Michael Eckstein, Vorsitzender der Bürgerstiftung Region Ahrensburg, beobachtet gewisse Planlosigkeit. Der Jugendprojektpreis soll Orientierung geben. Bewerber können Ideen bis 31. Januar einreichen.
Ahrensburg. Die Kompetenzen junger Stormarner zu stärken, ihr Interesse an gesellschaftlichen Themen zu wecken, Jugendliche zu integrieren, das ist das Ziel des Jugendprojektpreises der Bürgerstiftung Region Ahrensburg. Seit sieben Jahren sucht sie aus diesem Grund die beste Projektidee und fördert sie in Kooperation mit der Raiffeisenbank Südstormarn Mölln mit 3000 Euro Preisgeld. Zum Start des Jugendprojektpreis 2015 hat das Abendblatt mit Michael Eckstein, dem Vorsitzenden der Stiftung, gesprochen.
Hamburger Abendblatt: Herr Eckstein, die Jugend von heute ist …?
Michael Eckstein: Soweit ich das beurteilen kann, ist die Jugend selbstbewusst und zielorientiert, sie hat gute Ideen, und viele der Jungen und Mädchen sind gut ausgebildet. Die Jugend ist aber manchmal zu brav. Gefühlt war früher mehr Protest.
Welche Nachteile hat es, 2015 zur Jugend zu gehören?
Eckstein: Die Jugend hat das Problem, dass die Gesellschaft stets älter wird. Sie rückt in eine gewisse Minderheitenposition. Das führt zur Gewichtsverschiebung. Nicht jede Kommune schafft es, an die Jugendlichen zu denken.
Was brauchen die Jugendlichen?
Eckstein: Viele brauchen mehr Unterstützung beim Weg ins Leben. Da geht es vor allem darum, Hinweise zu geben, was man beruflich machen kann. Den Jugendlichen fehlen oft schlicht die Ideen. Die Eltern wollen oder können die Orientierungshilfe nicht immer leisten, und die Schulen können dies offenbar auch nicht in vollem Umfang. Das betrifft insbesondere die Frage, wie man sich und sein Leben organisieren und seinen Plan für die Zukunft entwickeln kann.
Ist die Orientierung für Jugendliche heute schwerer als früher?
Eckstein: Nicht unbedingt, aber es ist für einen Teil der Jugendlichen schwer. Wenig hilfreich ist dabei auch, dass die Jugendlichen beim Schulabschluss heute noch jünger sind und natürlich noch weniger wissen, was sie machen wollen und können. Sie sind für viele sinnvolle Sachen zu jung, weil sie nicht 18 sind. Das gilt zum Beispiel für internationale Erfahrungen nach der Schulzeit wie Freiwilligendienste oder Work and Travel. Und je jünger sie sind, desto mehr Hilfe brauchen sie. Das ist auch der Grund, warum die Bürgerstiftung Region Ahrensburg sich unter anderem mit dem Preis für Jugendliche einsetzt.
Aber die Jugendlichen haben doch heute viel mehr Möglichkeiten, sich Information zu besorgen. Sie können etwa im Internet recherchieren…
Eckstein: Das ist richtig, aber geben Sie doch bei Google ein Stichwort ein. Dann haben sie schnell 20.000 Treffer und wissen immer noch nicht weiter. Wenn man keine Idee hat, hilft die Zugriffsmöglichkeit auf die vielen Informationen auch nicht weiter. Dazu müssen die Jugendlichen wissen, wie sie suchen können und wie sie die Informationen auswerten können. Und da muss angesetzt werden.
Was können Jugendliche zur Orientierung machen?
Eckstein: Sich aufs Leben vorzubereiten und erwachsen zu werden, das hat ja viel damit zu tun, auf sich zu schauen, sich kennenzulernen – die Schwächen und Stärken. Praktika, die bei Schulen mittlerweile auf dem Lehrplan stehen, helfen beispielsweise. Auch interkulturelle Begegnungen, etwa Auslandserfahrungen, können da wertvoll sein.
Und was kann der Jugendprojektpreis ändern?
Eckstein: Unsere Beobachtung ist, dass es gute Ideen gibt, um Jugendliche bei der Orientierung zu unterstützen, die Initiatoren sie aber nicht allein umsetzen können. Oder keine Mitstreiter finden. Deswegen ist der Preis dazu gedacht, die innovativen Ideen, die es ja gibt, bekannter zu machen und den Initiatoren zu helfen, sie zum Laufen zu bringen. Dafür brauchen die Projekte Geld und Öffentlichkeit. Dazu trägt der Preis bei.
Gibt es Projekte, über die Sie sich besonders freuen würden?
Eckstein: Über alles, das in die Richtung Bildung und Persönlichkeitsentwicklung der jungen Leute geht. Das wäre eine Bereicherung. Projekte, die für junge Flüchtlinge konzipiert sind, würden auch gut dazu passen. Integration ist schließlich ein wichtiges Thema. Je schneller wir den Menschen die Chance geben, sich bei uns einzugliedern, desto mehr profitiert auch unsere Gesellschaft.
Sie sind in der Jury zu fünft und kommen aus ziemlich unterschiedlichen Bereichen. Wie schwer ist es da, sich auf einen Sieger zu einigen?
Eckstein: Das ist natürlich Absicht. Es geht darum, dass wir unterschiedliche Sichtweisen auf die Jugend haben und diese berücksichtigen. Wir schauen uns gemeinsam alle Bewerbungen an, ob sie den formalen Kriterien entsprechen. Aus denen wählen wir die besten fünf oder sechs Ideen aus. Dann besucht jeweils ein Jurymitglied die Initiatoren und interviewt sie. Im nächsten Schritt vergeben wir den Projekten in den unterschiedlichen Kategorien Punkte, die kann man dann zusammenzählen. Das Erstaunliche ist, dass sich die Ranglisten bei den Jurymitgliedern zumeist gleichen, obwohl wir so unterschiedlich sind.