Am Akku in Barsbüttel eröffnen Sky und Aldi, der Wochenmarkt verlässt den Platz am Rathaus. Im Ort gibt es auch Kritik. Es geht um die Bewahrung einer lieb gewonnenen Tradition – und um Existenzen.
Barsbüttel. Drinnen werden noch die letzten Regale aufgestellt, der Großteil von ihnen ist bereits platziert. Sie sind unter anderem mit Windeln und diversen Lebensmitteln bestückt. Es wird gehämmert, gebohrt und vermessen. Auf dem Boden liegen zahlreiche Kartons. Draußen arbeiten mehrere Menschen an der Verkleidung des Gebäudes. Auch ein Logo auf der Vorderseite fehlt noch. Im neuen Barsbütteler Einkaufszentrum in der Straße Am Akku herrscht reges Treiben. Dutzende Handwerker sind mit dem Feinschliff beschäftigt. Am kommenden Donnerstag eröffnen ein Sky-Supermarkt und ein Aldi-Discounter mit zusammen 2700 Quadratmeter Verkaufsfläche direkt gegenüber dem Senioren- und Therapiezentrum – nach acht Monaten Bauzeit.
Auch der Wochenmarkt wird demnächst hier beheimatet sein. Er zieht vom Rathaus am Stiefenhoferplatz ins neue Zentrum. Dort gibt es dann alles, was der Gaumen begehrt. Und 270 Stellplätze für Autos. Also alles paletti? Mitnichten. Denn nicht überall im Ort stößt der Umzug des Zentrums der Gemeinde auf Gegenliebe. Es geht um die Bewahrung einer lieb gewonnenen Tradition – und um Existenzen.
Sonja Kranich, 52, betreibt mit ihrem Mann direkt neben dem Rathaus das Geschäft „Kranich für Mensch und Tier“. Das Ehepaar verkauft Lebensmittel und auch Futter für Hunde und Vögel. Im hinteren Teil des Ladens offerieren die Kranichs zudem Bürobedarf. „Die Markttage am Dienstag und Freitag sind die umsatzstärksten. Ich fürchte, dass durch den Umzug viele Kunden wegbleiben. Die Zukunft sieht düster aus, weil wir schon jetzt kein Plus machen“, sagt Sonja Kranich. Das Ehepaar überlegt nun, komplett auf Büromöbel umzusatteln. „Dann sind wir nicht von der Laufkundschaft abhängig.“
Nur einen Eingang weiter befindet sich das Café am Markt. Inhaberin ist Nadine Seeger. Die 28-Jährige hat die Räumlichkeit vor sechs Monaten übernommen und geschmackvoll in einem Farbenmix aus Grün, Braun und Weiß eingerichtet. Sie sagt: „Das neue Nahversorgungszentrum ist unnötig, ein Drogeriemarkt hätte gereicht. Diese Meinung teilen auch viele meiner Kunden.“ Das Miteinander mit den Marktbeschickern werde ihr fehlen. Das gilt auch für Peter Martin Stehle, der zu Seegers Stammgästen zählt. Der 74 Jahre alte Rentner: „Der Markt muss schon wegen der kleinen Geschäfte hier am Rathaus bleiben. Er ist auch Treff für viele ältere Menschen, für die der Weg zum neuen Standort zu beschwerlich ist.“ Gegen die neuen Geschäfte Am Akku habe er nichts. Stehle wird das Angebot dort nutzen.
Die Barsbüttelerin Brigitte Wagner betrachtet die neue Mitte mit gemischten Gefühlen. „So bleibt das Geld jedenfalls im Ort. Aber der Stiefenhoferplatz wird veröden, einige Geschäfte werden bestimmt Einbußen haben“, sagt die kaufmännische Angestellte. Sicher ist bereits: Die Bäckerei Daube schließt ihre Filiale am Rathaus in wenigen Tagen. Das Familienunternehmen konzentriert sich im Ort auf das im Edeka-Markt beheimatete Geschäft. Es liegt zwischen dem Stiefenhoferplatz und dem neuen Einkaufszentrum direkt an der Hauptstraße.
„Alles Neue ist schwer, und es gibt immer welche, die dagegen sind“, sagt Claudia Edel, 42. Sie ist Marktobfrau in Barsbüttel, steht dort mit ihrem Imbiss seit 22 Jahren. Edel berichtet von der schlechten Parkplatzsituation rund um das Rathaus und den fehlenden Perspektiven für die Marktbeschicker an diesem Standort. „Wir hatten einmal 23 Stände, jetzt sind es 14. Die Umsätze gehen hier zurück. Deshalb sehen wir am Stiefenhoferplatz keine Zukunft.“ Ihre Kunden stünden der neuen Mitte überwiegend positiv gegenüber. Edel: „Dort gehören wir hin und haben auch wieder die Chance auf bessere Umsätze.“
Auch der Drogeriemarkt Budnikowsky wird sich Am Akku ansiedeln
Mit guten Geschäften rechnet Stefan Kraus. Der 43 Jahre alte Vertriebsleiter ist für die Sky-Supermärkte in Hamburg, Barsbüttel und Ahrensburg zuständig. Zurzeit ist er täglich von 7 bis 20 Uhr im neuen Laden mit einer Verkaufsfläche von 1800 Quadratmetern anzutreffen. Er sagt: „Wir möchten auch Menschen aus dem Umland als Kunden gewinnen.“ Dafür hat die coop, Betreiberin der Sky-Märkte, viel Geld investiert, allein 1,4 Millionen Euro für die moderne, energiesparende Einrichtung. Ergänzt wird das Angebot mit einem integrierten Getränkemarkt, einem Zeitschriftengeschäft inklusive Postannahmestelle, einem Mobilfunkshop sowie einer Bäckerei.
Bei Sky und Aldi wird es aber nicht bleiben. Auf dem 16.000 Quadratmeter großen Grundstück ist auch noch eine Budnikowsky-Filiale geplant. „Das Ganze hier ist eine gute Sache für Barsbüttel“, sagt Bürgermeister Thomas Schreitmüller. So denkt auch Günter Hirschfeld. Er ist am Donnerstag ins Senioren- und Therapiezentrum auf der anderen Straßenseite gezogen. Der Rentner, 74 Jahre alt, sagt: „Das Nahversorgungszentrum vor der eigenen Haustür war auch ein Grund, weshalb ich mich für diese Einrichtung entschieden habe.“