Die Stadtbücherei Ahrensburg startet Kampagne „Lesen macht Leben leichter“. Wie die Angebote Analphabeten und Flüchtlingen helfen.
Ahrensburg. Wenn Sie diese Worte problemlos entziffern können, dann gehören Sie nicht zu einer Gruppe ganz besonderer Schleswig-Holsteiner. Das sind etwa 250.000 Nordlichter, die nicht oder nur sehr schlecht lesen und schreiben können. Für diese Menschen gibt es ab sofort in der Stadtbücherei Ahrensburg ein ebenfalls ganz besonderes Angebot: eine Alphabetisierungs-Medienbox. Sie ist Teil der landesweiten Kampagne „Lesen macht Leben leichter“ unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Kooperationspartner der Stadtbücherei ist die Volkshochschule.
30 Bücher sind in der Box, die die Sparkasse Holstein gespendet hat. Darunter: Kochbücher, die nur mit Bildern zeigen, wie Frikadellen gebraten oder Pizzen zubereitet werden können. Darunter steht in einfachen Worten, welcher Kochschritt auf dem Bild gezeigt wird. Oder ein Wörterbuch mit Bildern. Unter der orangefarbenen Zeichnung einer runden Frucht steht: die Orange. Ein Stapel anderer Bücher entpuppt sich als Romansammlung vom „Das Wunder von Bern“ bis zu „Ziemlich beste Freunde“. Es sind Bücher mit Anspruch, aber mit weniger als 1200 unterschiedlichen Wörtern aufgeschrieben, dafür mit großen Zeilenabständen und großen Buchstaben.
Thomas Patzner, Leiter der Stadtbücherei Ahrensburg, sagt: „Analphabeten kommen irgendwie so durch die Schule. Entweder lernen sie erst gar nicht lesen und schreiben oder nur so flüchtig, dass sie es dann schnell wieder vergessen.“ Die Hemmschwelle, die Bildunglücke zu schließen, sei wegen der Scham groß. Umso schwerer sei es auch, diese Menschen zu erreichen. Einige Analphabeten besuchen laut Patzner allerdings bereits regelmäßig seine Bücherei. „Ein Mann ist beispielsweise erst wegen der CDs gekommen, er hat dann nach einer Zeit nach einem Kochbuch mit vielen Bildern gefragt und schließlich auch einen Freund mitgebracht.“ Das seien kleine Schritte, über die sich Patzner und seine Mitarbeiter aber sehr freuen würden.
Der Bücherei-Chef hofft nun, dass sich das neue Angebot unter Ahrensburgs Analphabeten herumspricht, damit noch mehr den Weg in die Bücherei finden und profitieren. Patzner: „Wir werden die Bücher im ersten Obergeschoss in ein Regal bei den Büchern für Deutschkurse einordnen.“
Der Standort sei praktisch, sagt er. Dort kommt nämlich auch eine zweite Gruppe vorbei, die mithilfe der Bücher noch viel lernen kann: Flüchtlinge. Menschen also – in Ahrensburg sind es derzeit 127, die zwar zumeist lesen und schreiben können, allerdings nicht in der deutschen, sondern in ihrer Muttersprache. Aus dem Grund wird die Aktion auch von dem Projekt „Dialog in Deutsch“ und dem „Freundeskreis Flüchtlinge“ unterstützt.
Zu dem Gesprächskreis für Ahrensburger mit Migrationshintergrund kommen regelmäßig rund 50 Frauen und Männer – um ihr Deutsch zu verbessern und aus Geselligkeit. Auch die Volkshochule bietet Deutschkurse für Flüchtlinge. Derzeit besuchen 20 Teilnehmer die Kurse, 20 warten auf einen Platz.
Zudem bietet die Volkshochschule Kurse an, in denen deutschsprachige Erwachsene Lesen und Schreiben lernen. Das sind momentan ausschließlich Mitarbeiter der Stormarner Werkstätten in Ahrensburg. Die Kooperationspartner hoffen, dass bald mehr Ahrensburger dem Beispiel der Behinderten folgen. So heißt es schließlich auch im Flyer der Kampagne: „Es ist nie zu spät, lesen und schreiben zu lernen.“