Landesweite Kampagne „Lesen macht Leben leichter“ der Volkshochschulen in Schleswig-Holstein und der Büchereien gegen Analphabetismus wurde in Norderstedt gestartet.
Norderstedt. 250.000 deutschsprachige Erwachsene in Schleswig-Holstein können nicht oder nur sehr wenig lesen und schreiben. Bundesweit sind es 7,5 Millionen Menschen. Dem wollen jetzt die Büchereien und die Volkshochschulen in Schleswig-Holstein entgegenwirken und haben sich für die Alphabetisierungs-Kampagne „Lesen macht Leben leichter“ zusammengeschlossen. Das Ziel: Immer mehr Menschen durch spezielle Kurse zum Lesen lernen ermuntern und so die Analphabetisierungs-Quote senken. Das Konzept stellten die Direktoren der Büchereizentrale Schleswig-Holstein und des Landesverbands der Volkshochschulen jetzt in der Stadtteilbücherei Garstedt in Norderstedt vor.
„Wer nicht oder fast nicht lesen und schreiben kann, ist vielfach von der Gesellschaft ausgeschlossen“, sagte Norderstedts Stadtpräsidentin Kathrin Oehme. Viele Menschen würden diskriminiert werden.
„Wir verzeichnen in Schleswig-Holstein 14 Prozent funktionalen Analphabetismus“, sagte Monika Peters, Direktorin des Landesverbands der Volkshochschulen. Das Lesen lernen sei für Erwachsene eine außerordentliche mentale Herausforderung – ähnlich wie ein Musikinstrument oder Autofahren lernen. Es reiche nicht aus, Buchstaben zu erkennen, der Sinn der Texte müsse auch erfasst werden. „Wir wollen Mut machen zum Lesen und Schreiben lernen, denn wer nicht einmal Arbeitsanweisungen und einfache Sätze lesen kann, ist von vielem ausgeschlossen“, sagte die VHS-Direktorin. Die Volkshochschulen würden schon seit Langem engagiert daran arbeiten, den Betroffenen zu helfen, doch diese Kampagne mit den Büchereien würde diesen Bereich jetzt intensivieren. Die Betroffenen würden beruflich wie privat schnell ausgegrenzt werden und würden oft Tätigkeiten ausüben, die weit unter ihrem tatsächlichen Fähigkeiten liegen.
Als Basis für die Kurse packten VHS und Büchereien spezielle Medienboxen mit 30 Büchern in leichter Sprache wie „Alpha plus“, Bildwörterbüchern oder auch „Einfacher Kochen nach Fotos“, mit in einer leichten Sprache übersetzte bekannte Romane, mit digitalem Unterrichtsmaterial bis zu kompletten Sprachkursen mit Übungsmaterial.
Ingo Tschepe, Leiter der Norderstedter Stadtbüchereien, und seine Kollegin Karin Sträter erhielten die ersten Medienboxen Lesen macht Leben leichter. Die Kosten von 20.000 Euro übernahm der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein, gefördert wird das Projekt zudem vom Landesprogramm Arbeit aus Mitteln des Sozialfonds der Europäischen Union.
„Diese gemeinsame Kampagne von Büchereien und VHS ist neu im Kampf gegen das Analphabetentum, damit wollen wir unsere Arbeit intensivieren“, sagte Heinz-Jürgen Lorenzen, Direktor der Büchereizentrale Schleswig-Holstein. Bis jetzt finden die Alphabetisierungskurse an 35 Orten in Schleswig-Holstein statt, weitere sollen folgen. Norderstedt ist der Auftakt.
„Die Büchereien schärfen das Informations-Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger“, sagte Lorenzen. Aber viel wichtiger sei, dass Büchereien Menschen, die nicht oder nur wenig lesen und schreiben können, die Hemmschwelle nehmen würden, einen Lese- und Schreib-Kursus zu belegen. „Büchereien haben einen unauffälligen Zugang auch für Analphabeten und öffnen zudem den Zugang zum Lesen, zur Literatur und zur Kultur“, sagte Lorenzen. Das Lernen von Lesen und Schreiben sei für die Kursusteilnehmer die Tür zur Teilhabe an der Gesellschaft, und wer lesen könne, lernt auch andere Kulturen kennen und verstehen. „Wir wollen auf die Analphabeten zugehen und ihnen Mut machen, denn nicht lesen und schreiben können, hat nichts mit Intelligenz zu tun“, sagte Lorenzen.
Kontakt für das neue Angebot: www.lesen-macht-leben-leichter.de, www.ich-will-lernen.de, www.ich-will-deutsch-lernen.de im Internet und direkt in den Norderstedter Stadtbüchereien.