Stormarner Jungbauern wie Marcus Babbe sind besorgt um ihre berufliche Zukunft. Die Debatte über Schweinemast beherrscht den Kreisbauerntag.
Bad Oldesloe. Junge Menschen wie Marcus Babbe, 26, überlegen sich heutzutage zweimal, ob sie den bäuerlichen Familienbetrieb von ihren Eltern übernehmen und weiterführen. „Die Perspektiven sind ungewiss, weil die Politik jede Planungssicherheit zunichte macht“, sagt der junge Schweinebauer aus Travenbrück. Er hat es trotzdem gewagt und sich vor eineinhalb Jahren selbstständig gemacht. Im Ortsteil Schlamersdorf hat er 900 Schweine, weitere 500 in einem anderen Stall im Nachbarort. „Wir Bauern haben so einen schlechten Stand in der Politik und in der Gesellschaft. Die Verordnungen werden immer strenger, der Investitionsdruck immer größer. Ich weiß nicht, ob ich den Betrieb mein ganzes Berufsleben werde halten können.“
Die Nutztierhaltung und ihr Image – das Thema hat beim Kreisbauerntag in Bad Oldesloe am Dienstag auch die eigentliche Diskussion über die Agrarreform überschattet. Aktueller Anlass der Debatte ist die geplante Erweiterung einer Schweinemastanlage in Hoisdorf (das Abendblatt berichtete).
Babbe ist auch zum Bauerntag gekommen. Er hält eine Rede, in der er kritisiert, wie mit Skandalberichten Angst geschürt werde. „Die Situation in Hoisdorf ist das beste Beispiel dafür, welche Auswirkungen so etwas auf die Menschen hat.“
Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, findet deutliche Worte zu der Situation in Hoisdorf. „Wenn ein Bauantrag gestellt wird und genehmigungsfähig ist, sollte er auch genehmigt werden.“ Er wirft aber auch eine Frage auf: „Wie kommt man zu einem Kompromiss, wenn die Fronten derart verhärtet sind?“ Jörg Elbers, der Hoisdorfer Schweinebauer, kann sich an der Diskussion in eigener Sache nicht beteiligen, weil er kurzfristig verhindert ist, den Hof nicht verlassen kann.
Wissenschaftler: Bauern müssen Wertewandel ernst nehmen
Dafür greift der Gastredner Prof. Folkhard Isermeyer, Präsident des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei) die Frage auf. „Wenn man die zunehmende Polarisierung zwischen Bauern und Bürgern aufhalten will, kommt man an vernünftiger Kommunikation nicht vorbei“, sagt der Wissenschaftler. Es gebe einen Wertewandel in der Gesellschaft, was die Nutztierhaltung angeht. Das müsse von den Landwirten ernst genommen werden. „Mit Sätzen wie ‚lass mich mal machen, das ist schon alles richtig‘ ist es nicht getan.“
Isermeyer plädiert für eine dreistufige Kommunikationsstrategie, die zuerst im Ort selbst beginnt. „Die zweite Ebene wäre die professionelle Branchenkommunikation, also ein gutes Marketing. Ein Beispiel dafür ist die Brancheninitiative Tierwohl.“ Der Zusammenschluss aus Handelsketten, Landwirten und Fleischproduzenten will die Tierhaltung verbessern. Der Einzelhandel zahlt dafür vier Cent von jedem verkauften Kilo Fleisch in einen Fonds ein und fördert damit bestimmte Maßnahmen zum Tierschutz. Die dritte und wichtigste Ebene sieht der Agrarökonom im gesellschaftspolitischen Diskurs. Er sagt: „Wir müssen uns fragen, welche Art der Nutztierhaltung wir in Zukunft haben möchten, und sie gemeinsam gestalten, anstatt aus Schützengräben aufeinander zu schießen.“
Die aktuelle Agrarpolitik mache das Gegenteil von Gestalten, betont Isermeyer. „Die Politik formuliert keine Ziele und entwickelt keine Maßnahmen. Sie besetzt nur Themen, verteilt Geld und fördert unter anderem Projekte, die kleine Betriebe bedrohen.“ Entscheidungsträger handelten parteipolitisch und medienorientiert, kritisiert der Wissenschaftler. „Wir brauchen eine nationale Nutztierstrategie.“
Solch ein Konzept auf Bundesebene würde die Kommunikation mit den Menschen erleichtern, glaubt Marcus Babbe. „Wenn Landespolitiker sich die Nutztierhaltung nicht als Wahlkampfthema auf ihre Fahnen schreiben und so für undifferenzierte Debatten sorgen könnten, wäre das Klima in manchen Regionen auch nicht so vergiftet.“
Der Jungbauer selbst hat aber gute Erfahrungen gemacht, als er zusätzlich zum übernommenen Stall einen weiteren gebaut hat. „Es gab auch Kritiker. Sie sind auf mich zugekommen und haben das Gespräch gesucht. Gemeinsam haben wir uns auf bestimmte Dinge geeinigt, zum Beispiel, dass ich beim Düngen auf die Windrichtung achte.“
Was können die Hoisdorfer von den Travenbrückern lernen? Zunächst einmal sollte von beiden Seiten die Bereitschaft zum konstruktiven Gespräch da sein, sagt der 26-Jährige. „Ich verstehe aber, dass Jörg Elbers sich nicht vor eine Menschenmenge stellt, um darüber zu diskutieren. In Einzelgesprächen ist ein Dialog einfach besser möglich.“ Er gesteht aber auch ein, dass es in einer kleinen, eingeschworenen Dorfgemeinschaft wie Schlamersdorf einfacher sei als in größeren Gemeinden mit vielen Zugezogenen. „Viele Menschen haben keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft und kennen nur die Skandale aus der Presse.“ In so einem Fall sei ein Dialog zwischen beiden Parteien schwieriger.