Rund 40 Kinder sind in die Kita Erlenhof gezogen, bald kommen 50 weitere hinzu. Sie füllen das Ahrensburger Neubaugebiet zwischen der Lübecker Straße und dem Bach Aue mit Leben.
Ahrensburg. Ein wenig sieht das Neubaugebiet Erlenhof in Ahrensburg aus wie eine Mondlandschaft: Staub, Geröll, Sand. Krater aus Erde, Schlamm. Mancher könnte das trist finden – oder ganz wunderbar, wenn er zum Beispiel ein Kind wäre, das nun in der größten Sandkiste Stormarns spielen darf.
Eines von ihnen ist Tim. Er ist mit seiner Mutter und seiner großen Schwester gerade hierher gezogen. „Am 23. Dezember sind wir eingezogen“, sagt Cornelia Tietz. Einen Tag vor Weihnachten. Aber zum Glück ist auf dem Ahrensburger Mond auch möglich, was sonst schwierig erscheint: „Wir mussten den Weihnachtsmann verschieben. Der kam bei uns wegen des Umzugs zwei Tage später. Aber die Kinder sind noch so klein, da ist die Hauptsache, dass er überhaupt kommt.“ Es habe alles gut geklappt. Nun lebt die Familie im Baugebiet, umgeben von Sand und Steinen – und Möglichkeiten. „Es ist dieses Besondere an einem Neubaugebiet“, sagt Cornelia Tietz. „Alle fangen zur gleichen Zeit an. Wir haben ein Jahr lang gemeinsam gebaut. Zudem herrscht hier diese Aufbruchstimmung. Und alle haben die gleichen Probleme: Wo bekommen wir einen Telefonanschluss her? Und wo die Mülltonnen?“
Die neue Siedlung ist etwa 41 Hektar groß. In einigen Jahren sollen in dem Gebiet zwischen der Lübecker Straße und dem Bach Aue rund 1000 Menschen leben. Geplant sind 360 Wohneinheiten in Einzel-, Doppel-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern. Baubeginn war im Spätsommer 2013 – nachdem jahrzehntelang über den möglichen Bau eines Neubaugebietes diskutiert worden war. Inzwischen sind nach Auskunft der Stadt Ahrensburg hier 117 Menschen gemeldet. „Ich gehe davon aus, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Einfamilienhäuser inzwischen bezogen worden sind“, sagt der Bürgermeister Michael Sarach. 30 bis 40 Prozent der Einfamilienhäuser und ein sehr großes, sehr rotes Haus für kleine Teile vieler Familien: Die Kindertagesstätte Erlenhof der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat an diesem Montag geöffnet.
Derzeit kümmern sich die Erzieherinnen um 40 Kinder, bald werden es 90 sein
Nun also dürfte die weitgehend schlammfarbene Landschaft sehr viel bunter werden. Wäre dies nun wirklich der Mond und hätte jemand mit einem Teleskop die Landschaft beobachtet, hätte er an diesem Tag viele bunte Punkte gesehen, die sich auf das rote Gebäude zubewegen. „Wir haben jetzt etwa 40 Kinder bei uns“, sagt Christin Schwarz, die die Kindertagesstätte gemeinsam mit ihrer Kollegin Antje Hundertmark leitet. „Jetzt kommt Leben in die Bude“, sagt Ahrensburgs Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU) bei der Eröffnung. „Verzeihen Sie den Ausdruck“, sagt er noch. Bald sollen 90 Kinder hier betreut werden, es wird 30 Krippenplätze für Kleinkinder und 60 sogenannte Elementarplätze für ältere Kinder geben.
Cornelia Tietz und Tim wohnen direkt nebenan. „Nach Hause sind es nur 500 Meter“, sagt Tietz. Viele Kinder aber kommen auch von „außerhalb“, wobei mit „innerhalb“ tatsächlich nur das Neubaugebiet gemeint ist. Paul zum Beispiel kommt von außerhalb, der Vierjährige ist mit seiner Familie gerade in die Friendensallee nach Ahrensburg gezogen. „Ich finde praktisch, dass alle Kinder neu herkommen“, sagt Pauls Mutter Katja Oberhagemann. „Sonst ist man immer der Neue in der Gruppe, und alle anderen kennen einander schon.“ Neu ist an diesem Tag neben den Kindern auch eine Tatsachen: Aus ungekochten Nudeln lässt sich prima Kuchen backen. Findet Paul. Stolz hält er eine Springform in der Hand, in die er aus einer großen Kiste ungekochte Nudeln gefüllt hat.
