In der Gemeindevertretersitzung am 22. September übergeben die Sammlerinnen dem Bürgermeister die Unterschriften. Die Protestler wollen den Neubau am Wastenfelder Redder verhindern.
Hoisdorf. In Hoisdorf wächst der Widerstand gegen den am Ortsrand in Richtung Siek geplanten Schweinemastbetrieb. Neun Frauen sind in den vergangenen Wochen von Haus zu Haus gezogen, um Protestunterschriften von volljährigen Bürgern zu sammeln. Genau 932 kamen zusammen – bei knapp 3500 Einwohnern, wobei aber auch alle unter 18-Jährigen mitgezählt sind.
Die Mappe mit dem geballten Protest wollen die Frauen am heutigen Montag bei der Gemeindevertretersitzung (19.30 Uhr, Feuerwehrhaus Oetjendorf) an Bürgermeister Dieter Schippmann (Dorf-Gemeinschaft Hoisdorf, DGH) übergeben.
„Wir haben sehr viel Zustimmung erhalten“, sagt Renate Keller, „fast alle, die wir gefragt haben, sind gegen die Anlage.“ Der Stall für 1460 Tiere soll am Wastenfelder Redder gebaut werden. Dort blicken Renate Keller, Rita Lohse und Angelika Mattes über das abgeerntete Feld. „Wir sind nicht gegen die Landwirtschaft“, sagt Lohse, „aber wir wollen keine Industrie auf dem Land, keine Massentierhaltung.“
Dieser Meinung ist auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Andresen. „Was die Sammlerinnen gar nicht wussten: Bei kommunalen Belangen dürfen auch alle ab 16 Jahren unterschreiben“, sagt er. „Somit wären sicherlich noch deutlich mehr Unterschriften zusammengekommen.“ Die CDU kämpft vehement gegen das Projekt, kann es allein aber nicht verhindern. Denn die Wählergemeinschaft DGH, die den Plan befürwortet, hat mit elf von 17 Sitzen die absolute Mehrheit in der Gemeindevertretung.
Die Hoisdorfer Landwirtsfamilie Elbers möchte mit ihrem Hof aus der Dorfmitte an den Rand der Gemeinde umziehen. Am Wastenfelder Redder, einem schmalen Weg in Richtung der Sieker Landgärtnerei Beier, sollen ein neues Wohnhaus, eine Maschinenhalle, Futtersilos, Güllebehälter und natürlich die Schweinemastanlage entstehen. Jörg Elbers, der den Hof führt, möchte seinem Sohn Lutz den Weg zu einer dauerhaften Existenz als Landwirt ebnen. Der 20-Jährigen absolviert zur Zeit eine weiterführende Ausbildung.
Die Gegner der Schweinemast machen sich vor allem Sorgen wegen der Güllemenge, die zukünftig in Hoisdorf anfallen könnte. „Wir haben 4200 Kubikmeter jährlich berechnet“, sagt CDU-Sprecher Wolfgang Andresen. „Schon jetzt wurde in unseren Böden eine gefährlich hohe Nitratbelastung nachgewiesen, mit der Gülle kommt mehr dazu. Außerdem gelangen so Antibiotika in den Boden und auch ins Grundwasser.“
Bei ihrer Unterschriftensammlung haben die neun Hoisdorferinnen zudem festgestellt, dass Grundstücksbesitzer einen Preisverfall in der Gegend befürchten. „Die Häuser in der ganzen Umgebung verlieren deutlich an Wert, wenn um die Ecke eine Schweinemastanlage steht“, sagt Angelika Mattes. „Mal ganz zu schweigen von dem Gestank, der dann durch das Dorf weht.“
Die Frauen haben auch grundsätzliche ethische Bedenken gegen industrielle Schweinemast. „Ich verstehe ja, dass die Menschen nicht viel Geld für Fleisch ausgeben können und deshalb auf billiges Schweinefleisch zurückgreifen“, sagt Angelika Mattes. Die Konsumenten müssten umdenken: „Wie wäre es zum Beispiel damit, nur einmal die Woche Fleisch zu essen und dafür welches, das nicht aus Massentierhaltung stammt?“
Die Frauen betonen, dass sie die Bauernfamilie Elbers nicht verprellen wollen. „Im Gegenteil“, sagt Rita Lohse. „Ich bin selbst in der Landwirtschaft groß geworden, und sie gehört einfach zum Dorf dazu. Wir alle sind ganz klar dafür.“ Die Massentierhaltung lehnten die Gegner des Projekts allerdings aus ethischen und ökologischen Gründen entschieden ab. „Herr Elbers kann die Fläche gern bebauen“, sagt Rita Lohse, „aber gibt es nicht Alternativen zur Schweinemast?“
CDU-Fraktionschef Andresen glaubt zudem nicht, dass es bei 1460 Mastplätzen bleibt. „Eine Anlage mit so wenigen Schweinen würde sich gar nicht lohnen.“ Seine Vermutung: „Erst ab 1500 Plätzen braucht man ein biologisches Gutachten für die Baugenehmigung. Das soll umgangen werden.“ Andresen pocht darauf, dass bei der Finanzierung der Zuwegung keine Kompromisse gemacht werden. Der weitgehend unbefestigte Wastenfelder Redder muss so ausgebaut werden, dass dort auch Lastwagen fahren können. Dasselbe gelte für andere Feldwege im Bereich Sieker Berg.
„Über Vorschriften bei der Infrastruktur kann die Gemeinde das Vorhaben noch aushebeln“, sagt Andresen. Die Kosten für eine Asphaltierung und den Ausbau würden sehr hoch sein. „Wenn dem Bauern klar wird, dass er das alles selbst tragen muss, denkt er vielleicht noch einmal genauer nach.“