal den Zugang zur Musik gefunden hat, der hat etwas für das ganz Leben“, sagt Lorberg.
Besonders stolz ist die Bargteheiderin auf ein Projekt des Netzwerks im Blauen Elefanten, dem Bargteheider Kinderhaus des Deutschen Kinderschutzbundes. Es heißt „Der Blaue Elefant macht Musik“, wird mit Spenden finanziert und ist der Bereitschaft einiger Netzwerkmitglieder zu verdanken, Wissen und Kapazitäten günstig zur Verfügung zu stellen.
Eine Gruppe von acht bis zehn Kindern im Alter zwischen drei und zehn Jahren kann deswegen seit September einmal in der Woche zur musikalischen Früherziehung in eine Bargteheider Musikschule gehen. Dort lernen sie Instrumente kennen, dürfen etwa trommeln oder am Klavier klimpern. Zudem tanzen sie gemeinsam und singen auch zusammen.
Mit dem Preisgeld will das Netzwerk Konzerte subventionieren
Ein dreijähriger Junge, der zu der Gruppe gehört, habe die Bargteheider Stadtmusikanten kürzlich richtig glücklich gemacht, sagt Hella Lorberg: „Er hat nämlich autistische Züge und bisher nie gesprochen. Der Junge ist zudem sehr passiv.“ Nachdem die Kinder eine Weile zum Musikunterricht gegangen sind, habe der Kleine – als sich die ganze Gruppe für den Aufbruch bereit machte – plötzlich ein Wort gesagt. Es lautete: Musik.
Durch den Unterricht in der Musikschule sei der Junge viel lebendiger geworden, sagt sie. „Dieses eine Ereignis ist das beste Argument, das ich habe, um zu demonstrieren, wie wichtig unsere Arbeit ist.“
Wichtig sei ihr aber auch, noch viele Einrichtungen ins Boot zu holen – und vor allem viele junge Bargteheider zu erreichen. Lorberg: „Es gibt viele Eltern, die sich Musikunterricht oder Eintrittskarten für Konzerte nicht leisten können.“ Sie spricht von einer Hemmschwelle, die sie überwinden möchte.
Das eventuelle Preisgeld würde Hella Lorberg deswegen gern nutzen, um die Konzerte zu subventionieren. „So könnten auch Kinder kommen, deren Eltern nicht so viel Geld haben“, sagt sie. Und sie möchte Projekte wie „Der Blaue Elefant macht Musik“ fortführen und das Angebot ausbauen. Geplant ist unter anderem eine Beteiligung der Stadtmusikanten am Bargteheider Stadtfest im Sommer. Zudem überlegt Lorberg mit ihrem Team, wie Senioren in die Arbeit des Netzwerkseingebunden werden könnten . So steht in der offiziellen Hymne der Bargteheider Stadtmusikanten nicht nur: „Bist du klein, dann fang an und bleib am besten dran, denn Musik macht dir Mut…“, sondern auch „Musizieren gibt Schwung und hält die Menschen jung.“
„Wir haben viel vor und brauchen das Preisgeld“, sagt Hella Lorberg. Wenn sich die Bargteheider Stadtmusikanten gegen ihre vier Konkurrenten durchsetzen, dann spielt ihre Türklingel beim nächsten vielleicht nicht mehr Marschmusik. „We Are the Champions“ von Queen würde dann sicherlich ganz hervorragend passen.