Die Nudelkiste ist eines der Spielangebote an die Kinder. Und zumindest an diesem Tag ein sehr beliebtes. So wie der Tisch, auf dem Teig liegt. Nicht für Kuchen, Louis formt lieber einen Schneemann. „Noch sind wir in der Startphase“, sagt Antje Hundertmark von der Kita-Leitung. „Aber wir wollen nun die Räume unterschiedlich gestalten.“ Für jede Gruppe wird es dann einen Gruppen- und einen Nebenraum geben, zudem eine Garderobe. Die Nudelkiste stünde dann in einem Raum für Kinder ab einem Alter von drei Jahren.
Das Team der Kita betreut Kinder im Alter bis zu sechs Jahre. Derzeit kümmern sich zehn Erzieherinnen um die Gruppen, bald sollen es 24 sein. Eine von ihnen ist Olena Schubenok. Sie ist 2007 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. „Ich bin Grundschullehrerin und Sozialpädagogin“, sagt sie. „Hier habe ich dann erst mal die Sprache gelernt und einen Anpassungslehrgang besucht.“ Bis Ende des Jahres habe sie im Awo-Hort Am Schloss gearbeitet. Manch ein Kind, das zur Eröffnung der Kita Erlenhof gekommen ist, kennt sie schon. Drei laufen auf sie zu und umarmen sie. „Hallo, wie geht es euch, schön dass ihr da seid“, ruft Olena Schubenok.
Ursprünglich plante die Verwaltung die Eröffnung der Kita zum 1. August 2015. „Schön ist, dass das Projekt so schnell umgesetzt wurde. Das Gebäude wurde zum 31. Dezember fertiggestellt“, sagt Michael Sarach. Grundsteinlegung war im April, Richtfest war im Juli. „Das ist rekordverdächtig.“ Hinter der Eile stecken „handfeste finanzielle Interessen“, sagt Sarach. Nur so gab es 660.000 Euro Fördermittel vom Bund. Um die zu bekommen, hatte die Stadt den Bau der Kita vorgezogen und die Sanierung des Parkhauses Alter Lokschuppen um ein Jahr verschoben (wir berichteten). „Vom Kreis kamen für die Kita 74.000 Euro, von Stadt und Investoren etwa 2,46 Millionen Euro.“ Doris Brandt (CDU) vom Sozialausschuss der Stadt sagt: „Wir brauchten dringend mehr Betreuungsplätze, gerade weil viele Familien in das Neubaugebiet ziehen.“
Noch werden die Kinder hauptsächlich im ersten Stock betreut. „Es fehlt noch einiges, aber es ist im Wachsen“, sagt die Kita-Leiterin Christin Schwarz. Doris Brandt fügt hinzu: „Das Außengelände zum Beispiel muss noch entstehen.“ Theoretisch bietet das Außengelände jetzt schon einiges – auch wenn die Kinder wegen Baumaschinen und Schutt wohl eher nicht in der Riesen-Sandkiste buddeln dürfen. Aber die Kita hat große Fenster. Für Kinder, die Bagger mögen, zeigt das Panorama mehr als das Fernsehprogramm.
Ist das Wetter entsprechend, kann mit der Gestaltung des Geländes begonnen werden. Bislang hat das Wetter schon für Probleme gesorgt. „Wir hatten einen Wassereinbruch“, sagt Brandt. „Die Baustraßen liegen so hoch, dass der ganze Dreck die Straße runter ins Haus gelaufen ist.“ Inzwischen ist der Dreck wieder draußen. Damit das weitgehend so bleibt, bekommen die Besucher der Kita an diesem Tag blaue Schutzüberschuhe aus Plastik. Die übrigens funktionieren in beide Richtungen: Sie schützen den neuen Fußboden der Kita vor Dreck. Und wer vergisst, sie nach dem Besuch auszuziehen, hat nicht nur ein bisschen astronautenhafte Schutzkleidung an, sondern kommt mit sauberen Schuhen zum Auto. Denn einen Nachteil muss die größte Sandkiste Stormarns auch haben: Matsch macht dreckig, das war schon immer so. Und schön war das auch schon immer.